§. 103. Verschiedenheiten in der Verknüpfung der Rechts- verhältnisse mit den Personen.
Bisher ist in diesem Abschnitt untersucht worden, wer überhaupt Subject eines Rechtsverhältnisses seyn könne: und zwar zuerst nach der allgemeinen Natur der Rechts- verhältnisse selbst, dann nach positiven Rechtsregeln, wo- durch jene natürliche Rechtsfähigkeit theils eingeschränkt, theils künstlich erweitert wird. Diese Bestimmungen vor- ausgesetzt, entsteht nun die fernere Frage, wie die Rechts- verhältnisse mit den an sich dazu fähigen Subjecten ver- knüpft werden. Diese Verknüpfung geschieht regelmäßi- gerweise durch irgend ein das bestimmte Individuum be- treffendes Ereigniß, also durch menschliches Handeln oder Leiden. So kann ein Jeder Eigenthum erwerben durch Tradition oder Occupation, durch Verträge Glaubiger oder Schuldner werden, Schuldner auch durch die Delicte die er begeht, Glaubiger durch die welche gegen ihn ver- übt werden. Dieses Alles ist auch wahr von den juristi- schen Personen, nur mit dem Unterschied, daß als ihre Handlungen die Handlungen ihrer Vertreter angesehen wer- den. Die allgemeine Natur der zu dieser regelmäßigen Verknüpfung der Rechtsverhältnisse mit den Personen füh- renden Thatsachen wird der Gegenstand des folgenden Abschnitts seyn.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
§. 103. Verſchiedenheiten in der Verknüpfung der Rechts- verhältniſſe mit den Perſonen.
Bisher iſt in dieſem Abſchnitt unterſucht worden, wer überhaupt Subject eines Rechtsverhältniſſes ſeyn könne: und zwar zuerſt nach der allgemeinen Natur der Rechts- verhältniſſe ſelbſt, dann nach poſitiven Rechtsregeln, wo- durch jene natürliche Rechtsfähigkeit theils eingeſchränkt, theils künſtlich erweitert wird. Dieſe Beſtimmungen vor- ausgeſetzt, entſteht nun die fernere Frage, wie die Rechts- verhältniſſe mit den an ſich dazu fähigen Subjecten ver- knüpft werden. Dieſe Verknüpfung geſchieht regelmäßi- gerweiſe durch irgend ein das beſtimmte Individuum be- treffendes Ereigniß, alſo durch menſchliches Handeln oder Leiden. So kann ein Jeder Eigenthum erwerben durch Tradition oder Occupation, durch Verträge Glaubiger oder Schuldner werden, Schuldner auch durch die Delicte die er begeht, Glaubiger durch die welche gegen ihn ver- übt werden. Dieſes Alles iſt auch wahr von den juriſti- ſchen Perſonen, nur mit dem Unterſchied, daß als ihre Handlungen die Handlungen ihrer Vertreter angeſehen wer- den. Die allgemeine Natur der zu dieſer regelmäßigen Verknüpfung der Rechtsverhältniſſe mit den Perſonen füh- renden Thatſachen wird der Gegenſtand des folgenden Abſchnitts ſeyn.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0388"n="374"/><fwplace="top"type="header">Buch <hirendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hirendition="#aq">II.</hi> Perſonen.</fw><lb/><divn="3"><head>§. 103.<lb/><hirendition="#g">Verſchiedenheiten in der Verknüpfung der Rechts-<lb/>
verhältniſſe mit den Perſonen</hi>.</head><lb/><p>Bisher iſt in dieſem Abſchnitt unterſucht worden, wer<lb/>
überhaupt Subject eines Rechtsverhältniſſes ſeyn könne:<lb/>
und zwar zuerſt nach der allgemeinen Natur der Rechts-<lb/>
verhältniſſe ſelbſt, dann nach poſitiven Rechtsregeln, wo-<lb/>
durch jene natürliche Rechtsfähigkeit theils eingeſchränkt,<lb/>
theils künſtlich erweitert wird. Dieſe Beſtimmungen vor-<lb/>
ausgeſetzt, entſteht nun die fernere Frage, wie die Rechts-<lb/>
verhältniſſe mit den an ſich dazu fähigen Subjecten ver-<lb/>
knüpft werden. Dieſe Verknüpfung geſchieht regelmäßi-<lb/>
gerweiſe durch irgend ein das beſtimmte Individuum be-<lb/>
treffendes Ereigniß, alſo durch menſchliches Handeln oder<lb/>
Leiden. So kann ein Jeder Eigenthum erwerben durch<lb/>
Tradition oder Occupation, durch Verträge Glaubiger<lb/>
oder Schuldner werden, Schuldner auch durch die Delicte<lb/>
die er begeht, Glaubiger durch die welche gegen ihn ver-<lb/>
übt werden. Dieſes Alles iſt auch wahr von den juriſti-<lb/>ſchen Perſonen, nur mit dem Unterſchied, daß als ihre<lb/>
Handlungen die Handlungen ihrer Vertreter angeſehen wer-<lb/>
den. Die allgemeine Natur der zu dieſer regelmäßigen<lb/>
Verknüpfung der Rechtsverhältniſſe mit den Perſonen füh-<lb/>
renden Thatſachen wird der Gegenſtand des folgenden<lb/>
Abſchnitts ſeyn.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[374/0388]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
§. 103.
Verſchiedenheiten in der Verknüpfung der Rechts-
verhältniſſe mit den Perſonen.
Bisher iſt in dieſem Abſchnitt unterſucht worden, wer
überhaupt Subject eines Rechtsverhältniſſes ſeyn könne:
und zwar zuerſt nach der allgemeinen Natur der Rechts-
verhältniſſe ſelbſt, dann nach poſitiven Rechtsregeln, wo-
durch jene natürliche Rechtsfähigkeit theils eingeſchränkt,
theils künſtlich erweitert wird. Dieſe Beſtimmungen vor-
ausgeſetzt, entſteht nun die fernere Frage, wie die Rechts-
verhältniſſe mit den an ſich dazu fähigen Subjecten ver-
knüpft werden. Dieſe Verknüpfung geſchieht regelmäßi-
gerweiſe durch irgend ein das beſtimmte Individuum be-
treffendes Ereigniß, alſo durch menſchliches Handeln oder
Leiden. So kann ein Jeder Eigenthum erwerben durch
Tradition oder Occupation, durch Verträge Glaubiger
oder Schuldner werden, Schuldner auch durch die Delicte
die er begeht, Glaubiger durch die welche gegen ihn ver-
übt werden. Dieſes Alles iſt auch wahr von den juriſti-
ſchen Perſonen, nur mit dem Unterſchied, daß als ihre
Handlungen die Handlungen ihrer Vertreter angeſehen wer-
den. Die allgemeine Natur der zu dieſer regelmäßigen
Verknüpfung der Rechtsverhältniſſe mit den Perſonen füh-
renden Thatſachen wird der Gegenſtand des folgenden
Abſchnitts ſeyn.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/388>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.