Aus der bisherigen Darstellung scheint also hervorzu- gehen, daß bey Corporationen jede substantielle Verände- rung im Vermögen gänzlich unterbleiben müsse. Dennoch können sehr viele Fälle kommen, worin eine solche nützlich und räthlich, andere, wo sie nothwendig ist. Wie ist die- ser Widerspruch aufzulösen?
Bey den Unmündigen wird die Verwaltung des Ver- mögens zuverlässigen Vormündern anvertraut; bey den be- denklichsten Handlungen fügt schon das neuere Römische Recht, noch weit mehr aber das heutige Recht der mei- sten Staaten, eine ganz specielle Controle hinzu; endlich wird der Unmündige regelmäßig nach wenigen Jahren handlungsfähig, und fordert dann selbst Rechenschaft von den Vormündern. -- Die Corporationen unterscheiden sich von den Unmündigen zunächst dadurch, daß sie nie mündig werden, dann aber noch weit wesentlicher dadurch, daß sie gerade bey den hier in Frage stehenden Vermögens- veränderungen stets in die unmittelbarste Collision mit dem persönlichen Interesse ihrer eigenen Vertreter kommen (a);
(a) Namentlich geschieht dieses bey jeder Vertheilung von Cor- porationseigenthum unter die ein- zelnen Mitglieder; am Auffallend- sten freylich in Dorfgemeinden und Zünften, wo die Verthei- lung gerade von denselben Per- sonen beschlossen werden soll, die dadurch Etwas zu empfangen ha- ben; jedoch auch (wenngleich in geringerem Grade) bey einer uni- versitas ordinata, z. B. einer
Aus der bisherigen Darſtellung ſcheint alſo hervorzu- gehen, daß bey Corporationen jede ſubſtantielle Verände- rung im Vermögen gänzlich unterbleiben müſſe. Dennoch können ſehr viele Fälle kommen, worin eine ſolche nützlich und räthlich, andere, wo ſie nothwendig iſt. Wie iſt die- ſer Widerſpruch aufzulöſen?
Bey den Unmündigen wird die Verwaltung des Ver- mögens zuverläſſigen Vormündern anvertraut; bey den be- denklichſten Handlungen fügt ſchon das neuere Römiſche Recht, noch weit mehr aber das heutige Recht der mei- ſten Staaten, eine ganz ſpecielle Controle hinzu; endlich wird der Unmündige regelmäßig nach wenigen Jahren handlungsfähig, und fordert dann ſelbſt Rechenſchaft von den Vormündern. — Die Corporationen unterſcheiden ſich von den Unmündigen zunächſt dadurch, daß ſie nie mündig werden, dann aber noch weit weſentlicher dadurch, daß ſie gerade bey den hier in Frage ſtehenden Vermögens- veränderungen ſtets in die unmittelbarſte Colliſion mit dem perſönlichen Intereſſe ihrer eigenen Vertreter kommen (a);
(a) Namentlich geſchieht dieſes bey jeder Vertheilung von Cor- porationseigenthum unter die ein- zelnen Mitglieder; am Auffallend- ſten freylich in Dorfgemeinden und Zünften, wo die Verthei- lung gerade von denſelben Per- ſonen beſchloſſen werden ſoll, die dadurch Etwas zu empfangen ha- ben; jedoch auch (wenngleich in geringerem Grade) bey einer uni- versitas ordinata, z. B. einer
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[352/0366]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
§. 100.
Juriſtiſche Perſonen. Verfaſſung. (Fortſetzung.)
Aus der bisherigen Darſtellung ſcheint alſo hervorzu-
gehen, daß bey Corporationen jede ſubſtantielle Verände-
rung im Vermögen gänzlich unterbleiben müſſe. Dennoch
können ſehr viele Fälle kommen, worin eine ſolche nützlich
und räthlich, andere, wo ſie nothwendig iſt. Wie iſt die-
ſer Widerſpruch aufzulöſen?
Bey den Unmündigen wird die Verwaltung des Ver-
mögens zuverläſſigen Vormündern anvertraut; bey den be-
denklichſten Handlungen fügt ſchon das neuere Römiſche
Recht, noch weit mehr aber das heutige Recht der mei-
ſten Staaten, eine ganz ſpecielle Controle hinzu; endlich
wird der Unmündige regelmäßig nach wenigen Jahren
handlungsfähig, und fordert dann ſelbſt Rechenſchaft von
den Vormündern. — Die Corporationen unterſcheiden ſich
von den Unmündigen zunächſt dadurch, daß ſie nie mündig
werden, dann aber noch weit weſentlicher dadurch, daß
ſie gerade bey den hier in Frage ſtehenden Vermögens-
veränderungen ſtets in die unmittelbarſte Colliſion mit dem
perſönlichen Intereſſe ihrer eigenen Vertreter kommen (a);
(a) Namentlich geſchieht dieſes
bey jeder Vertheilung von Cor-
porationseigenthum unter die ein-
zelnen Mitglieder; am Auffallend-
ſten freylich in Dorfgemeinden
und Zünften, wo die Verthei-
lung gerade von denſelben Per-
ſonen beſchloſſen werden ſoll, die
dadurch Etwas zu empfangen ha-
ben; jedoch auch (wenngleich in
geringerem Grade) bey einer uni-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/366>, abgerufen am 21.11.2024.
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