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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Büch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen.
den gedroht sowohl der Mutter des Kindes, welche dessen
Leben vor der Geburt zerstört (e), als dem Fremden, der
dazu mitwirkt (f). -- Zu den polizeylichen Anstalten für
die Lebenserhaltung gehört das königliche Gesetz, welches,
bey dem Tode einer schwangeren Frau, die Öffnung des
Leichnams zur Rettung des Kindes vorschreibt (g): ferner
die späteren Vorschriften, nach welchen die Hinrichtung
und selbst die Folter einer schwangeren Frau bis nach der
Niederkunft verschoben werden sollen (h).

Wichtiger für unsren Zweck ist die privatrechtliche Vor-
sorge für den künftigen Menschen, wodurch ihm Rechte
auf die Zeit seiner Geburt gleichsam aufbewahrt wer-
den (i). Diese Vorsorge bezieht sich theils auf dessen Stan-
desverhältnisse, theils auf die Erbfolge. -- Der Stand
eines in rechter Ehe erzeugten Kindes richtet sich nach der
Zeit der Erzeugung, so daß der ihm damals vorbestimmte
Stand durch Veränderungen, die sich in der Person des
Vaters oder der Mutter während der Schwangerschaft
ereignen, nicht gefährdet werden kann (k). Wenn daher
in dieser Zwischenzeit die Mutter ihre Freyheit oder Civi-

ein Kind verlor, so konnte sie das-
selbe nicht ex Sc. Tertulliano
beerben, was sie gekonnt hätte,
wenn sie das ungeborne hätte
mitrechnen dürfen.
(e) L. 4 de extr. crim. (47.
11.). -- L. 8 ad L. Corn. de si-
car.
(48. 8.). -- L. 39 de poe-
nis
(48. 19.).
(f) L. 38 § 5 de poenis (48. 19.)
(g) L. 2 de mortuo inferen-
do
(11. 8.).
(h) L. 18 de statu hom. (1.
5.). -- L. 3 de poenis
(48. 19.).
(i) L. 3 si pars (5. 4.). "An-
tiqui libero ventri ita prospexe-
runt, ut in tempus nascendi
omnia ei jura integra reser-
varent."
(k) Gajus I. § 89--91.

Büch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
den gedroht ſowohl der Mutter des Kindes, welche deſſen
Leben vor der Geburt zerſtört (e), als dem Fremden, der
dazu mitwirkt (f). — Zu den polizeylichen Anſtalten für
die Lebenserhaltung gehört das königliche Geſetz, welches,
bey dem Tode einer ſchwangeren Frau, die Öffnung des
Leichnams zur Rettung des Kindes vorſchreibt (g): ferner
die ſpäteren Vorſchriften, nach welchen die Hinrichtung
und ſelbſt die Folter einer ſchwangeren Frau bis nach der
Niederkunft verſchoben werden ſollen (h).

Wichtiger für unſren Zweck iſt die privatrechtliche Vor-
ſorge für den künftigen Menſchen, wodurch ihm Rechte
auf die Zeit ſeiner Geburt gleichſam aufbewahrt wer-
den (i). Dieſe Vorſorge bezieht ſich theils auf deſſen Stan-
desverhältniſſe, theils auf die Erbfolge. — Der Stand
eines in rechter Ehe erzeugten Kindes richtet ſich nach der
Zeit der Erzeugung, ſo daß der ihm damals vorbeſtimmte
Stand durch Veränderungen, die ſich in der Perſon des
Vaters oder der Mutter während der Schwangerſchaft
ereignen, nicht gefährdet werden kann (k). Wenn daher
in dieſer Zwiſchenzeit die Mutter ihre Freyheit oder Civi-

ein Kind verlor, ſo konnte ſie daſ-
ſelbe nicht ex Sc. Tertulliano
beerben, was ſie gekonnt hätte,
wenn ſie das ungeborne hätte
mitrechnen dürfen.
(e) L. 4 de extr. crim. (47.
11.). — L. 8 ad L. Corn. de si-
car.
(48. 8.). — L. 39 de poe-
nis
(48. 19.).
(f) L. 38 § 5 de poenis (48. 19.)
(g) L. 2 de mortuo inferen-
do
(11. 8.).
(h) L. 18 de statu hom. (1.
5.). — L. 3 de poenis
(48. 19.).
(i) L. 3 si pars (5. 4.). „An-
tiqui libero ventri ita prospexe-
runt, ut in tempus nascendi
omnia ei jura integra reser-
varent.”
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[14/0028] Büch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. den gedroht ſowohl der Mutter des Kindes, welche deſſen Leben vor der Geburt zerſtört (e), als dem Fremden, der dazu mitwirkt (f). — Zu den polizeylichen Anſtalten für die Lebenserhaltung gehört das königliche Geſetz, welches, bey dem Tode einer ſchwangeren Frau, die Öffnung des Leichnams zur Rettung des Kindes vorſchreibt (g): ferner die ſpäteren Vorſchriften, nach welchen die Hinrichtung und ſelbſt die Folter einer ſchwangeren Frau bis nach der Niederkunft verſchoben werden ſollen (h). Wichtiger für unſren Zweck iſt die privatrechtliche Vor- ſorge für den künftigen Menſchen, wodurch ihm Rechte auf die Zeit ſeiner Geburt gleichſam aufbewahrt wer- den (i). Dieſe Vorſorge bezieht ſich theils auf deſſen Stan- desverhältniſſe, theils auf die Erbfolge. — Der Stand eines in rechter Ehe erzeugten Kindes richtet ſich nach der Zeit der Erzeugung, ſo daß der ihm damals vorbeſtimmte Stand durch Veränderungen, die ſich in der Perſon des Vaters oder der Mutter während der Schwangerſchaft ereignen, nicht gefährdet werden kann (k). Wenn daher in dieſer Zwiſchenzeit die Mutter ihre Freyheit oder Civi- (d) (e) L. 4 de extr. crim. (47. 11.). — L. 8 ad L. Corn. de si- car. (48. 8.). — L. 39 de poe- nis (48. 19.). (f) L. 38 § 5 de poenis (48. 19.) (g) L. 2 de mortuo inferen- do (11. 8.). (h) L. 18 de statu hom. (1. 5.). — L. 3 de poenis (48. 19.). (i) L. 3 si pars (5. 4.). „An- tiqui libero ventri ita prospexe- runt, ut in tempus nascendi omnia ei jura integra reser- varent.” (k) Gajus I. § 89—91. (d) ein Kind verlor, ſo konnte ſie daſ- ſelbe nicht ex Sc. Tertulliano beerben, was ſie gekonnt hätte, wenn ſie das ungeborne hätte mitrechnen dürfen.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/28>, abgerufen am 22.11.2024.