Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen. Die so eng begränzte Infamie soll nun im heutigen 1) Unfähigkeit zu Ehrenämtern, mit Einschluß der Gemeindeämter; 2) desgleichen zur Advocatur, Procuratur, und zum Notariat; 3) desgleichen zur Theilnahme an Zünften und bür- gerlichen Collegien. 4) Endlich auch noch alle im Privatrecht durch das R. R. geordnete Wirkungen, namentlich in Beziehung auf die querela inofficiosi. Über die wichtigsten der hier erwähnten Gegenstände Man sieht, daß der Umfang der noch übrig bleiben- (f) Notariatsordnung 1512 § 2 "so darzu von den Rechten ver- boten, als ... ehrloß, Infames genandt ... und in Summa alle die in Rechten zu zeugen ver- worffen werden, dieweil sie an statt der Zeugen gebraucht wer- den." Hierbey liegt offenbar die falsche Meynung mehrerer Rechts- lehrer zum Grunde, als ob nach R. R. die Infames schlechthin un- fähig zu jedem Zeugniß wären. (g) Am bedenklichsten sind man-
che Fälle der sogenannten infa- mia immediata, z. B. der Fall der bina sponsalia, das heißt eines neuen Verlöbnisses ohne aus- drückliche Aufkündigung des frü- Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. Die ſo eng begränzte Infamie ſoll nun im heutigen 1) Unfähigkeit zu Ehrenämtern, mit Einſchluß der Gemeindeämter; 2) desgleichen zur Advocatur, Procuratur, und zum Notariat; 3) desgleichen zur Theilnahme an Zünften und bür- gerlichen Collegien. 4) Endlich auch noch alle im Privatrecht durch das R. R. geordnete Wirkungen, namentlich in Beziehung auf die querela inofficiosi. Über die wichtigſten der hier erwähnten Gegenſtände Man ſieht, daß der Umfang der noch übrig bleiben- (f) Notariatsordnung 1512 § 2 „ſo darzu von den Rechten ver- boten, als … ehrloß, Infames genandt … und in Summa alle die in Rechten zu zeugen ver- worffen werden, dieweil ſie an ſtatt der Zeugen gebraucht wer- den.“ Hierbey liegt offenbar die falſche Meynung mehrerer Rechts- lehrer zum Grunde, als ob nach R. R. die Infames ſchlechthin un- fähig zu jedem Zeugniß wären. (g) Am bedenklichſten ſind man-
che Fälle der ſogenannten infa- mia immediata, z. B. der Fall der bina sponsalia, das heißt eines neuen Verlöbniſſes ohne aus- drückliche Aufkündigung des frü- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0242" n="228"/> <fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Perſonen.</fw><lb/> <p>Die ſo eng begränzte Infamie ſoll nun im heutigen<lb/> Recht noch folgende Wirkungen hervorbringen:</p><lb/> <list> <item>1) Unfähigkeit zu Ehrenämtern, mit Einſchluß der<lb/> Gemeindeämter;</item><lb/> <item>2) desgleichen zur Advocatur, Procuratur, und zum<lb/> Notariat;</item><lb/> <item>3) desgleichen zur Theilnahme an Zünften und bür-<lb/> gerlichen Collegien.</item><lb/> <item>4) Endlich auch noch alle im Privatrecht durch das<lb/> R. R. geordnete Wirkungen, namentlich in Beziehung auf<lb/> die <hi rendition="#aq">querela inofficiosi.</hi></item> </list><lb/> <p>Über die wichtigſten der hier erwähnten Gegenſtände<lb/> habe ich mich bereits im Einzelnen erklärt, namentlich<lb/> darüber, daß die unter Num. 4 genannten Wirkungen in<lb/> der That gar nicht vorhanden ſind. In den Reichsge-<lb/> ſetzen wird eine jener Folgen, die Unfähigkeit zum Nota-<lb/> riat, namentlich ausgeſprochen <note place="foot" n="(f)">Notariatsordnung 1512 § 2<lb/> „ſo darzu von den Rechten ver-<lb/> boten, als … ehrloß, <hi rendition="#aq">Infames</hi><lb/> genandt … und in Summa alle<lb/> die in Rechten zu zeugen ver-<lb/> worffen werden, dieweil ſie an<lb/> ſtatt der Zeugen gebraucht wer-<lb/> den.“ Hierbey liegt offenbar die<lb/> falſche Meynung mehrerer Rechts-<lb/> lehrer zum Grunde, als ob nach<lb/> R. R. die <hi rendition="#aq">Infames</hi> ſchlechthin un-<lb/> fähig zu jedem Zeugniß wären.</note>.</p><lb/> <p>Man ſieht, daß der Umfang der noch übrig bleiben-<lb/> den rein praktiſchen Controverſe ſehr eng iſt, und daß die<lb/> bedenklichſten Fälle der Römiſchen Infamie ſchon in jener<lb/> Lehre bewährter neuerer Schriftſteller beſeitigt ſind <note xml:id="seg2pn_45_1" next="#seg2pn_45_2" place="foot" n="(g)">Am bedenklichſten ſind man-<lb/> che Fälle der ſogenannten <hi rendition="#aq">infa-<lb/> mia immediata,</hi> z. B. der Fall der<lb/><hi rendition="#aq">bina sponsalia,</hi> das heißt eines<lb/> neuen Verlöbniſſes ohne aus-<lb/> drückliche Aufkündigung des frü-</note>.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [228/0242]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
Die ſo eng begränzte Infamie ſoll nun im heutigen
Recht noch folgende Wirkungen hervorbringen:
1) Unfähigkeit zu Ehrenämtern, mit Einſchluß der
Gemeindeämter;
2) desgleichen zur Advocatur, Procuratur, und zum
Notariat;
3) desgleichen zur Theilnahme an Zünften und bür-
gerlichen Collegien.
4) Endlich auch noch alle im Privatrecht durch das
R. R. geordnete Wirkungen, namentlich in Beziehung auf
die querela inofficiosi.
Über die wichtigſten der hier erwähnten Gegenſtände
habe ich mich bereits im Einzelnen erklärt, namentlich
darüber, daß die unter Num. 4 genannten Wirkungen in
der That gar nicht vorhanden ſind. In den Reichsge-
ſetzen wird eine jener Folgen, die Unfähigkeit zum Nota-
riat, namentlich ausgeſprochen (f).
Man ſieht, daß der Umfang der noch übrig bleiben-
den rein praktiſchen Controverſe ſehr eng iſt, und daß die
bedenklichſten Fälle der Römiſchen Infamie ſchon in jener
Lehre bewährter neuerer Schriftſteller beſeitigt ſind (g).
(f) Notariatsordnung 1512 § 2
„ſo darzu von den Rechten ver-
boten, als … ehrloß, Infames
genandt … und in Summa alle
die in Rechten zu zeugen ver-
worffen werden, dieweil ſie an
ſtatt der Zeugen gebraucht wer-
den.“ Hierbey liegt offenbar die
falſche Meynung mehrerer Rechts-
lehrer zum Grunde, als ob nach
R. R. die Infames ſchlechthin un-
fähig zu jedem Zeugniß wären.
(g) Am bedenklichſten ſind man-
che Fälle der ſogenannten infa-
mia immediata, z. B. der Fall der
bina sponsalia, das heißt eines
neuen Verlöbniſſes ohne aus-
drückliche Aufkündigung des frü-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |