Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.§. 83. Infamie. Heutige Anwendbarkeit. nungen lassen sich doch einige gemeinsame Ansichten wahr-nehmen, worin die Meisten und Besonnensten übereinstim- men (b). Dahin gehört zunächst eine ungemeine Beschrän- kung der Vorschriften des R. R., wodurch sich also jene Ansichten in ihrem letzten Resultat der hier vertheidigten sehr annähern. Es sollen nämlich gar keine Anwendung mehr finden die Fälle der Infamie, welche ohne richterli- ches Urtheil eintraten (immediata). Ferner aus der so- genannten mediata die Urtheile über Privatdelicte oder Contracte. Hiernach bliebe die Infamie als Rechtsinsti- tut (denn die infamia facti geht uns überhaupt Nichts an), nur noch übrig als Folge ausgesprochener Criminalstra- fen, wobey es noch dahin gestellt bleiben muß, ob man auch die extraordinaria crimina ausschließen möchte (§ 77. c), welche Einschränkung freylich zu unsrem heutigen Crimi- nalrecht gar nicht mehr passen würde. -- Die Carolina erwähnt die Infamie namentlich als Strafe des Meinei- digen, so wie Desjenigen, welcher durch die Person sei- ner Frau oder seines Kindes ein Lenocinium begeht (c). Andere Reichsgesetze erkennen sie an als Folge der Inju- rie (d), oder drohen sie als eigene, neu erfundene Strafe für bestimmte Vergehen an (e). (b) Eichhorn deutsches Pri- vatrecht § 87. 88, 1te Ausg. (c) C. C. C. art. 107. 122. (d) Reichsschlüsse von 1668. 1670. Sammlung der Reichsab- schiede Th. 4. S. 56. 72. (e) Strafe der Notare, die eine Cession von Juden an Chri- sten aufnehmen R. A. 1551 § 80. Strafe der widerspenstigen Hand- werksgesellen 1731. Sammlung der Reichsabschiede Th. 4. S. 379. 15*
§. 83. Infamie. Heutige Anwendbarkeit. nungen laſſen ſich doch einige gemeinſame Anſichten wahr-nehmen, worin die Meiſten und Beſonnenſten übereinſtim- men (b). Dahin gehoͤrt zunächſt eine ungemeine Beſchrän- kung der Vorſchriften des R. R., wodurch ſich alſo jene Anſichten in ihrem letzten Reſultat der hier vertheidigten ſehr annähern. Es ſollen nämlich gar keine Anwendung mehr finden die Fälle der Infamie, welche ohne richterli- ches Urtheil eintraten (immediata). Ferner aus der ſo- genannten mediata die Urtheile über Privatdelicte oder Contracte. Hiernach bliebe die Infamie als Rechtsinſti- tut (denn die infamia facti geht uns überhaupt Nichts an), nur noch übrig als Folge ausgeſprochener Criminalſtra- fen, wobey es noch dahin geſtellt bleiben muß, ob man auch die extraordinaria crimina ausſchließen möchte (§ 77. c), welche Einſchränkung freylich zu unſrem heutigen Crimi- nalrecht gar nicht mehr paſſen würde. — Die Carolina erwähnt die Infamie namentlich als Strafe des Meinei- digen, ſo wie Desjenigen, welcher durch die Perſon ſei- ner Frau oder ſeines Kindes ein Lenocinium begeht (c). Andere Reichsgeſetze erkennen ſie an als Folge der Inju- rie (d), oder drohen ſie als eigene, neu erfundene Strafe für beſtimmte Vergehen an (e). (b) Eichhorn deutſches Pri- vatrecht § 87. 88, 1te Ausg. (c) C. C. C. art. 107. 122. (d) Reichsſchlüſſe von 1668. 1670. Sammlung der Reichsab- ſchiede Th. 4. S. 56. 72. (e) Strafe der Notare, die eine Ceſſion von Juden an Chri- ſten aufnehmen R. A. 1551 § 80. Strafe der widerſpenſtigen Hand- werksgeſellen 1731. Sammlung der Reichsabſchiede Th. 4. S. 379. 15*
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§. 83. Infamie. Heutige Anwendbarkeit.
nungen laſſen ſich doch einige gemeinſame Anſichten wahr-
nehmen, worin die Meiſten und Beſonnenſten übereinſtim-
men (b). Dahin gehoͤrt zunächſt eine ungemeine Beſchrän-
kung der Vorſchriften des R. R., wodurch ſich alſo jene
Anſichten in ihrem letzten Reſultat der hier vertheidigten
ſehr annähern. Es ſollen nämlich gar keine Anwendung
mehr finden die Fälle der Infamie, welche ohne richterli-
ches Urtheil eintraten (immediata). Ferner aus der ſo-
genannten mediata die Urtheile über Privatdelicte oder
Contracte. Hiernach bliebe die Infamie als Rechtsinſti-
tut (denn die infamia facti geht uns überhaupt Nichts an),
nur noch übrig als Folge ausgeſprochener Criminalſtra-
fen, wobey es noch dahin geſtellt bleiben muß, ob man auch
die extraordinaria crimina ausſchließen möchte (§ 77. c),
welche Einſchränkung freylich zu unſrem heutigen Crimi-
nalrecht gar nicht mehr paſſen würde. — Die Carolina
erwähnt die Infamie namentlich als Strafe des Meinei-
digen, ſo wie Desjenigen, welcher durch die Perſon ſei-
ner Frau oder ſeines Kindes ein Lenocinium begeht (c).
Andere Reichsgeſetze erkennen ſie an als Folge der Inju-
rie (d), oder drohen ſie als eigene, neu erfundene Strafe
für beſtimmte Vergehen an (e).
(b) Eichhorn deutſches Pri-
vatrecht § 87. 88, 1te Ausg.
(c) C. C. C. art. 107. 122.
(d) Reichsſchlüſſe von 1668.
1670. Sammlung der Reichsab-
ſchiede Th. 4. S. 56. 72.
(e) Strafe der Notare, die
eine Ceſſion von Juden an Chri-
ſten aufnehmen R. A. 1551 § 80.
Strafe der widerſpenſtigen Hand-
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