Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen. ßes Misverhältniß zwischen Mittel und Zweck auffallen.Ehrlosigkeit ist gewiß etwas Ernstes und Wichtiges, auch abgesehen von bestimmten rechtlichen Folgen. Dieses wich- tige sittliche Verhältniß nun sollte in das Rechtsgebiet ein- geführt seyn, lediglich um -- die Unfähigkeit zum Postu- liren für Andere zu bezeichnen! Für den Prätor mochte es eine gewisse Wichtigleit haben, sein Tribunal von un- würdigen Menschen rein zu halten; auch war dieses gewiß für ihn der einzige Beweggrund, an dieser Stelle des Edicts, ja im Edict überhaupt, von der Sache zu reden. Allein er konnte ja diesen Zweck völlig erreichen, indem er dieselben Personen aufzählte, ohne den wichtigen Na- men der Infamie auf sie anzuwenden. Wollte man sagen, er dachte eben die sittlich Ehrlosen nun auch juristisch recht hart zu treffen, indem er sie vom Postuliren für Andere ausschloß, so ist zu bedenken, wie unbedeutend eben dieses für die Meisten ist; denn die Meisten werden ohnehin kein besonderes Bedürfniß dazu haben, und die es gerade ha- ben möchten, können doch das Auftreten vor dem Prätor unbemerkt unterlassen, also ohne daß dadurch ihre Infa- mie irgend sichtbar würde. Für die Einzelnen also ist in der That dieser Nachtheil fast unfühlbar, und darin liegt eben das oben gerügte störende Misverhältniß zwischen Mittel und Zweck. Allein noch weit entscheidender gegen die dargestellte Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. ßes Misverhältniß zwiſchen Mittel und Zweck auffallen.Ehrloſigkeit iſt gewiß etwas Ernſtes und Wichtiges, auch abgeſehen von beſtimmten rechtlichen Folgen. Dieſes wich- tige ſittliche Verhältniß nun ſollte in das Rechtsgebiet ein- geführt ſeyn, lediglich um — die Unfähigkeit zum Poſtu- liren für Andere zu bezeichnen! Für den Prätor mochte es eine gewiſſe Wichtigleit haben, ſein Tribunal von un- würdigen Menſchen rein zu halten; auch war dieſes gewiß für ihn der einzige Beweggrund, an dieſer Stelle des Edicts, ja im Edict überhaupt, von der Sache zu reden. Allein er konnte ja dieſen Zweck völlig erreichen, indem er dieſelben Perſonen aufzählte, ohne den wichtigen Na- men der Infamie auf ſie anzuwenden. Wollte man ſagen, er dachte eben die ſittlich Ehrloſen nun auch juriſtiſch recht hart zu treffen, indem er ſie vom Poſtuliren für Andere ausſchloß, ſo iſt zu bedenken, wie unbedeutend eben dieſes für die Meiſten iſt; denn die Meiſten werden ohnehin kein beſonderes Bedürfniß dazu haben, und die es gerade ha- ben möchten, können doch das Auftreten vor dem Prätor unbemerkt unterlaſſen, alſo ohne daß dadurch ihre Infa- mie irgend ſichtbar würde. Für die Einzelnen alſo iſt in der That dieſer Nachtheil faſt unfuͤhlbar, und darin liegt eben das oben gerügte ſtörende Misverhältniß zwiſchen Mittel und Zweck. Allein noch weit entſcheidender gegen die dargeſtellte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0204" n="190"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Perſonen.</fw><lb/> ßes Misverhältniß zwiſchen Mittel und Zweck auffallen.<lb/> Ehrloſigkeit iſt gewiß etwas Ernſtes und Wichtiges, auch<lb/> abgeſehen von beſtimmten rechtlichen Folgen. Dieſes wich-<lb/> tige ſittliche Verhältniß nun ſollte in das Rechtsgebiet ein-<lb/> geführt ſeyn, lediglich um — die Unfähigkeit zum Poſtu-<lb/> liren für Andere zu bezeichnen! Für den Prätor mochte<lb/> es eine gewiſſe Wichtigleit haben, ſein Tribunal von un-<lb/> würdigen Menſchen rein zu halten; auch war dieſes gewiß<lb/> für ihn der einzige Beweggrund, an dieſer Stelle des<lb/> Edicts, ja im Edict überhaupt, von der Sache zu reden.<lb/> Allein er konnte ja dieſen Zweck völlig erreichen, indem<lb/> er dieſelben Perſonen aufzählte, ohne den wichtigen Na-<lb/> men der Infamie auf ſie anzuwenden. Wollte man ſagen,<lb/> er dachte eben die ſittlich Ehrloſen nun auch juriſtiſch recht<lb/> hart zu treffen, indem er ſie vom Poſtuliren für Andere<lb/> ausſchloß, ſo iſt zu bedenken, wie unbedeutend eben dieſes<lb/> für die Meiſten iſt; denn die Meiſten werden ohnehin kein<lb/> beſonderes Bedürfniß dazu haben, und die es gerade ha-<lb/> ben möchten, können doch das Auftreten vor dem Prätor<lb/> unbemerkt unterlaſſen, alſo ohne daß dadurch ihre Infa-<lb/> mie irgend ſichtbar würde. Für die Einzelnen alſo iſt in<lb/> der That dieſer Nachtheil faſt unfuͤhlbar, und darin liegt<lb/> eben das oben gerügte ſtörende Misverhältniß zwiſchen<lb/> Mittel und Zweck.</p><lb/> <p>Allein noch weit entſcheidender gegen die dargeſtellte<lb/> Anſicht iſt der wirkliche Inhalt des Edicts ſelbſt, der nun-<lb/> mehr angegeben werden ſoll. Der Prätor unterſcheidet<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [190/0204]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
ßes Misverhältniß zwiſchen Mittel und Zweck auffallen.
Ehrloſigkeit iſt gewiß etwas Ernſtes und Wichtiges, auch
abgeſehen von beſtimmten rechtlichen Folgen. Dieſes wich-
tige ſittliche Verhältniß nun ſollte in das Rechtsgebiet ein-
geführt ſeyn, lediglich um — die Unfähigkeit zum Poſtu-
liren für Andere zu bezeichnen! Für den Prätor mochte
es eine gewiſſe Wichtigleit haben, ſein Tribunal von un-
würdigen Menſchen rein zu halten; auch war dieſes gewiß
für ihn der einzige Beweggrund, an dieſer Stelle des
Edicts, ja im Edict überhaupt, von der Sache zu reden.
Allein er konnte ja dieſen Zweck völlig erreichen, indem
er dieſelben Perſonen aufzählte, ohne den wichtigen Na-
men der Infamie auf ſie anzuwenden. Wollte man ſagen,
er dachte eben die ſittlich Ehrloſen nun auch juriſtiſch recht
hart zu treffen, indem er ſie vom Poſtuliren für Andere
ausſchloß, ſo iſt zu bedenken, wie unbedeutend eben dieſes
für die Meiſten iſt; denn die Meiſten werden ohnehin kein
beſonderes Bedürfniß dazu haben, und die es gerade ha-
ben möchten, können doch das Auftreten vor dem Prätor
unbemerkt unterlaſſen, alſo ohne daß dadurch ihre Infa-
mie irgend ſichtbar würde. Für die Einzelnen alſo iſt in
der That dieſer Nachtheil faſt unfuͤhlbar, und darin liegt
eben das oben gerügte ſtörende Misverhältniß zwiſchen
Mittel und Zweck.
Allein noch weit entſcheidender gegen die dargeſtellte
Anſicht iſt der wirkliche Inhalt des Edicts ſelbſt, der nun-
mehr angegeben werden ſoll. Der Prätor unterſcheidet
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