erwartet werden darf. So konnte der Deportirte Vermö- gen erwerben, und eine Ehe führen, wiewohl bekanntlich todte Menschen zu Beidem ganz unfähig sind; die Fähig- keit dazu gründete sich bey ihm auf das jus gentium, nicht auf das jus civile.
Die Vermögensconfiscation ist, überall wo sie vor- kommt, eine wahre Strafe. Mit der magna capitis de- minutio erscheint sie nur zufällig und äußerlich verknüpft (§ 69. b), so daß beide Rechtsbegriffe außer einander lie- gen. Zur Zeit der freyen Republik trat selbst neben den schwersten Strafen die Confiscation in der Regel nicht ein (y). Unter den Kaisern war sie allerdings die regel- mäßige Folge jeder als Strafe verhängten magna capitis deminutio(z); doch auch nun noch mit sehr mildernden Modificationen. Portionen des Vermögens wurden schon frühe den Kindern des Verbrechers überlassen, und nach manchen Schwankungen der Rechtsregeln bestimmte zuletzt Justinian, daß, mit Ausnahme des Majestätsverbrechens, das Recht des Fiscus ganz wegfallen sollte zum Vortheil der Descendenten und der drey nächsten Grade der Ascen- denten des Verbrechers (aa). Umgekehrt aber konnte auch
(y) Der verurtheilte Vatermör- der wurde auf gewöhnliche Weise beerbt, und es war nur zweifel- haft, ob er noch nach der Ver- urtheilung ein gültiges Testament machen könne. Cicero de invent. II. 50. Auct. ad Herenn. I. 13.
(z)L. 1 pr. de bonis damn. (48. 20.).
(aa)L. 1 § 1. 2. 3 de bonis damn. (48. 20.), L. 10 C. de bonis proscr. (9. 49.). Nov. 17 C. 12. -- Das neueste Gesetz ist Nov. 134 C. 13, wovon Auth. Bona damnatorum C. de bonis proscr. (9. 46.) Etwas abweicht.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
erwartet werden darf. So konnte der Deportirte Vermoͤ- gen erwerben, und eine Ehe führen, wiewohl bekanntlich todte Menſchen zu Beidem ganz unfähig ſind; die Fähig- keit dazu gründete ſich bey ihm auf das jus gentium, nicht auf das jus civile.
Die Vermögensconfiscation iſt, überall wo ſie vor- kommt, eine wahre Strafe. Mit der magna capitis de- minutio erſcheint ſie nur zufällig und äußerlich verknüpft (§ 69. b), ſo daß beide Rechtsbegriffe außer einander lie- gen. Zur Zeit der freyen Republik trat ſelbſt neben den ſchwerſten Strafen die Confiscation in der Regel nicht ein (y). Unter den Kaiſern war ſie allerdings die regel- mäßige Folge jeder als Strafe verhängten magna capitis deminutio(z); doch auch nun noch mit ſehr mildernden Modificationen. Portionen des Vermögens wurden ſchon frühe den Kindern des Verbrechers überlaſſen, und nach manchen Schwankungen der Rechtsregeln beſtimmte zuletzt Juſtinian, daß, mit Ausnahme des Majeſtätsverbrechens, das Recht des Fiscus ganz wegfallen ſollte zum Vortheil der Descendenten und der drey nächſten Grade der Ascen- denten des Verbrechers (aa). Umgekehrt aber konnte auch
(y) Der verurtheilte Vatermör- der wurde auf gewöhnliche Weiſe beerbt, und es war nur zweifel- haft, ob er noch nach der Ver- urtheilung ein gültiges Teſtament machen könne. Cicero de invent. II. 50. Auct. ad Herenn. I. 13.
(z)L. 1 pr. de bonis damn. (48. 20.).
(aa)L. 1 § 1. 2. 3 de bonis damn. (48. 20.), L. 10 C. de bonis proscr. (9. 49.). Nov. 17 C. 12. — Das neueſte Geſetz iſt Nov. 134 C. 13, wovon Auth. Bona damnatorum C. de bonis proscr. (9. 46.) Etwas abweicht.
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
erwartet werden darf. So konnte der Deportirte Vermoͤ-
gen erwerben, und eine Ehe führen, wiewohl bekanntlich
todte Menſchen zu Beidem ganz unfähig ſind; die Fähig-
keit dazu gründete ſich bey ihm auf das jus gentium, nicht
auf das jus civile.
Die Vermögensconfiscation iſt, überall wo ſie vor-
kommt, eine wahre Strafe. Mit der magna capitis de-
minutio erſcheint ſie nur zufällig und äußerlich verknüpft
(§ 69. b), ſo daß beide Rechtsbegriffe außer einander lie-
gen. Zur Zeit der freyen Republik trat ſelbſt neben den
ſchwerſten Strafen die Confiscation in der Regel nicht
ein (y). Unter den Kaiſern war ſie allerdings die regel-
mäßige Folge jeder als Strafe verhängten magna capitis
deminutio (z); doch auch nun noch mit ſehr mildernden
Modificationen. Portionen des Vermögens wurden ſchon
frühe den Kindern des Verbrechers überlaſſen, und nach
manchen Schwankungen der Rechtsregeln beſtimmte zuletzt
Juſtinian, daß, mit Ausnahme des Majeſtätsverbrechens,
das Recht des Fiscus ganz wegfallen ſollte zum Vortheil
der Descendenten und der drey nächſten Grade der Ascen-
denten des Verbrechers (aa). Umgekehrt aber konnte auch
(y) Der verurtheilte Vatermör-
der wurde auf gewöhnliche Weiſe
beerbt, und es war nur zweifel-
haft, ob er noch nach der Ver-
urtheilung ein gültiges Teſtament
machen könne. Cicero de invent.
II. 50. Auct. ad Herenn. I. 13.
(z) L. 1 pr. de bonis damn.
(48. 20.).
(aa) L. 1 § 1. 2. 3 de bonis
damn. (48. 20.), L. 10 C. de
bonis proscr. (9. 49.). Nov. 17
C. 12. — Das neueſte Geſetz iſt
Nov. 134 C. 13, wovon Auth.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/180>, abgerufen am 23.07.2024.
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