Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen. gar keinen Unterschied, ob der Deportirte blos eine frü-here Ehe fortgesetzt, oder ob er erst während der Depor- tation eine Ehe geschlossen hat. -- Vergleichen wir damit das frühere Recht. Nach Römischem Recht war die Ehe eines Deportirten setz. Was er vertheidigt, wurde von der Minorität des Staats- raths geltend gemacht, um eine Abänderung des Projects durch- zusetzen; ihre Meynung fiel aber durch, und das Project wurde un- verändert angenommen. Gerade durch den vorhergehenden gründ- lichen Streit wird der wahre Sinn des Gesetzes ganz außer Zweifel gesetzt. (m) Ja sogar hatte man aus
Menschlichkeit noch etwas von den strengen Grundsätzen nachgege- ben; die Dos, die eigentlich nur neben einem justum matrimoni- um gelten konnte, sollte hier fort- dauern dürfen, obgleich die Ehe nicht mehr justum matrimo- nium war. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. gar keinen Unterſchied, ob der Deportirte blos eine frü-here Ehe fortgeſetzt, oder ob er erſt während der Depor- tation eine Ehe geſchloſſen hat. — Vergleichen wir damit das frühere Recht. Nach Römiſchem Recht war die Ehe eines Deportirten ſetz. Was er vertheidigt, wurde von der Minorität des Staats- raths geltend gemacht, um eine Abänderung des Projects durch- zuſetzen; ihre Meynung fiel aber durch, und das Project wurde un- verändert angenommen. Gerade durch den vorhergehenden gründ- lichen Streit wird der wahre Sinn des Geſetzes ganz außer Zweifel geſetzt. (m) Ja ſogar hatte man aus
Menſchlichkeit noch etwas von den ſtrengen Grundſätzen nachgege- ben; die Dos, die eigentlich nur neben einem justum matrimoni- um gelten konnte, ſollte hier fort- dauern dürfen, obgleich die Ehe nicht mehr justum matrimo- nium war. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0172" n="158"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Perſonen.</fw><lb/> gar keinen Unterſchied, ob der Deportirte blos eine frü-<lb/> here Ehe fortgeſetzt, oder ob er erſt während der Depor-<lb/> tation eine Ehe geſchloſſen hat. — Vergleichen wir damit<lb/> das frühere Recht.</p><lb/> <p>Nach Römiſchem Recht war die Ehe eines Deportirten<lb/> nach <hi rendition="#aq">jus civile</hi> ungültig, nach <hi rendition="#aq">jus gentium</hi> gültig, alſo<lb/> völlig eben ſo gültig, wie die Ehen der vielen Millionen<lb/> Provinzialen vor der durch Caracalla allgemein gemachten<lb/> Civität <note place="foot" n="(m)">Ja ſogar hatte man aus<lb/> Menſchlichkeit noch etwas von den<lb/> ſtrengen Grundſätzen nachgege-<lb/> ben; die Dos, die eigentlich nur<lb/> neben einem <hi rendition="#aq">justum matrimoni-<lb/> um</hi> gelten konnte, ſollte hier fort-<lb/> dauern dürfen, obgleich die Ehe<lb/> nicht mehr <hi rendition="#aq">justum matrimo-<lb/> nium</hi> war.</note>. Die Folgen dieſes Grundſatzes beſtanden darin,<lb/> daß die Kinder aus einer ſolchen Ehe nicht in der väterlichen<lb/> Gewalt des Deportirten, noch in der Agnation mit deſſen<lb/> Verwandten ſtanden. Dagegen waren ſie ehelich, ſie hatten<lb/> einen juriſtiſch gewiſſen Vater, ſie ſtanden in einer wah-<lb/> ren Cognation mit ihren Eltern und deren Verwandten,<lb/> und konnten hieraus jedes cognatiſche Erbrecht (nur nicht<lb/> in das Vermoͤgen des Vaters, welches immer wieder con-<lb/> fiscirt wurde) geltend machen. Alle dieſe Beſtimmungen<lb/> giengen aus rein juriſtiſcher Conſequenz hervor, nicht aus<lb/> religiöſen Anſichten, denn ſie waren lange vor der Herr-<lb/> ſchaft des Chriſtenthums anerkannt. — Indem man nun<lb/><note xml:id="seg2pn_32_2" prev="#seg2pn_32_1" place="foot" n="(l)">ſetz. Was er vertheidigt, wurde<lb/> von der Minorität des Staats-<lb/> raths geltend gemacht, um eine<lb/> Abänderung des Projects durch-<lb/> zuſetzen; ihre Meynung fiel aber<lb/> durch, und das Project wurde un-<lb/> verändert angenommen. Gerade<lb/> durch den vorhergehenden gründ-<lb/> lichen Streit wird der wahre<lb/> Sinn des Geſetzes ganz außer<lb/> Zweifel geſetzt.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [158/0172]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
gar keinen Unterſchied, ob der Deportirte blos eine frü-
here Ehe fortgeſetzt, oder ob er erſt während der Depor-
tation eine Ehe geſchloſſen hat. — Vergleichen wir damit
das frühere Recht.
Nach Römiſchem Recht war die Ehe eines Deportirten
nach jus civile ungültig, nach jus gentium gültig, alſo
völlig eben ſo gültig, wie die Ehen der vielen Millionen
Provinzialen vor der durch Caracalla allgemein gemachten
Civität (m). Die Folgen dieſes Grundſatzes beſtanden darin,
daß die Kinder aus einer ſolchen Ehe nicht in der väterlichen
Gewalt des Deportirten, noch in der Agnation mit deſſen
Verwandten ſtanden. Dagegen waren ſie ehelich, ſie hatten
einen juriſtiſch gewiſſen Vater, ſie ſtanden in einer wah-
ren Cognation mit ihren Eltern und deren Verwandten,
und konnten hieraus jedes cognatiſche Erbrecht (nur nicht
in das Vermoͤgen des Vaters, welches immer wieder con-
fiscirt wurde) geltend machen. Alle dieſe Beſtimmungen
giengen aus rein juriſtiſcher Conſequenz hervor, nicht aus
religiöſen Anſichten, denn ſie waren lange vor der Herr-
ſchaft des Chriſtenthums anerkannt. — Indem man nun
(l)
(m) Ja ſogar hatte man aus
Menſchlichkeit noch etwas von den
ſtrengen Grundſätzen nachgege-
ben; die Dos, die eigentlich nur
neben einem justum matrimoni-
um gelten konnte, ſollte hier fort-
dauern dürfen, obgleich die Ehe
nicht mehr justum matrimo-
nium war.
(l) ſetz. Was er vertheidigt, wurde
von der Minorität des Staats-
raths geltend gemacht, um eine
Abänderung des Projects durch-
zuſetzen; ihre Meynung fiel aber
durch, und das Project wurde un-
verändert angenommen. Gerade
durch den vorhergehenden gründ-
lichen Streit wird der wahre
Sinn des Geſetzes ganz außer
Zweifel geſetzt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |