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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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§. 74. Anomalische Rechte. Faktische Natur. Familie.
das Hauptinteresse des Sohnes (die klagbare Verpflich-
tung gegen den Dritten) ohnehin wegfällt (§ 65). Daher
hatte diese Klage stets der Herr, in dessen Dienst der
Sklave zur Zeit des gegebenen Depositum stand (p).

Ähnliche Rücksichten, wie bey dem Recht zur actio de-
positi,
treten auch bey der Verpflichtung aus dem Depo-
situm ein. Wenn also ein filiusfamilias ein Depositum
übernimmt, und wenn derselbe noch nach der Emancipa-
tion im Besitz der Sache bleibt, so geht die Klage gegen
ihn (hier gewiß selbst ohne Restitution), und gar nicht
als Peculienklage gegen den Vater (q); denn es handelt
sich hier um die ganz faktische Restitution des natürlichen
Besitzes, die von dem juristischen Verhältniß im Peculium
unabhängig ist. Daß man dieses wirklich als etwas Be-
sonderes dachte, und zwar gerade aus diesem Grunde,
erhellt unwidersprechlich aus der ganz ähnlichen, und noch
mehr anomalischen, Weise, wie das einem Sklaven ge-
gebene Depositum behandelt wird: denn wenn dieser nach
der Manumission die Sache besitzt, so geht gegen ihn die
actio depositi, da doch andere Contractsklagen aus der
Zeit des Sklavenstandes durchaus nicht gegen ihn ange-
stellt werden können (r).


(p) L. 1 § 30 depos. (16. 3.).
(q) L. 21 pr. depos. (16. 3.).
(r) L. 21 § 1 depos. (16. 3.).
Die ganze Stelle, deren erste
Hälfte in Note q angeführt ist,
lautet im Zusammenhang so:
"Si apud filiumfamilias res de-
posita sit, et emancipatus rem
teneat, pater nec intra annum
de peculio debet conveniri: sed
ipse filius. -- Plus Trebatius
existimat, etiam si apud servum
depositum sit, et manumissus
rem teneat, in ipsum dandam

§. 74. Anomaliſche Rechte. Faktiſche Natur. Familie.
das Hauptintereſſe des Sohnes (die klagbare Verpflich-
tung gegen den Dritten) ohnehin wegfällt (§ 65). Daher
hatte dieſe Klage ſtets der Herr, in deſſen Dienſt der
Sklave zur Zeit des gegebenen Depoſitum ſtand (p).

Ähnliche Rückſichten, wie bey dem Recht zur actio de-
positi,
treten auch bey der Verpflichtung aus dem Depo-
ſitum ein. Wenn alſo ein filiusfamilias ein Depoſitum
übernimmt, und wenn derſelbe noch nach der Emancipa-
tion im Beſitz der Sache bleibt, ſo geht die Klage gegen
ihn (hier gewiß ſelbſt ohne Reſtitution), und gar nicht
als Peculienklage gegen den Vater (q); denn es handelt
ſich hier um die ganz faktiſche Reſtitution des natürlichen
Beſitzes, die von dem juriſtiſchen Verhältniß im Peculium
unabhängig iſt. Daß man dieſes wirklich als etwas Be-
ſonderes dachte, und zwar gerade aus dieſem Grunde,
erhellt unwiderſprechlich aus der ganz ähnlichen, und noch
mehr anomaliſchen, Weiſe, wie das einem Sklaven ge-
gebene Depoſitum behandelt wird: denn wenn dieſer nach
der Manumiſſion die Sache beſitzt, ſo geht gegen ihn die
actio depositi, da doch andere Contractsklagen aus der
Zeit des Sklavenſtandes durchaus nicht gegen ihn ange-
ſtellt werden können (r).


(p) L. 1 § 30 depos. (16. 3.).
(q) L. 21 pr. depos. (16. 3.).
(r) L. 21 § 1 depos. (16. 3.).
Die ganze Stelle, deren erſte
Hälfte in Note q angeführt iſt,
lautet im Zuſammenhang ſo:
„Si apud filiumfamilias res de-
posita sit, et emancipatus rem
teneat, pater nec intra annum
de peculio debet conveniri: sed
ipse filius. — Plus Trebatius
existimat, etiam si apud servum
depositum sit, et manumissus
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[141/0155] §. 74. Anomaliſche Rechte. Faktiſche Natur. Familie. das Hauptintereſſe des Sohnes (die klagbare Verpflich- tung gegen den Dritten) ohnehin wegfällt (§ 65). Daher hatte dieſe Klage ſtets der Herr, in deſſen Dienſt der Sklave zur Zeit des gegebenen Depoſitum ſtand (p). Ähnliche Rückſichten, wie bey dem Recht zur actio de- positi, treten auch bey der Verpflichtung aus dem Depo- ſitum ein. Wenn alſo ein filiusfamilias ein Depoſitum übernimmt, und wenn derſelbe noch nach der Emancipa- tion im Beſitz der Sache bleibt, ſo geht die Klage gegen ihn (hier gewiß ſelbſt ohne Reſtitution), und gar nicht als Peculienklage gegen den Vater (q); denn es handelt ſich hier um die ganz faktiſche Reſtitution des natürlichen Beſitzes, die von dem juriſtiſchen Verhältniß im Peculium unabhängig iſt. Daß man dieſes wirklich als etwas Be- ſonderes dachte, und zwar gerade aus dieſem Grunde, erhellt unwiderſprechlich aus der ganz ähnlichen, und noch mehr anomaliſchen, Weiſe, wie das einem Sklaven ge- gebene Depoſitum behandelt wird: denn wenn dieſer nach der Manumiſſion die Sache beſitzt, ſo geht gegen ihn die actio depositi, da doch andere Contractsklagen aus der Zeit des Sklavenſtandes durchaus nicht gegen ihn ange- ſtellt werden können (r). (p) L. 1 § 30 depos. (16. 3.). (q) L. 21 pr. depos. (16. 3.). (r) L. 21 § 1 depos. (16. 3.). Die ganze Stelle, deren erſte Hälfte in Note q angeführt iſt, lautet im Zuſammenhang ſo: „Si apud filiumfamilias res de- posita sit, et emancipatus rem teneat, pater nec intra annum de peculio debet conveniri: sed ipse filius. — Plus Trebatius existimat, etiam si apud servum depositum sit, et manumissus rem teneat, in ipsum dandam

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/155>, abgerufen am 23.11.2024.