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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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§. 13. Gesetzgebung.
böser Wille seiner Herrschaft sich zu entziehen versuchen.
Dadurch kann es nöthig werden, ihm ein äußerlich erkenn-
bares Daseyn zu geben, durch dessen Macht jede indivi-
duelle Meynung beseitigt und die wirksame Bekämpfung
des unrechtlichen Willens erleichtert wird. Das positive
Recht, so durch die Sprache verkörpert, und mit absoluter
Macht versehen, heißt das Gesetz, und dessen Aufstellung
gehört zu den edelsten Rechten der höchsten Gewalt im
Staate. Die Gesetzgebung kann nun eben sowohl im
öffentlichen Recht als im Privatrecht thätig seyn; hier
aber soll sie vorzugsweise in dieser letzten Beziehung näher
betrachtet werden.

Fragen wir zuerst nach dem Inhalt des Gesetzes, so
ist derselbe schon durch diese Herleitung der gesetzgebenden
Gewalt bestimmt: das schon vorhandene Volksrecht ist
dieser Inhalt, oder, was dasselbe sagt, das Gesetz ist das
Organ des Volksrechts. Wollte man daran zweifeln, so
müßte man den Gesetzgeber als außer der Nation stehend
denken; er steht aber vielmehr in ihrem Mittelpunkt, so
daß er ihren Geist, ihre Gesinnungen, ihre Bedürfnisse in
sich concentrirt, und daß wir ihn als den wahren Vertre-
ter des Volksgeistes anzusehen haben. Auch ist es ganz
unrichtig, diese Stellung des Gesetzgebers als abhängig
zu denken von der verschiedenen Einrichtung der gesetzge-
benden Gewalt in dieser oder jener Staatsverfassung. Ob
ein Fürst das Gesetz macht, oder ein Senat, oder eine
größere, etwa durch Wahlen gebildete Versammlung, ob

§. 13. Geſetzgebung.
böſer Wille ſeiner Herrſchaft ſich zu entziehen verſuchen.
Dadurch kann es nöthig werden, ihm ein äußerlich erkenn-
bares Daſeyn zu geben, durch deſſen Macht jede indivi-
duelle Meynung beſeitigt und die wirkſame Bekämpfung
des unrechtlichen Willens erleichtert wird. Das poſitive
Recht, ſo durch die Sprache verkörpert, und mit abſoluter
Macht verſehen, heißt das Geſetz, und deſſen Aufſtellung
gehört zu den edelſten Rechten der höchſten Gewalt im
Staate. Die Geſetzgebung kann nun eben ſowohl im
öffentlichen Recht als im Privatrecht thätig ſeyn; hier
aber ſoll ſie vorzugsweiſe in dieſer letzten Beziehung näher
betrachtet werden.

Fragen wir zuerſt nach dem Inhalt des Geſetzes, ſo
iſt derſelbe ſchon durch dieſe Herleitung der geſetzgebenden
Gewalt beſtimmt: das ſchon vorhandene Volksrecht iſt
dieſer Inhalt, oder, was daſſelbe ſagt, das Geſetz iſt das
Organ des Volksrechts. Wollte man daran zweifeln, ſo
müßte man den Geſetzgeber als außer der Nation ſtehend
denken; er ſteht aber vielmehr in ihrem Mittelpunkt, ſo
daß er ihren Geiſt, ihre Geſinnungen, ihre Bedürfniſſe in
ſich concentrirt, und daß wir ihn als den wahren Vertre-
ter des Volksgeiſtes anzuſehen haben. Auch iſt es ganz
unrichtig, dieſe Stellung des Geſetzgebers als abhängig
zu denken von der verſchiedenen Einrichtung der geſetzge-
benden Gewalt in dieſer oder jener Staatsverfaſſung. Ob
ein Fürſt das Geſetz macht, oder ein Senat, oder eine
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[39/0095] §. 13. Geſetzgebung. böſer Wille ſeiner Herrſchaft ſich zu entziehen verſuchen. Dadurch kann es nöthig werden, ihm ein äußerlich erkenn- bares Daſeyn zu geben, durch deſſen Macht jede indivi- duelle Meynung beſeitigt und die wirkſame Bekämpfung des unrechtlichen Willens erleichtert wird. Das poſitive Recht, ſo durch die Sprache verkörpert, und mit abſoluter Macht verſehen, heißt das Geſetz, und deſſen Aufſtellung gehört zu den edelſten Rechten der höchſten Gewalt im Staate. Die Geſetzgebung kann nun eben ſowohl im öffentlichen Recht als im Privatrecht thätig ſeyn; hier aber ſoll ſie vorzugsweiſe in dieſer letzten Beziehung näher betrachtet werden. Fragen wir zuerſt nach dem Inhalt des Geſetzes, ſo iſt derſelbe ſchon durch dieſe Herleitung der geſetzgebenden Gewalt beſtimmt: das ſchon vorhandene Volksrecht iſt dieſer Inhalt, oder, was daſſelbe ſagt, das Geſetz iſt das Organ des Volksrechts. Wollte man daran zweifeln, ſo müßte man den Geſetzgeber als außer der Nation ſtehend denken; er ſteht aber vielmehr in ihrem Mittelpunkt, ſo daß er ihren Geiſt, ihre Geſinnungen, ihre Bedürfniſſe in ſich concentrirt, und daß wir ihn als den wahren Vertre- ter des Volksgeiſtes anzuſehen haben. Auch iſt es ganz unrichtig, dieſe Stellung des Geſetzgebers als abhängig zu denken von der verſchiedenen Einrichtung der geſetzge- benden Gewalt in dieſer oder jener Staatsverfaſſung. Ob ein Fürſt das Geſetz macht, oder ein Senat, oder eine größere, etwa durch Wahlen gebildete Verſammlung, ob

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/95>, abgerufen am 24.11.2024.