Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.Buch I. Quellen. Kap. II. Allg. Natur der Quellen. unsichtbare Einheit in sichtbarer und organischer Erschei-nung zu offenbaren. Diese leibliche Gestalt der geistigen Volksgemeinschaft ist der Staat, und mit ihm sind zu- gleich scharf bestimmte Gränzen der Einheit gegeben. Fragen wir nun nach der Entstehung des Staates, so Übersehen wir von dem nun gewonnenen Standpunkt (a) L. 1. de J. et J. (I. 1.).
Publicum jus est quod ad sta- tum rei Romanae spectat; pri- vatum quod ad singulorum uti- litatem. Sunt enim quaedam publice utilia, quaedam priva- tim. Vgl. L. 2 § 46. de orig. jur. (I. 2.). Buch I. Quellen. Kap. II. Allg. Natur der Quellen. unſichtbare Einheit in ſichtbarer und organiſcher Erſchei-nung zu offenbaren. Dieſe leibliche Geſtalt der geiſtigen Volksgemeinſchaft iſt der Staat, und mit ihm ſind zu- gleich ſcharf beſtimmte Gränzen der Einheit gegeben. Fragen wir nun nach der Entſtehung des Staates, ſo Überſehen wir von dem nun gewonnenen Standpunkt (a) L. 1. de J. et J. (I. 1.).
Publicum jus est quod ad sta- tum rei Romanae spectat; pri- vatum quod ad singulorum uti- litatem. Sunt enim quaedam publice utilia, quaedam priva- tim. Vgl. L. 2 § 46. de orig. jur. (I. 2.). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0078" n="22"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">I.</hi> Quellen. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Allg. Natur der Quellen.</fw><lb/> unſichtbare Einheit in ſichtbarer und organiſcher Erſchei-<lb/> nung zu offenbaren. Dieſe leibliche Geſtalt der geiſtigen<lb/> Volksgemeinſchaft iſt der <hi rendition="#g">Staat</hi>, und mit ihm ſind zu-<lb/> gleich ſcharf beſtimmte Gränzen der Einheit gegeben.</p><lb/> <p>Fragen wir nun nach der Entſtehung des Staates, ſo<lb/> müſſen wir dieſelbe eben ſo in eine höhere Nothwendig-<lb/> keit, in eine von innen heraus bildende Kraft ſetzen, wie<lb/> es oben von dem Recht überhaupt geſagt worden iſt; und<lb/> zwar gilt dieſes nicht blos von dem Daſeyn eines Staa-<lb/> tes überhaupt, ſondern auch von der eigenthümlichen Ge-<lb/> ſtalt, welche der Staat in jedem Volke an ſich trägt.<lb/> Denn auch die Erzeugung des Staates iſt eine Art der<lb/> Rechtserzeugung, ja ſie iſt die höchſte Stufe der Rechts-<lb/> erzeugung überhaupt.</p><lb/> <p>Überſehen wir von dem nun gewonnenen Standpunkt<lb/> aus das geſammte Recht, ſo unterſcheiden wir in demſel-<lb/> ben zwey Gebiete, das <hi rendition="#g">Staatsrecht</hi> und das <hi rendition="#g">Privat-<lb/> recht</hi>. Das erſte hat zum Gegenſtand den Staat, das<lb/> heißt die organiſche Erſcheinung des Volks: das zweyte<lb/> die Geſammtheit der Rechtsverhältniſſe, welche den ein-<lb/> zelnen Menſchen umgeben, damit er in ihnen ſein inneres<lb/> Leben führe und zu einer beſtimmten Geſtalt bilde <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1. <hi rendition="#i">de J. et J.</hi> (I. 1.).<lb/> Publicum jus est quod ad sta-<lb/> tum rei Romanae spectat; pri-<lb/> vatum quod ad singulorum uti-<lb/> litatem. Sunt enim quaedam<lb/> publice utilia, quaedam priva-<lb/> tim.</hi> Vgl. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 § 46. <hi rendition="#i">de orig.<lb/> jur.</hi> (I. 2.).</hi></note>.<lb/> Nicht als ob es, wenn wir dieſe beiden Rechtsgebiete ver-<lb/> gleichen, an Übergängen und Verwandtſchaften fehlte.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [22/0078]
Buch I. Quellen. Kap. II. Allg. Natur der Quellen.
unſichtbare Einheit in ſichtbarer und organiſcher Erſchei-
nung zu offenbaren. Dieſe leibliche Geſtalt der geiſtigen
Volksgemeinſchaft iſt der Staat, und mit ihm ſind zu-
gleich ſcharf beſtimmte Gränzen der Einheit gegeben.
Fragen wir nun nach der Entſtehung des Staates, ſo
müſſen wir dieſelbe eben ſo in eine höhere Nothwendig-
keit, in eine von innen heraus bildende Kraft ſetzen, wie
es oben von dem Recht überhaupt geſagt worden iſt; und
zwar gilt dieſes nicht blos von dem Daſeyn eines Staa-
tes überhaupt, ſondern auch von der eigenthümlichen Ge-
ſtalt, welche der Staat in jedem Volke an ſich trägt.
Denn auch die Erzeugung des Staates iſt eine Art der
Rechtserzeugung, ja ſie iſt die höchſte Stufe der Rechts-
erzeugung überhaupt.
Überſehen wir von dem nun gewonnenen Standpunkt
aus das geſammte Recht, ſo unterſcheiden wir in demſel-
ben zwey Gebiete, das Staatsrecht und das Privat-
recht. Das erſte hat zum Gegenſtand den Staat, das
heißt die organiſche Erſcheinung des Volks: das zweyte
die Geſammtheit der Rechtsverhältniſſe, welche den ein-
zelnen Menſchen umgeben, damit er in ihnen ſein inneres
Leben führe und zu einer beſtimmten Geſtalt bilde (a).
Nicht als ob es, wenn wir dieſe beiden Rechtsgebiete ver-
gleichen, an Übergängen und Verwandtſchaften fehlte.
(a) L. 1. de J. et J. (I. 1.).
Publicum jus est quod ad sta-
tum rei Romanae spectat; pri-
vatum quod ad singulorum uti-
litatem. Sunt enim quaedam
publice utilia, quaedam priva-
tim. Vgl. L. 2 § 46. de orig.
jur. (I. 2.).
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