Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. I Wesen und Arten. nen, und aus dieser gegenseitigen Anerkennung entsteht,bey räumlicher Berührung der Individuen, ein Bedürfniß der Ausgleichung, welches zunächst als ein unbestimmtes erscheint, und nur in bestimmter Begränzung seine Befrie- digung finden kann. Diese Befriedigung nun erfolgt, ver- mittelst der Gemeinschaft im Staate, durch positives Recht. Wenn wir hier dem Staat die Gesammtherrschaft über die unfreye Natur innerhalb seiner Gränzen beylegen, so erscheinen die Einzelnen als Theilhaber dieser gemeinsa- men Macht, und die Aufgabe besteht darin, eine bestimmte Regel zu finden, nach welcher die Vertheilung unter die Einzelnen ausgeführt werde. Für eine solche Vertheilung giebt es drey Wege, die nur nicht in einem ausschließen- den Verhältniß zu einander gedacht werden müssen, son- dern vielmehr in gewissem Maaße gleichzeitig zur Anwen- dung kommen können. Wir können diese drey Wege fol- gendergestalt bezeichnen: 1) Gemeingut und Gemeingenuß. Dieses Verhältniß 2) Gemeingut und Privatgenuß. Diese Art der Ver- Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. I Weſen und Arten. nen, und aus dieſer gegenſeitigen Anerkennung entſteht,bey räumlicher Berührung der Individuen, ein Bedürfniß der Ausgleichung, welches zunächſt als ein unbeſtimmtes erſcheint, und nur in beſtimmter Begränzung ſeine Befrie- digung finden kann. Dieſe Befriedigung nun erfolgt, ver- mittelſt der Gemeinſchaft im Staate, durch poſitives Recht. Wenn wir hier dem Staat die Geſammtherrſchaft über die unfreye Natur innerhalb ſeiner Gränzen beylegen, ſo erſcheinen die Einzelnen als Theilhaber dieſer gemeinſa- men Macht, und die Aufgabe beſteht darin, eine beſtimmte Regel zu finden, nach welcher die Vertheilung unter die Einzelnen ausgeführt werde. Für eine ſolche Vertheilung giebt es drey Wege, die nur nicht in einem ausſchließen- den Verhältniß zu einander gedacht werden müſſen, ſon- dern vielmehr in gewiſſem Maaße gleichzeitig zur Anwen- dung kommen können. Wir können dieſe drey Wege fol- gendergeſtalt bezeichnen: 1) Gemeingut und Gemeingenuß. Dieſes Verhältniß 2) Gemeingut und Privatgenuß. Dieſe Art der Ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0424" n="368"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">I</hi> Weſen und Arten.</fw><lb/> nen, und aus dieſer gegenſeitigen Anerkennung entſteht,<lb/> bey räumlicher Berührung der Individuen, ein Bedürfniß<lb/> der Ausgleichung, welches zunächſt als ein unbeſtimmtes<lb/> erſcheint, und nur in beſtimmter Begränzung ſeine Befrie-<lb/> digung finden kann. Dieſe Befriedigung nun erfolgt, ver-<lb/> mittelſt der Gemeinſchaft im Staate, durch poſitives Recht.<lb/> Wenn wir hier dem Staat die Geſammtherrſchaft über<lb/> die unfreye Natur innerhalb ſeiner Gränzen beylegen, ſo<lb/> erſcheinen die Einzelnen als Theilhaber dieſer gemeinſa-<lb/> men Macht, und die Aufgabe beſteht darin, eine beſtimmte<lb/> Regel zu finden, nach welcher die Vertheilung unter die<lb/> Einzelnen ausgeführt werde. Für eine ſolche Vertheilung<lb/> giebt es drey Wege, die nur nicht in einem ausſchließen-<lb/> den Verhältniß zu einander gedacht werden müſſen, ſon-<lb/> dern vielmehr in gewiſſem Maaße gleichzeitig zur Anwen-<lb/> dung kommen können. Wir können dieſe drey Wege fol-<lb/> gendergeſtalt bezeichnen:</p><lb/> <p>1) Gemeingut und Gemeingenuß. Dieſes Verhältniß<lb/> findet ſich bey dem ganzen Staatsvermögen, mag nun<lb/> dieſes im Ertrag von Steuern, Regalien, oder Domänen<lb/> beſtehen, indem die aus dieſem Ertrag erhaltenen öffentli-<lb/> chen Anſtalten in der That von jedem Einzelnen (wenn-<lb/> gleich oft in verſchiedenen Graden) benutzt und genoſ-<lb/> ſen werden.</p><lb/> <p>2) Gemeingut und Privatgenuß. Dieſe Art der Ver-<lb/> theilung (die ſeltenſte) findet ſich bey dem Römiſchen <hi rendition="#aq">ager</hi><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [368/0424]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. I Weſen und Arten.
nen, und aus dieſer gegenſeitigen Anerkennung entſteht,
bey räumlicher Berührung der Individuen, ein Bedürfniß
der Ausgleichung, welches zunächſt als ein unbeſtimmtes
erſcheint, und nur in beſtimmter Begränzung ſeine Befrie-
digung finden kann. Dieſe Befriedigung nun erfolgt, ver-
mittelſt der Gemeinſchaft im Staate, durch poſitives Recht.
Wenn wir hier dem Staat die Geſammtherrſchaft über
die unfreye Natur innerhalb ſeiner Gränzen beylegen, ſo
erſcheinen die Einzelnen als Theilhaber dieſer gemeinſa-
men Macht, und die Aufgabe beſteht darin, eine beſtimmte
Regel zu finden, nach welcher die Vertheilung unter die
Einzelnen ausgeführt werde. Für eine ſolche Vertheilung
giebt es drey Wege, die nur nicht in einem ausſchließen-
den Verhältniß zu einander gedacht werden müſſen, ſon-
dern vielmehr in gewiſſem Maaße gleichzeitig zur Anwen-
dung kommen können. Wir können dieſe drey Wege fol-
gendergeſtalt bezeichnen:
1) Gemeingut und Gemeingenuß. Dieſes Verhältniß
findet ſich bey dem ganzen Staatsvermögen, mag nun
dieſes im Ertrag von Steuern, Regalien, oder Domänen
beſtehen, indem die aus dieſem Ertrag erhaltenen öffentli-
chen Anſtalten in der That von jedem Einzelnen (wenn-
gleich oft in verſchiedenen Graden) benutzt und genoſ-
ſen werden.
2) Gemeingut und Privatgenuß. Dieſe Art der Ver-
theilung (die ſeltenſte) findet ſich bey dem Römiſchen ager
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