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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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§. 55. Familienrecht. Fortsetzung.
wichtig war. Das Wesen desselben bestand in einer erb-
lichen, unauflöslichen obligatio zum Bau eines bestimmten
Bauergutes; es war der servitus verwandt, und doch da-
von wesentlich verschieden (b). Daß dieses Verhältniß im
ersten Buch unsrer Institutionen nicht erwähnt wird, er-
klärt sich nicht aus inneren Gründen, sondern nur aus
der geringeren geistigen Selbstthätigkeit des Justinianischen
Zeitalters. Man begnügte sich die Bücher der klassischen
Zeit etwas zu modificiren, anstatt das lebendige Recht der
Gegenwart selbstthätig darzustellen, wodurch man in den
Kreis der Gegenstände jener Bücher, mit wenigen Aus-
nahmen, gebannt blieb.

Die künstlichen Familienverhältnisse haben übrigens in
den wichtigsten Beziehungen eine ähnliche Beschaffenheit
wie die natürlichen (§ 54); auch sie sind Rechtsverhält-
nisse gegen Jeden, der ihre Anerkennung verweigert, und
auch sie werden durch praejudicia geschützt (c).

Ich habe die Benennung natürlicher und künstlicher
Familienverhältnisse gebraucht, um dadurch diejenigen Theile
des Familienrechts, welche juris naturalis sind, von denen
welche es nicht sind, scharf zu unterscheiden. Zur Ver-
hütung jedes Misverständnisses ist aber zu bemerken, daß
die Römer den von mir als künstlich bezeichneten Instituten
eine sehr verschiedene Natur zugeschrieben haben. Bey der
manus und der mancipii causa konnte nicht verkannt wer-

(b) Savigny über den Rö-
mischen Colonat, Zeitschrift für
geschichtl. Rechtsw. B. 6. Num. IV.
(c) § 13 J. de act. (4. 6.).

§. 55. Familienrecht. Fortſetzung.
wichtig war. Das Weſen deſſelben beſtand in einer erb-
lichen, unauflöslichen obligatio zum Bau eines beſtimmten
Bauergutes; es war der servitus verwandt, und doch da-
von weſentlich verſchieden (b). Daß dieſes Verhältniß im
erſten Buch unſrer Inſtitutionen nicht erwähnt wird, er-
klärt ſich nicht aus inneren Gründen, ſondern nur aus
der geringeren geiſtigen Selbſtthätigkeit des Juſtinianiſchen
Zeitalters. Man begnügte ſich die Bücher der klaſſiſchen
Zeit etwas zu modificiren, anſtatt das lebendige Recht der
Gegenwart ſelbſtthätig darzuſtellen, wodurch man in den
Kreis der Gegenſtände jener Bücher, mit wenigen Aus-
nahmen, gebannt blieb.

Die künſtlichen Familienverhältniſſe haben übrigens in
den wichtigſten Beziehungen eine ähnliche Beſchaffenheit
wie die natürlichen (§ 54); auch ſie ſind Rechtsverhält-
niſſe gegen Jeden, der ihre Anerkennung verweigert, und
auch ſie werden durch praejudicia geſchützt (c).

Ich habe die Benennung natürlicher und künſtlicher
Familienverhältniſſe gebraucht, um dadurch diejenigen Theile
des Familienrechts, welche juris naturalis ſind, von denen
welche es nicht ſind, ſcharf zu unterſcheiden. Zur Ver-
hütung jedes Misverſtändniſſes iſt aber zu bemerken, daß
die Römer den von mir als künſtlich bezeichneten Inſtituten
eine ſehr verſchiedene Natur zugeſchrieben haben. Bey der
manus und der mancipii causa konnte nicht verkannt wer-

(b) Savigny über den Rö-
miſchen Colonat, Zeitſchrift für
geſchichtl. Rechtsw. B. 6. Num. IV.
(c) § 13 J. de act. (4. 6.).
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[363/0419] §. 55. Familienrecht. Fortſetzung. wichtig war. Das Weſen deſſelben beſtand in einer erb- lichen, unauflöslichen obligatio zum Bau eines beſtimmten Bauergutes; es war der servitus verwandt, und doch da- von weſentlich verſchieden (b). Daß dieſes Verhältniß im erſten Buch unſrer Inſtitutionen nicht erwähnt wird, er- klärt ſich nicht aus inneren Gründen, ſondern nur aus der geringeren geiſtigen Selbſtthätigkeit des Juſtinianiſchen Zeitalters. Man begnügte ſich die Bücher der klaſſiſchen Zeit etwas zu modificiren, anſtatt das lebendige Recht der Gegenwart ſelbſtthätig darzuſtellen, wodurch man in den Kreis der Gegenſtände jener Bücher, mit wenigen Aus- nahmen, gebannt blieb. Die künſtlichen Familienverhältniſſe haben übrigens in den wichtigſten Beziehungen eine ähnliche Beſchaffenheit wie die natürlichen (§ 54); auch ſie ſind Rechtsverhält- niſſe gegen Jeden, der ihre Anerkennung verweigert, und auch ſie werden durch praejudicia geſchützt (c). Ich habe die Benennung natürlicher und künſtlicher Familienverhältniſſe gebraucht, um dadurch diejenigen Theile des Familienrechts, welche juris naturalis ſind, von denen welche es nicht ſind, ſcharf zu unterſcheiden. Zur Ver- hütung jedes Misverſtändniſſes iſt aber zu bemerken, daß die Römer den von mir als künſtlich bezeichneten Inſtituten eine ſehr verſchiedene Natur zugeſchrieben haben. Bey der manus und der mancipii causa konnte nicht verkannt wer- (b) Savigny über den Rö- miſchen Colonat, Zeitſchrift für geſchichtl. Rechtsw. B. 6. Num. IV. (c) § 13 J. de act. (4. 6.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/419>, abgerufen am 26.11.2024.