Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.§. 53. Arten. sessorischen Rechtsmittel. Von allen diesen Rechten ist dieUnverletzlichkeit der Person allerdings der letzte Grund; dennoch sind sie nicht als reine Entwicklungen dieser Un- verletzlichkeit anzusehen, vielmehr bilden sie ganz positive Rechtsinstitute, deren besonderer Inhalt von jener Unver- letzlichkeit selbst völlig verschieden ist. Will man sie den- noch als Rechte an der eigenen Person darstellen, so wird durch diese Bezeichnung ihre wahre Natur nur verdunkelt. Nicht einmal die Zusammenstellung derjenigen Rechtsin- stitute, die diesen gemeinsamen Ausgangspunkt haben, kann als fruchtbar und belehrend angesehen werden: es ist hin- reichend, diese ihre Verwandtschaft im Allgemeinen anzu- erkennen (a). (a) Donellus II. 8 § 2. 3 nimmt zweyerley nostrum an: in persona cujusque und in re- bus externis. Zu dem ersten rechnet er Vier Stücke: vita, in- columitas corporis, libertas, existimatio. Die incolumitas animi stehe nicht unter dem Rechtsschutz, weil sie dessen nicht bedürfe. -- Puchta System des gem. Civilrechts München 1832 setzt als erste Klasse aller Rechte die an der eigenen Person, und er rechnet dahin das Recht der Persönlichkeit und den Besitz; un- ter der Persönlichkeit begreift er die Rechtsfähigkeit und die Ehre. Allein die Rechtsfähigkeit ist Be- dingung aller Rechte, des Eigen- thums und der Obligationen nicht minder als der Rechte erster Klasse, wenn man eine solche an- nimmt, z. B. des Besitzes; sie ist also ein Element aller Rechte, und kann keiner Klasse vorzugsweise angehören. Das, was man nach der allgemeinen Bezeichnung zu- nächst erwarten möchte, das Recht über die eigenen Gliedmaaßen, fehlt ganz, und außerdem fehlt sehr vieles Andere, was da seyn müßte, wenn zwischen B. 3 und B. 5. Kap. 5. N. VI. ein wahrer Zusammenhang sichtbar werden sollte. Hieraus erhellt eben die Willkührlichkeit in der Bildung der ersten Klasse von Rechten, welche nun fast blos angenom- men zu seyn scheint, um dem Be- sitz eine angemessene Stellung zu verschaffen. -- Hegel Naturrecht § 70 und Zusatz zu § 70 spricht 22
§. 53. Arten. ſeſſoriſchen Rechtsmittel. Von allen dieſen Rechten iſt dieUnverletzlichkeit der Perſon allerdings der letzte Grund; dennoch ſind ſie nicht als reine Entwicklungen dieſer Un- verletzlichkeit anzuſehen, vielmehr bilden ſie ganz poſitive Rechtsinſtitute, deren beſonderer Inhalt von jener Unver- letzlichkeit ſelbſt völlig verſchieden iſt. Will man ſie den- noch als Rechte an der eigenen Perſon darſtellen, ſo wird durch dieſe Bezeichnung ihre wahre Natur nur verdunkelt. Nicht einmal die Zuſammenſtellung derjenigen Rechtsin- ſtitute, die dieſen gemeinſamen Ausgangspunkt haben, kann als fruchtbar und belehrend angeſehen werden: es iſt hin- reichend, dieſe ihre Verwandtſchaft im Allgemeinen anzu- erkennen (a). (a) Donellus II. 8 § 2. 3 nimmt zweyerley nostrum an: in persona cujusque und in re- bus externis. Zu dem erſten rechnet er Vier Stücke: vita, in- columitas corporis, libertas, existimatio. Die incolumitas animi ſtehe nicht unter dem Rechtsſchutz, weil ſie deſſen nicht bedürfe. — Puchta Syſtem des gem. Civilrechts München 1832 ſetzt als erſte Klaſſe aller Rechte die an der eigenen Perſon, und er rechnet dahin das Recht der Perſönlichkeit und den Beſitz; un- ter der Perſönlichkeit begreift er die Rechtsfähigkeit und die Ehre. Allein die Rechtsfähigkeit iſt Be- dingung aller Rechte, des Eigen- thums und der Obligationen nicht minder als der Rechte erſter Klaſſe, wenn man eine ſolche an- nimmt, z. B. des Beſitzes; ſie iſt alſo ein Element aller Rechte, und kann keiner Klaſſe vorzugsweiſe angehören. Das, was man nach der allgemeinen Bezeichnung zu- nächſt erwarten möchte, das Recht über die eigenen Gliedmaaßen, fehlt ganz, und außerdem fehlt ſehr vieles Andere, was da ſeyn müßte, wenn zwiſchen B. 3 und B. 5. Kap. 5. N. VI. ein wahrer Zuſammenhang ſichtbar werden ſollte. Hieraus erhellt eben die Willkührlichkeit in der Bildung der erſten Klaſſe von Rechten, welche nun faſt blos angenom- men zu ſeyn ſcheint, um dem Be- ſitz eine angemeſſene Stellung zu verſchaffen. — Hegel Naturrecht § 70 und Zuſatz zu § 70 ſpricht 22
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dennoch ſind ſie nicht als reine Entwicklungen dieſer Un-
verletzlichkeit anzuſehen, vielmehr bilden ſie ganz poſitive
Rechtsinſtitute, deren beſonderer Inhalt von jener Unver-
letzlichkeit ſelbſt völlig verſchieden iſt. Will man ſie den-
noch als Rechte an der eigenen Perſon darſtellen, ſo wird
durch dieſe Bezeichnung ihre wahre Natur nur verdunkelt.
Nicht einmal die Zuſammenſtellung derjenigen Rechtsin-
ſtitute, die dieſen gemeinſamen Ausgangspunkt haben, kann
als fruchtbar und belehrend angeſehen werden: es iſt hin-
reichend, dieſe ihre Verwandtſchaft im Allgemeinen anzu-
erkennen (a).
(a) Donellus II. 8 § 2. 3
nimmt zweyerley nostrum an:
in persona cujusque und in re-
bus externis. Zu dem erſten
rechnet er Vier Stücke: vita, in-
columitas corporis, libertas,
existimatio. Die incolumitas
animi ſtehe nicht unter dem
Rechtsſchutz, weil ſie deſſen nicht
bedürfe. — Puchta Syſtem des
gem. Civilrechts München 1832
ſetzt als erſte Klaſſe aller Rechte
die an der eigenen Perſon, und
er rechnet dahin das Recht der
Perſönlichkeit und den Beſitz; un-
ter der Perſönlichkeit begreift er
die Rechtsfähigkeit und die Ehre.
Allein die Rechtsfähigkeit iſt Be-
dingung aller Rechte, des Eigen-
thums und der Obligationen nicht
minder als der Rechte erſter
Klaſſe, wenn man eine ſolche an-
nimmt, z. B. des Beſitzes; ſie iſt
alſo ein Element aller Rechte, und
kann keiner Klaſſe vorzugsweiſe
angehören. Das, was man nach
der allgemeinen Bezeichnung zu-
nächſt erwarten möchte, das Recht
über die eigenen Gliedmaaßen,
fehlt ganz, und außerdem fehlt
ſehr vieles Andere, was da ſeyn
müßte, wenn zwiſchen B. 3 und
B. 5. Kap. 5. N. VI. ein wahrer
Zuſammenhang ſichtbar werden
ſollte. Hieraus erhellt eben die
Willkührlichkeit in der Bildung
der erſten Klaſſe von Rechten,
welche nun faſt blos angenom-
men zu ſeyn ſcheint, um dem Be-
ſitz eine angemeſſene Stellung zu
verſchaffen. — Hegel Naturrecht
§ 70 und Zuſatz zu § 70 ſpricht
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