Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.§. 45. Rechtsquellen als Ganzes. Widerspruch. Fortsetzung. folgende Fälle mit hinreichender Sicherheit feststellen las-sen. Zuweilen ist augenscheinlich eine Übereilung bey der Abfassung der Institutionen begangen worden, etwa da- durch veranlaßt, daß man in die Institutionen des Gajus die Stelle eines andern Juristen ungeschickt eingefügt hat: dann sind unbedenklich die Institutionen nachzusetzen (d). Manche andere Stelle der Institutionen enthält gerade (d) Ein ganz unzweifelhafter
Fall dieser Art ist in der ersten Beylage dieses Bandes nachge- wiesen worden: jedoch hat dieser keinen Satz des praktischen Rechts zum Gegenstand. -- Eben so ist § 16 J. de L. Aquilia (4. 3.) zusammengesetzt aus Gajus III. 219, und der Stelle des Ulpia- nus ad ed., die wir als L. 7 § 7 de dolo (4. 3.) besitzen. Durch die Zusammenfügung aber ent- steht der Schein, als könnte in Fällen wie dieser letzte die a. uti- lis L. Aquiliae nicht gelten, da sie doch in L. 27 § 19. 20. 21 ad L. Aquil. (9. 2.) zugelassen wird. -- In § 3 J. de emt. (3. 24.) wird gesagt, für die custodia eines Sklaven sey der Verkäufer nur durch besonderes Versprechen verpflichtet, außerdem nicht Das hängt damit zusammen, daß Skla- ven auch bey anderen Rechtsge- schäften nicht custodirt zu werden brauchten. L. 5 § 6. 13 commod. (13. 6.). Nun setzt aber der an- geführte § der Institutionen, nach Erwähnung des Sklaven, noch hinzu: "Idem et in ceteris ani- malibus ceterisque rebus intel- ligimus." Durch diesen Zusatz wollten die Compilatoren sagen, es sey in der zuerst vorgetrage- nen Regel (die sie ohne Zweifel wörtlich aus einem alten Juri- sten entnommen hatten) nur zu- fällig ein Sklave genannt, wo- durch also der Satz noch prakti- scher werden sollte: sie übersahen aber dabey, daß es nicht zufällig war, sondern daß in der That bey anderen beweglichen Sachen die entgegengesetzte Regel gilt, und zwar aus gutem Grunde. L. 35 § 4 de contr. emt. (18. 1.). L. 3 L. 4 § 1. 2 de peric. (18. 6.). -- Der § 39 J. de action. (4. 6.) läßt die Compensation nur zu für das "quod invicem actorem ex eadem causa praestare opor- tet." Diese Beschränkung paßt nicht zu dem gesammten übrigen Justinianischen Recht, und na- mentlich nicht zu § 30 J. eod. Sie war schon aufgegeben zur Zeit des Paulus Paul, II 5 § 3. Ja sie konnte nicht mehr fort- dauern seitdem Marc Aurel die Compensation auf die (stets ein- seitige) Stipulationsklage ange- wendet hatte. § 30 J. cit. Wir §. 45. Rechtsquellen als Ganzes. Widerſpruch. Fortſetzung. folgende Fälle mit hinreichender Sicherheit feſtſtellen laſ-ſen. Zuweilen iſt augenſcheinlich eine Übereilung bey der Abfaſſung der Inſtitutionen begangen worden, etwa da- durch veranlaßt, daß man in die Inſtitutionen des Gajus die Stelle eines andern Juriſten ungeſchickt eingefügt hat: dann ſind unbedenklich die Inſtitutionen nachzuſetzen (d). Manche andere Stelle der Inſtitutionen enthält gerade (d) Ein ganz unzweifelhafter
Fall dieſer Art iſt in der erſten Beylage dieſes Bandes nachge- wieſen worden: jedoch hat dieſer keinen Satz des praktiſchen Rechts zum Gegenſtand. — Eben ſo iſt § 16 J. de L. Aquilia (4. 3.) zuſammengeſetzt aus Gajus III. 219, und der Stelle des Ulpia- nus ad ed., die wir als L. 7 § 7 de dolo (4. 3.) beſitzen. Durch die Zuſammenfügung aber ent- ſteht der Schein, als könnte in Fällen wie dieſer letzte die a. uti- lis L. Aquiliae nicht gelten, da ſie doch in L. 27 § 19. 20. 21 ad L. Aquil. (9. 2.) zugelaſſen wird. — In § 3 J. de emt. (3. 24.) wird geſagt, für die custodia eines Sklaven ſey der Verkäufer nur durch beſonderes Verſprechen verpflichtet, außerdem nicht Das hängt damit zuſammen, daß Skla- ven auch bey anderen Rechtsge- ſchäften nicht cuſtodirt zu werden brauchten. L. 5 § 6. 13 commod. (13. 6.). Nun ſetzt aber der an- geführte § der Inſtitutionen, nach Erwähnung des Sklaven, noch hinzu: „Idem et in ceteris ani- malibus ceterisque rebus intel- ligimus.” Durch dieſen Zuſatz wollten die Compilatoren ſagen, es ſey in der zuerſt vorgetrage- nen Regel (die ſie ohne Zweifel wörtlich aus einem alten Juri- ſten entnommen hatten) nur zu- fällig ein Sklave genannt, wo- durch alſo der Satz noch prakti- ſcher werden ſollte: ſie überſahen aber dabey, daß es nicht zufällig war, ſondern daß in der That bey anderen beweglichen Sachen die entgegengeſetzte Regel gilt, und zwar aus gutem Grunde. L. 35 § 4 de contr. emt. (18. 1.). L. 3 L. 4 § 1. 2 de peric. (18. 6.). — Der § 39 J. de action. (4. 6.) läßt die Compenſation nur zu für das „quod invicem actorem ex eadem causa praestare opor- tet.” Dieſe Beſchränkung paßt nicht zu dem geſammten übrigen Juſtinianiſchen Recht, und na- mentlich nicht zu § 30 J. eod. Sie war ſchon aufgegeben zur Zeit des Paulus Paul, II 5 § 3. Ja ſie konnte nicht mehr fort- dauern ſeitdem Marc Aurel die Compenſation auf die (ſtets ein- ſeitige) Stipulationsklage ange- wendet hatte. § 30 J. cit. Wir <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0341" n="285"/><fw place="top" type="header">§. 45. Rechtsquellen als Ganzes. Widerſpruch. Fortſetzung.</fw><lb/> folgende Fälle mit hinreichender Sicherheit feſtſtellen laſ-<lb/> ſen. 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folgende Fälle mit hinreichender Sicherheit feſtſtellen laſ-
ſen. Zuweilen iſt augenſcheinlich eine Übereilung bey der
Abfaſſung der Inſtitutionen begangen worden, etwa da-
durch veranlaßt, daß man in die Inſtitutionen des Gajus
die Stelle eines andern Juriſten ungeſchickt eingefügt hat:
dann ſind unbedenklich die Inſtitutionen nachzuſetzen (d).
Manche andere Stelle der Inſtitutionen enthält gerade
(d) Ein ganz unzweifelhafter
Fall dieſer Art iſt in der erſten
Beylage dieſes Bandes nachge-
wieſen worden: jedoch hat dieſer
keinen Satz des praktiſchen Rechts
zum Gegenſtand. — Eben ſo iſt
§ 16 J. de L. Aquilia (4. 3.)
zuſammengeſetzt aus Gajus III.
219, und der Stelle des Ulpia-
nus ad ed., die wir als L. 7
§ 7 de dolo (4. 3.) beſitzen. Durch
die Zuſammenfügung aber ent-
ſteht der Schein, als könnte in
Fällen wie dieſer letzte die a. uti-
lis L. Aquiliae nicht gelten, da
ſie doch in L. 27 § 19. 20. 21 ad
L. Aquil. (9. 2.) zugelaſſen wird.
— In § 3 J. de emt. (3. 24.)
wird geſagt, für die custodia
eines Sklaven ſey der Verkäufer
nur durch beſonderes Verſprechen
verpflichtet, außerdem nicht Das
hängt damit zuſammen, daß Skla-
ven auch bey anderen Rechtsge-
ſchäften nicht cuſtodirt zu werden
brauchten. L. 5 § 6. 13 commod.
(13. 6.). Nun ſetzt aber der an-
geführte § der Inſtitutionen, nach
Erwähnung des Sklaven, noch
hinzu: „Idem et in ceteris ani-
malibus ceterisque rebus intel-
ligimus.” Durch dieſen Zuſatz
wollten die Compilatoren ſagen,
es ſey in der zuerſt vorgetrage-
nen Regel (die ſie ohne Zweifel
wörtlich aus einem alten Juri-
ſten entnommen hatten) nur zu-
fällig ein Sklave genannt, wo-
durch alſo der Satz noch prakti-
ſcher werden ſollte: ſie überſahen
aber dabey, daß es nicht zufällig
war, ſondern daß in der That
bey anderen beweglichen Sachen
die entgegengeſetzte Regel gilt,
und zwar aus gutem Grunde.
L. 35 § 4 de contr. emt. (18. 1.).
L. 3 L. 4 § 1. 2 de peric. (18. 6.).
— Der § 39 J. de action. (4. 6.)
läßt die Compenſation nur zu für
das „quod invicem actorem ex
eadem causa praestare opor-
tet.” Dieſe Beſchränkung paßt
nicht zu dem geſammten übrigen
Juſtinianiſchen Recht, und na-
mentlich nicht zu § 30 J. eod.
Sie war ſchon aufgegeben zur
Zeit des Paulus Paul, II 5 § 3.
Ja ſie konnte nicht mehr fort-
dauern ſeitdem Marc Aurel die
Compenſation auf die (ſtets ein-
ſeitige) Stipulationsklage ange-
wendet hatte. § 30 J. cit. Wir
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Zitationshilfe: | Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/341>, abgerufen am 16.07.2024. |