Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.§. 37. Mangelhafte Gesetze. Unrichtiger Ausdruck. des Gesetzes von diesem seinem generellen Grunde vieleentgegenwirkende Mittelglieder gedacht werden können, durch die der Gesetzgeber selbst bey deutlicher Einsicht in das ganze Verhältniß, dennoch abgehalten werden mochte, dem Gesetze die von uns verlangte Modification zu geben (§ 34). Wenn wir nicht selten Auslegungen dieser Art bey den Römischen Juristen finden, so können uns diese hierin nicht als Muster dienen, da die Römer, wie sich unten zeigen wird, Auslegung und Fortbildung nicht scharf unterschieden haben (q). Dahin gehört unter andern auch die Regel, daß in jedes blos verbietende Gesetz stets die Nichtigkeit des darin verbotenen Rechtsgeschäfts hinein gedacht werden müsse (r). Wollten wir dieses als eine für unsre Auslegung gültige Regel betrachten, so würde es mit der eben aufgestellten Behauptung im Widerspruch stehen, da hier dem Ausdruck des bloßen Verbots, aus dem generellen Grunde der Zweckmäßigkeit und Wirksam- keit, eine große Ausdehnung beygelegt würde. Es ist aber in der That jene Vorschrift ein ganz positives Ge- setz, und, in Verbindung gedacht mit anderen, ein bloßes Verbot aussprechenden Stellen unsrer Rechtsbücher, eine authentische Auslegung dieser Stellen selbst: also nicht An- weisung und Muster für unsere eigene Auslegung. (q) Beyspiele dieser Art finde ich in folgenden Stellen: L. 40 pr. de her. pet. (5. 3.), L. 2 § 1. 3 ad Sc. Vell. (16. 1.), L. 1 § 6 de aedil. ed. (21. 1.), L. 15. L. 6 § 2 de j. patr. (37. 14.), L. 2 pr. § 1 de cust. (48. 3.). -- Vgl. unten § 47 und § 50 am Ende. (r) L. 5 C. de leg. (1. 14.).
§. 37. Mangelhafte Geſetze. Unrichtiger Ausdruck. des Geſetzes von dieſem ſeinem generellen Grunde vieleentgegenwirkende Mittelglieder gedacht werden können, durch die der Geſetzgeber ſelbſt bey deutlicher Einſicht in das ganze Verhältniß, dennoch abgehalten werden mochte, dem Geſetze die von uns verlangte Modification zu geben (§ 34). Wenn wir nicht ſelten Auslegungen dieſer Art bey den Römiſchen Juriſten finden, ſo können uns dieſe hierin nicht als Muſter dienen, da die Römer, wie ſich unten zeigen wird, Auslegung und Fortbildung nicht ſcharf unterſchieden haben (q). Dahin gehört unter andern auch die Regel, daß in jedes blos verbietende Geſetz ſtets die Nichtigkeit des darin verbotenen Rechtsgeſchäfts hinein gedacht werden müſſe (r). Wollten wir dieſes als eine für unſre Auslegung gültige Regel betrachten, ſo würde es mit der eben aufgeſtellten Behauptung im Widerſpruch ſtehen, da hier dem Ausdruck des bloßen Verbots, aus dem generellen Grunde der Zweckmäßigkeit und Wirkſam- keit, eine große Ausdehnung beygelegt würde. Es iſt aber in der That jene Vorſchrift ein ganz poſitives Ge- ſetz, und, in Verbindung gedacht mit anderen, ein bloßes Verbot ausſprechenden Stellen unſrer Rechtsbücher, eine authentiſche Auslegung dieſer Stellen ſelbſt: alſo nicht An- weiſung und Muſter für unſere eigene Auslegung. (q) Beyſpiele dieſer Art finde ich in folgenden Stellen: L. 40 pr. de her. pet. (5. 3.), L. 2 § 1. 3 ad Sc. Vell. (16. 1.), L. 1 § 6 de aedil. ed. (21. 1.), L. 15. L. 6 § 2 de j. patr. (37. 14.), L. 2 pr. § 1 de cust. (48. 3.). — Vgl. unten § 47 und § 50 am Ende. (r) L. 5 C. de leg. (1. 14.).
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§. 37. Mangelhafte Geſetze. Unrichtiger Ausdruck.
des Geſetzes von dieſem ſeinem generellen Grunde viele
entgegenwirkende Mittelglieder gedacht werden können,
durch die der Geſetzgeber ſelbſt bey deutlicher Einſicht in
das ganze Verhältniß, dennoch abgehalten werden mochte,
dem Geſetze die von uns verlangte Modification zu geben
(§ 34). Wenn wir nicht ſelten Auslegungen dieſer Art
bey den Römiſchen Juriſten finden, ſo können uns dieſe
hierin nicht als Muſter dienen, da die Römer, wie ſich
unten zeigen wird, Auslegung und Fortbildung nicht ſcharf
unterſchieden haben (q). Dahin gehört unter andern auch
die Regel, daß in jedes blos verbietende Geſetz ſtets die
Nichtigkeit des darin verbotenen Rechtsgeſchäfts hinein
gedacht werden müſſe (r). Wollten wir dieſes als eine
für unſre Auslegung gültige Regel betrachten, ſo würde
es mit der eben aufgeſtellten Behauptung im Widerſpruch
ſtehen, da hier dem Ausdruck des bloßen Verbots, aus
dem generellen Grunde der Zweckmäßigkeit und Wirkſam-
keit, eine große Ausdehnung beygelegt würde. Es iſt
aber in der That jene Vorſchrift ein ganz poſitives Ge-
ſetz, und, in Verbindung gedacht mit anderen, ein bloßes
Verbot ausſprechenden Stellen unſrer Rechtsbücher, eine
authentiſche Auslegung dieſer Stellen ſelbſt: alſo nicht An-
weiſung und Muſter für unſere eigene Auslegung.
(q) Beyſpiele dieſer Art finde
ich in folgenden Stellen: L. 40
pr. de her. pet. (5. 3.), L. 2
§ 1. 3 ad Sc. Vell. (16. 1.), L.
1 § 6 de aedil. ed. (21. 1.), L.
15. L. 6 § 2 de j. patr. (37. 14.),
L. 2 pr. § 1 de cust. (48. 3.). —
Vgl. unten § 47 und § 50 am
Ende.
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