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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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Buch I. Quellen. Kap. IV. Auslegung der Gesetze.
war jeder Zweifel über künftige Kinder unbedingt geho-
ben, und nun wurde die Ehe, vermittelst einer einschrän-
kenden Auslegung des Edicts, zugelassen. Auf der andern
Seite kamen Fälle vor, worin gar keine Trauer für den
Verstorbenen, also auch keine Trauerzeit, statt fand; den-
noch war die Ehe verboten, und das Edict wurde hier
ausdehnend ausgelegt (i). -- Die actio ad exhibendum
hat jeder bey der Exhibition Interessirte (cujus interest),
und wahrscheinlich stand dieses so in dem Edict. Dieser
Ausdruck paßte auf Jeden, dem es Vortheil bringen
konnte, eine Sache zu sehen. Allein der anerkannte Zweck
ging dahin, Rechtsansprüche von der Hemmung zu be-
freyen, die ihnen aus den zufälligen und räumlichen Ver-
hältnissen einer Sache entstehen konnte. Daher wurde
jener Ausdruck durch Auslegung auf dasjenige Interesse
eingeschränkt, welches mit einem Rechtsanspruch in
Verbindung steht (k). -- Die zwölf Tafeln forderten für
die Usucapion zwey Jahre Besitz bey dem fundus, ein
Jahr bey allen anderen Sachen. Wohin sollten nun Häu-
ser gehören? Wörtlich waren sie freylich nicht unter dem
Ausdruck fundus enthalten. Da aber die Usucapion alle
Sachen überhaupt umfaßte, und da zu diesem Zweck alle
Sachen in zwey große Massen abgetheilt werden sollten,
so war ohne Zweifel die Meynung des Gesetzes, alle un-
bewegliche Sachen wegen ihrer völligen Gleichartigkeit

(i) L. 1 L. 11 § 1. 2. 3 de his qui not. (3. 2.).
(k) L. 19 ad exhib. (10. 4.).

Buch I. Quellen. Kap. IV. Auslegung der Geſetze.
war jeder Zweifel über künftige Kinder unbedingt geho-
ben, und nun wurde die Ehe, vermittelſt einer einſchrän-
kenden Auslegung des Edicts, zugelaſſen. Auf der andern
Seite kamen Fälle vor, worin gar keine Trauer für den
Verſtorbenen, alſo auch keine Trauerzeit, ſtatt fand; den-
noch war die Ehe verboten, und das Edict wurde hier
ausdehnend ausgelegt (i). — Die actio ad exhibendum
hat jeder bey der Exhibition Intereſſirte (cujus interest),
und wahrſcheinlich ſtand dieſes ſo in dem Edict. Dieſer
Ausdruck paßte auf Jeden, dem es Vortheil bringen
konnte, eine Sache zu ſehen. Allein der anerkannte Zweck
ging dahin, Rechtsanſprüche von der Hemmung zu be-
freyen, die ihnen aus den zufälligen und räumlichen Ver-
hältniſſen einer Sache entſtehen konnte. Daher wurde
jener Ausdruck durch Auslegung auf dasjenige Intereſſe
eingeſchränkt, welches mit einem Rechtsanſpruch in
Verbindung ſteht (k). — Die zwölf Tafeln forderten für
die Uſucapion zwey Jahre Beſitz bey dem fundus, ein
Jahr bey allen anderen Sachen. Wohin ſollten nun Häu-
ſer gehören? Wörtlich waren ſie freylich nicht unter dem
Ausdruck fundus enthalten. Da aber die Uſucapion alle
Sachen überhaupt umfaßte, und da zu dieſem Zweck alle
Sachen in zwey große Maſſen abgetheilt werden ſollten,
ſo war ohne Zweifel die Meynung des Geſetzes, alle un-
bewegliche Sachen wegen ihrer völligen Gleichartigkeit

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(k) L. 19 ad exhib. (10. 4.).
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[236/0292] Buch I. Quellen. Kap. IV. Auslegung der Geſetze. war jeder Zweifel über künftige Kinder unbedingt geho- ben, und nun wurde die Ehe, vermittelſt einer einſchrän- kenden Auslegung des Edicts, zugelaſſen. Auf der andern Seite kamen Fälle vor, worin gar keine Trauer für den Verſtorbenen, alſo auch keine Trauerzeit, ſtatt fand; den- noch war die Ehe verboten, und das Edict wurde hier ausdehnend ausgelegt (i). — Die actio ad exhibendum hat jeder bey der Exhibition Intereſſirte (cujus interest), und wahrſcheinlich ſtand dieſes ſo in dem Edict. Dieſer Ausdruck paßte auf Jeden, dem es Vortheil bringen konnte, eine Sache zu ſehen. Allein der anerkannte Zweck ging dahin, Rechtsanſprüche von der Hemmung zu be- freyen, die ihnen aus den zufälligen und räumlichen Ver- hältniſſen einer Sache entſtehen konnte. Daher wurde jener Ausdruck durch Auslegung auf dasjenige Intereſſe eingeſchränkt, welches mit einem Rechtsanſpruch in Verbindung ſteht (k). — Die zwölf Tafeln forderten für die Uſucapion zwey Jahre Beſitz bey dem fundus, ein Jahr bey allen anderen Sachen. Wohin ſollten nun Häu- ſer gehören? Wörtlich waren ſie freylich nicht unter dem Ausdruck fundus enthalten. Da aber die Uſucapion alle Sachen überhaupt umfaßte, und da zu dieſem Zweck alle Sachen in zwey große Maſſen abgetheilt werden ſollten, ſo war ohne Zweifel die Meynung des Geſetzes, alle un- bewegliche Sachen wegen ihrer völligen Gleichartigkeit (i) L. 1 L. 11 § 1. 2. 3 de his qui not. (3. 2.). (k) L. 19 ad exhib. (10. 4.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/292>, abgerufen am 22.11.2024.