Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. wachsen mußte, als zu dem Zutrauen in die Geschäftser-fahrung auch noch das Übergewicht wissenschaftlicher Bil- dung hinzutrat, ist augenscheinlich. August erhöhte und modificirte diesen Einfluß, indem Die privilegirten Gutachten werden von Gajus als (b) Gajus I § 7, § 8 J. de j.
nat. (1. 2.). -- L. 2 § 47 de orig. jur. (1. 2.). -- Ich unter- scheide also die Responsa, d. h. die Gutachten jetzt lebender, und zwar autorisirter Juristen über einen einzelnen, ihnen vorgeleg- ten Rechtsstreit, von den Mey- nungen der gegenwärtigen und früheren Schriftsteller, das heißt der gesammten juristischen Lite- ratur. Der Einfluß der Re- sponsa, wie ein Gesetz den Rich- ter bindend, war etwas ganz Positives und wird auch in den angeführten Stellen so darge- stellt. Der Einfluß der Literatur war etwas Natürliches, aber auch Unbestimmtes, und kein Richter war daran gebunden. Gajus spricht von dem ersten, ganz po- sitiven Einfluß, ohne damit den zweyten ausschließen zu wollen. Hugo Rgesch. S. 811 ed. 11 erklärt die angeführten Stellen von dem zweyten Einfluß, und negirt (oder bezweifelt wenigstens) den ersten. Das scheint mir aber schon mit dem speciellen Aus- druck Responsa ganz unverein- bar. Doch die Ausführung dieser Streitfrage gehört nicht hierher. Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. wachſen mußte, als zu dem Zutrauen in die Geſchäftser-fahrung auch noch das Übergewicht wiſſenſchaftlicher Bil- dung hinzutrat, iſt augenſcheinlich. Auguſt erhöhte und modificirte dieſen Einfluß, indem Die privilegirten Gutachten werden von Gajus als (b) Gajus I § 7, § 8 J. de j.
nat. (1. 2.). — L. 2 § 47 de orig. jur. (1. 2.). — Ich unter- ſcheide alſo die Responsa, d. h. die Gutachten jetzt lebender, und zwar autoriſirter Juriſten über einen einzelnen, ihnen vorgeleg- ten Rechtsſtreit, von den Mey- nungen der gegenwärtigen und früheren Schriftſteller, das heißt der geſammten juriſtiſchen Lite- ratur. Der Einfluß der Re- sponsa, wie ein Geſetz den Rich- ter bindend, war etwas ganz Poſitives und wird auch in den angeführten Stellen ſo darge- ſtellt. Der Einfluß der Literatur war etwas Natürliches, aber auch Unbeſtimmtes, und kein Richter war daran gebunden. Gajus ſpricht von dem erſten, ganz po- ſitiven Einfluß, ohne damit den zweyten ausſchließen zu wollen. Hugo Rgeſch. S. 811 ed. 11 erklärt die angeführten Stellen von dem zweyten Einfluß, und negirt (oder bezweifelt wenigſtens) den erſten. Das ſcheint mir aber ſchon mit dem ſpeciellen Aus- druck Responsa ganz unverein- bar. Doch die Ausführung dieſer Streitfrage gehört nicht hierher. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0212" n="156"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">I.</hi> Quellen. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Quellen des heutigen R. R.</fw><lb/> wachſen mußte, als zu dem Zutrauen in die Geſchäftser-<lb/> fahrung auch noch das Übergewicht wiſſenſchaftlicher Bil-<lb/> dung hinzutrat, iſt augenſcheinlich.</p><lb/> <p>Auguſt erhöhte und modificirte dieſen Einfluß, indem<lb/> er einzelnen bewährten Juriſten das Recht zu Gutachten<lb/> ertheilte, die von den Richtern wie Geſetze (<hi rendition="#aq">legis vice</hi>)<lb/> befolgt werden mußten, ſo lange nicht entgegenſtehende<lb/> Gutachten gleichfalls autoriſirter Juriſten vorgebracht wür-<lb/> den <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> I § 7, § 8 <hi rendition="#i">J. de j.<lb/> nat.</hi> (1. 2.). — <hi rendition="#i">L.</hi> 2 § 47 <hi rendition="#i">de<lb/> orig. jur.</hi></hi> (1. 2.). — Ich unter-<lb/> ſcheide alſo die <hi rendition="#aq">Responsa,</hi> d. h.<lb/> die Gutachten jetzt lebender, und<lb/> zwar autoriſirter Juriſten über<lb/> einen einzelnen, ihnen vorgeleg-<lb/> ten Rechtsſtreit, von den Mey-<lb/> nungen der gegenwärtigen und<lb/> früheren Schriftſteller, das heißt<lb/> der geſammten juriſtiſchen Lite-<lb/> ratur. Der Einfluß der <hi rendition="#aq">Re-<lb/> sponsa,</hi> wie ein Geſetz den Rich-<lb/> ter bindend, war etwas ganz<lb/> Poſitives und wird auch in den<lb/> angeführten Stellen ſo darge-<lb/> ſtellt. Der Einfluß der Literatur<lb/> war etwas Natürliches, aber auch<lb/> Unbeſtimmtes, und kein Richter<lb/> war daran gebunden. Gajus<lb/> ſpricht von dem erſten, ganz po-<lb/> ſitiven Einfluß, ohne damit den<lb/> zweyten ausſchließen zu wollen.<lb/><hi rendition="#g">Hugo</hi> Rgeſch. S. 811 <hi rendition="#aq">ed.</hi> 11<lb/> erklärt die angeführten Stellen<lb/> von dem zweyten Einfluß, und<lb/> negirt (oder bezweifelt wenigſtens)<lb/> den erſten. Das ſcheint mir aber<lb/> ſchon mit dem ſpeciellen Aus-<lb/> druck <hi rendition="#aq">Responsa</hi> ganz unverein-<lb/> bar. Doch die Ausführung dieſer<lb/> Streitfrage gehört nicht hierher.</note>. Daneben dauerte die allgemeine, unbeſtimmte<lb/> Autorität der juriſtiſchen Lehrer und Schriftſteller fort,<lb/> welche jedoch nicht <hi rendition="#aq">legis vicem</hi> hatte, ſondern auf jeden<lb/> Richter nur durch ihre innere, geiſtige Kraft einwirkte,<lb/> wenn etwa in einem Rechtsſtreit entweder gar keine, oder<lb/> widerſprechende Gutachten vorgebracht waren.</p><lb/> <p>Die privilegirten Gutachten werden von Gajus als<lb/> eine noch beſtehende Anſtalt erwähnt. Sie haben wahr-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [156/0212]
Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
wachſen mußte, als zu dem Zutrauen in die Geſchäftser-
fahrung auch noch das Übergewicht wiſſenſchaftlicher Bil-
dung hinzutrat, iſt augenſcheinlich.
Auguſt erhöhte und modificirte dieſen Einfluß, indem
er einzelnen bewährten Juriſten das Recht zu Gutachten
ertheilte, die von den Richtern wie Geſetze (legis vice)
befolgt werden mußten, ſo lange nicht entgegenſtehende
Gutachten gleichfalls autoriſirter Juriſten vorgebracht wür-
den (b). Daneben dauerte die allgemeine, unbeſtimmte
Autorität der juriſtiſchen Lehrer und Schriftſteller fort,
welche jedoch nicht legis vicem hatte, ſondern auf jeden
Richter nur durch ihre innere, geiſtige Kraft einwirkte,
wenn etwa in einem Rechtsſtreit entweder gar keine, oder
widerſprechende Gutachten vorgebracht waren.
Die privilegirten Gutachten werden von Gajus als
eine noch beſtehende Anſtalt erwähnt. Sie haben wahr-
(b) Gajus I § 7, § 8 J. de j.
nat. (1. 2.). — L. 2 § 47 de
orig. jur. (1. 2.). — Ich unter-
ſcheide alſo die Responsa, d. h.
die Gutachten jetzt lebender, und
zwar autoriſirter Juriſten über
einen einzelnen, ihnen vorgeleg-
ten Rechtsſtreit, von den Mey-
nungen der gegenwärtigen und
früheren Schriftſteller, das heißt
der geſammten juriſtiſchen Lite-
ratur. Der Einfluß der Re-
sponsa, wie ein Geſetz den Rich-
ter bindend, war etwas ganz
Poſitives und wird auch in den
angeführten Stellen ſo darge-
ſtellt. Der Einfluß der Literatur
war etwas Natürliches, aber auch
Unbeſtimmtes, und kein Richter
war daran gebunden. Gajus
ſpricht von dem erſten, ganz po-
ſitiven Einfluß, ohne damit den
zweyten ausſchließen zu wollen.
Hugo Rgeſch. S. 811 ed. 11
erklärt die angeführten Stellen
von dem zweyten Einfluß, und
negirt (oder bezweifelt wenigſtens)
den erſten. Das ſcheint mir aber
ſchon mit dem ſpeciellen Aus-
druck Responsa ganz unverein-
bar. Doch die Ausführung dieſer
Streitfrage gehört nicht hierher.
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