Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.§. 21. Aussprüche der Römer über die Gesetze. Fortsetzung. besonderen Prozeßform ausgebildeten Anwendung vor, daein Richter den Kaiser bittet, ihm das auszusprechende Urtheil vorzuschreiben (relatio, consultatio). Hier erscheint der Kaiser nicht selbst als Richter, sondern als Urtheils- fasser für einen andern Richter, ganz wie unsre Juristen- facultäten bey der Actenversendung. Daher wird eine solche Verfügung und die Rescripte nicht unter die De- crete gerechnet. Justinian hat diese Consultationen ver- boten, was jedoch nicht so unbedingt verstanden werden darf, als es nach den Worten scheinen könnte (i). 2. Die in ihnen enthaltene Regel ist bald mit der ein- (i) Über die Consultationen vgl. überhaupt Hollweg Civil- prozeß I § 10. -- Die Aufhebung derselben ist enthalten in der Nov. 125 vom J. 544. Daß diese Aufhebung nicht unbedingt gelten sollte, kann erst in der Lehre von der Auslegung der Gesetze § 48 gezeigt werden. Außerdem aber versteht es sich von selbst, daß wenn ein Richter, trotz des Ver- bots dennoch anfragte, und der Kaiser sich zu einer Antwort ent- schloß, der Richter daran so gut als vor der Nov. 125 gebunden war. Eben so wenn der Kaiser aus eigener Bewegung oder auf Bitte einer Partey, ein Rescript an den Richter erließ. Die Wirkung der Rescripte auf einen einzelnen Rechtsstreit war also jetzt zwar beschränkt worden, aber keinesweges ganz aufgehoben. (k) L. 89 § 1 ad L. Falc.
(35. 2.) "generaliter fescripse- runt", L. 1 § 3 de leg. tut. (26. 4.) "generaliter rescripsit", L. 9 § 2 de her. inst. (28. 5.) "re- scripta generalia", L. 9 § 5 de jur. et facti ign. (22. 6.) "ini- §. 21. Ausſprüche der Römer über die Geſetze. Fortſetzung. beſonderen Prozeßform ausgebildeten Anwendung vor, daein Richter den Kaiſer bittet, ihm das auszuſprechende Urtheil vorzuſchreiben (relatio, consultatio). Hier erſcheint der Kaiſer nicht ſelbſt als Richter, ſondern als Urtheils- faſſer für einen andern Richter, ganz wie unſre Juriſten- facultäten bey der Actenverſendung. Daher wird eine ſolche Verfügung und die Reſcripte nicht unter die De- crete gerechnet. Juſtinian hat dieſe Conſultationen ver- boten, was jedoch nicht ſo unbedingt verſtanden werden darf, als es nach den Worten ſcheinen könnte (i). 2. Die in ihnen enthaltene Regel iſt bald mit der ein- (i) Über die Conſultationen vgl. überhaupt Hollweg Civil- prozeß I § 10. — Die Aufhebung derſelben iſt enthalten in der Nov. 125 vom J. 544. Daß dieſe Aufhebung nicht unbedingt gelten ſollte, kann erſt in der Lehre von der Auslegung der Geſetze § 48 gezeigt werden. Außerdem aber verſteht es ſich von ſelbſt, daß wenn ein Richter, trotz des Ver- bots dennoch anfragte, und der Kaiſer ſich zu einer Antwort ent- ſchloß, der Richter daran ſo gut als vor der Nov. 125 gebunden war. Eben ſo wenn der Kaiſer aus eigener Bewegung oder auf Bitte einer Partey, ein Reſcript an den Richter erließ. Die Wirkung der Reſcripte auf einen einzelnen Rechtsſtreit war alſo jetzt zwar beſchränkt worden, aber keinesweges ganz aufgehoben. (k) L. 89 § 1 ad L. Falc.
(35. 2.) „generaliter fescripse- runt”, L. 1 § 3 de leg. tut. (26. 4.) „generaliter rescripsit”, L. 9 § 2 de her. inst. (28. 5.) „re- scripta generalia”, L. 9 § 5 de jur. et facti ign. (22. 6.) „ini- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0189" n="133"/><fw place="top" type="header">§. 21. Ausſprüche der Römer über die Geſetze. Fortſetzung.</fw><lb/> beſonderen Prozeßform ausgebildeten Anwendung vor, da<lb/> ein Richter den Kaiſer bittet, ihm das auszuſprechende<lb/> Urtheil vorzuſchreiben <hi rendition="#aq">(relatio, consultatio).</hi> Hier erſcheint<lb/> der Kaiſer nicht ſelbſt als Richter, ſondern als Urtheils-<lb/> faſſer für einen andern Richter, ganz wie unſre Juriſten-<lb/> facultäten bey der Actenverſendung. Daher wird eine<lb/> ſolche Verfügung und die Reſcripte nicht unter die De-<lb/> crete gerechnet. Juſtinian hat dieſe Conſultationen ver-<lb/> boten, was jedoch nicht ſo unbedingt verſtanden werden<lb/> darf, als es nach den Worten ſcheinen könnte <note place="foot" n="(i)">Über die Conſultationen<lb/> vgl. überhaupt <hi rendition="#g">Hollweg</hi> Civil-<lb/> prozeß <hi rendition="#aq">I</hi> § 10. — Die Aufhebung<lb/> derſelben iſt enthalten in der<lb/><hi rendition="#aq">Nov.</hi> 125 vom J. 544. Daß dieſe<lb/> Aufhebung nicht unbedingt gelten<lb/> ſollte, kann erſt in der Lehre von<lb/> der Auslegung der Geſetze § 48<lb/> gezeigt werden. Außerdem aber<lb/> verſteht es ſich von ſelbſt, daß<lb/> wenn ein Richter, trotz des Ver-<lb/> bots dennoch anfragte, und der<lb/> Kaiſer ſich zu einer Antwort ent-<lb/> ſchloß, der Richter daran ſo gut<lb/> als vor der <hi rendition="#aq">Nov.</hi> 125 gebunden<lb/> war. Eben ſo wenn der Kaiſer<lb/> aus eigener Bewegung oder auf<lb/> Bitte einer Partey, ein Reſcript<lb/><hi rendition="#g">an den Richter</hi> erließ. Die<lb/> Wirkung der Reſcripte auf einen<lb/> einzelnen Rechtsſtreit war alſo<lb/> jetzt zwar beſchränkt worden, aber<lb/> keinesweges ganz aufgehoben.</note>.</p><lb/> <p>2. Die in ihnen enthaltene Regel iſt bald mit der ein-<lb/> zelnen Entſcheidung verwebt, bald abgeſondert ausgeſpro-<lb/> chen, und dann als Grund der Entſcheidung benutzt, ſo<lb/> daß ſie in derſelben Geſtalt auch als Geſetz hätte aufgeſtellt<lb/> werden können, was nur hier nicht geſchehen iſt. Solche<lb/> Reſcripte heißen <hi rendition="#aq">generalia reseripta,</hi> in einem andern Sinn,<lb/> als in welchem der Ausdruck oben vorgekommen iſt <note xml:id="seg2pn_19_1" next="#seg2pn_19_2" place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 89 § 1 <hi rendition="#i">ad L. Falc.</hi><lb/> (35. 2.) „generaliter <hi rendition="#k">f</hi>escripse-<lb/> runt”, <hi rendition="#i">L.</hi> 1 § 3 <hi rendition="#i">de leg. tut.</hi> (26.<lb/> 4.) „generaliter rescripsit”, <hi rendition="#i">L.</hi><lb/> 9 § 2 <hi rendition="#i">de her. inst.</hi> (28. 5.) „re-<lb/> scripta generalia”, <hi rendition="#i">L.</hi> 9 § 5 <hi rendition="#i">de<lb/> jur. et facti ign.</hi> (22. 6.) „ini-</hi></note>.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [133/0189]
§. 21. Ausſprüche der Römer über die Geſetze. Fortſetzung.
beſonderen Prozeßform ausgebildeten Anwendung vor, da
ein Richter den Kaiſer bittet, ihm das auszuſprechende
Urtheil vorzuſchreiben (relatio, consultatio). Hier erſcheint
der Kaiſer nicht ſelbſt als Richter, ſondern als Urtheils-
faſſer für einen andern Richter, ganz wie unſre Juriſten-
facultäten bey der Actenverſendung. Daher wird eine
ſolche Verfügung und die Reſcripte nicht unter die De-
crete gerechnet. Juſtinian hat dieſe Conſultationen ver-
boten, was jedoch nicht ſo unbedingt verſtanden werden
darf, als es nach den Worten ſcheinen könnte (i).
2. Die in ihnen enthaltene Regel iſt bald mit der ein-
zelnen Entſcheidung verwebt, bald abgeſondert ausgeſpro-
chen, und dann als Grund der Entſcheidung benutzt, ſo
daß ſie in derſelben Geſtalt auch als Geſetz hätte aufgeſtellt
werden können, was nur hier nicht geſchehen iſt. Solche
Reſcripte heißen generalia reseripta, in einem andern Sinn,
als in welchem der Ausdruck oben vorgekommen iſt (k).
(i) Über die Conſultationen
vgl. überhaupt Hollweg Civil-
prozeß I § 10. — Die Aufhebung
derſelben iſt enthalten in der
Nov. 125 vom J. 544. Daß dieſe
Aufhebung nicht unbedingt gelten
ſollte, kann erſt in der Lehre von
der Auslegung der Geſetze § 48
gezeigt werden. Außerdem aber
verſteht es ſich von ſelbſt, daß
wenn ein Richter, trotz des Ver-
bots dennoch anfragte, und der
Kaiſer ſich zu einer Antwort ent-
ſchloß, der Richter daran ſo gut
als vor der Nov. 125 gebunden
war. Eben ſo wenn der Kaiſer
aus eigener Bewegung oder auf
Bitte einer Partey, ein Reſcript
an den Richter erließ. Die
Wirkung der Reſcripte auf einen
einzelnen Rechtsſtreit war alſo
jetzt zwar beſchränkt worden, aber
keinesweges ganz aufgehoben.
(k) L. 89 § 1 ad L. Falc.
(35. 2.) „generaliter fescripse-
runt”, L. 1 § 3 de leg. tut. (26.
4.) „generaliter rescripsit”, L.
9 § 2 de her. inst. (28. 5.) „re-
scripta generalia”, L. 9 § 5 de
jur. et facti ign. (22. 6.) „ini-
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