Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.§. 24. Aussprüche der Römer über die Gesetze. Fortsetzung. nannte man auch diese, von ihrer äußeren Form her, Ge-neralbriefe oder Generalrescripte (d), ohne dadurch eine begränzte Gültigkeit andeuten zu wollen. Späterhin aber, als diese Form der Gesetzgebung die vorherrschende wurde, wandte man auch nicht einmal diesen Namen ferner auf sie an, sondern begriff sie unter dem allgemeinen Namen leges, edicta, edictales constitutiones (e). Die öffentliche Bekanntmachung, die aus der Gestalt, worin wir sie ken- nen, meist nicht erhellt, verstand sich dabey von selbst, (d) L. 1 § 2 de fugit. (11. 4.) "Est etiam generalis epistola D. Marci et Commodi, qua de- claratur, et praesides et ma- gistratus, et milites stationarios dominum adjuvare debere in inquirendis fugitivis" etc. L. 3 § 5 de sepulchro viol. (47. 12.) "D. Hadrianus rescripto poe- nam statuit quadraginta aureo- rum in eos qui in civitate se- peliunt, quam fisco inferri jus- sit, et in magistratus eadem qui passi sunt ... quia genera- lia sunt rescripta, et oportet Imperialia statuta suam vim obtinere et in omni loco va- lere." -- Eben dahin gehört viel- leicht die epistola D. Hadriani über die Bürgschaften § 4 J. de fidej. (3. 20.). Gajus III § 121. 122. -- In den beiden zuerst genannten Fällen eignete sich die Sache zu dieser Behandlung durch ihre polizeyliche Natur. Solche Rescripte waren dasselbe, was wir Circularrescripte nennen, an viele Behörden zu gleicher Zeit gerichtet. (e) So z. B. nennt Justinian in L. 5 pr. C. de receptis (2. 56.) seine eigene frühere Verord- nung (L. 4 eod.) eine lex, ob- gleich dieselbe ein Anschreiben an den Praefectus praetorio gewe- sen war. Noch entscheidender ist hierin der Theodosische Codex, der fast ganz aus solchen An- schreiben besteht, und dessen Be- standtheile dennoch von dem Ur- heber selbst als "constitutiones ... edictorum viribus aut sacra generalitate subnixae", und "edictales generalesque consti- tutiones" bezeichnet werden. L. 5. 6 C. Th. de const. (1. 1.) ed. Hänel. -- Hierüber irrt Güyet S. 84, der sich durch die äußere Form dieser Anschreiben verleiten läßt, sie unter die Rescripte zu zählen und den Edicten entgegen zu setzen, woraus er dann ferner Folgerungen für die wahren ei- gentlichen Rescripte ableitet, vgl. oben § 23 Note g. 9*
§. 24. Ausſprüche der Römer über die Geſetze. Fortſetzung. nannte man auch dieſe, von ihrer äußeren Form her, Ge-neralbriefe oder Generalreſcripte (d), ohne dadurch eine begränzte Gültigkeit andeuten zu wollen. Späterhin aber, als dieſe Form der Geſetzgebung die vorherrſchende wurde, wandte man auch nicht einmal dieſen Namen ferner auf ſie an, ſondern begriff ſie unter dem allgemeinen Namen leges, edicta, edictales constitutiones (e). Die öffentliche Bekanntmachung, die aus der Geſtalt, worin wir ſie ken- nen, meiſt nicht erhellt, verſtand ſich dabey von ſelbſt, (d) L. 1 § 2 de fugit. (11. 4.) „Est etiam generalis epistola D. Marci et Commodi, qua de- claratur, et praesides et ma- gistratus, et milites stationarios dominum adjuvare debere in inquirendis fugitivis” etc. L. 3 § 5 de sepulchro viol. (47. 12.) „D. Hadrianus rescripto poe- nam statuit quadraginta aureo- rum in eos qui in civitate se- peliunt, quam fisco inferri jus- sit, et in magistratus eadem qui passi sunt … quia genera- lia sunt rescripta, et oportet Imperialia statuta suam vim obtinere et in omni loco va- lere.” — Eben dahin gehört viel- leicht die epistola D. Hadriani über die Bürgſchaften § 4 J. de fidej. (3. 20.). Gajus III § 121. 122. — In den beiden zuerſt genannten Fällen eignete ſich die Sache zu dieſer Behandlung durch ihre polizeyliche Natur. Solche Reſcripte waren daſſelbe, was wir Circularreſcripte nennen, an viele Behörden zu gleicher Zeit gerichtet. (e) So z. B. nennt Juſtinian in L. 5 pr. C. de receptis (2. 56.) ſeine eigene frühere Verord- nung (L. 4 eod.) eine lex, ob- gleich dieſelbe ein Anſchreiben an den Praefectus praetorio gewe- ſen war. Noch entſcheidender iſt hierin der Theodoſiſche Codex, der faſt ganz aus ſolchen An- ſchreiben beſteht, und deſſen Be- ſtandtheile dennoch von dem Ur- heber ſelbſt als „constitutiones … edictorum viribus aut sacra generalitate subnixae”, und „edictales generalesque consti- tutiones” bezeichnet werden. L. 5. 6 C. Th. de const. (1. 1.) ed. Hänel. — Hierüber irrt Güyet S. 84, der ſich durch die äußere Form dieſer Anſchreiben verleiten läßt, ſie unter die Reſcripte zu zählen und den Edicten entgegen zu ſetzen, woraus er dann ferner Folgerungen für die wahren ei- gentlichen Reſcripte ableitet, vgl. oben § 23 Note g. 9*
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§. 24. Ausſprüche der Römer über die Geſetze. Fortſetzung.
nannte man auch dieſe, von ihrer äußeren Form her, Ge-
neralbriefe oder Generalreſcripte (d), ohne dadurch eine
begränzte Gültigkeit andeuten zu wollen. Späterhin aber,
als dieſe Form der Geſetzgebung die vorherrſchende wurde,
wandte man auch nicht einmal dieſen Namen ferner auf
ſie an, ſondern begriff ſie unter dem allgemeinen Namen
leges, edicta, edictales constitutiones (e). Die öffentliche
Bekanntmachung, die aus der Geſtalt, worin wir ſie ken-
nen, meiſt nicht erhellt, verſtand ſich dabey von ſelbſt,
(d) L. 1 § 2 de fugit. (11. 4.)
„Est etiam generalis epistola
D. Marci et Commodi, qua de-
claratur, et praesides et ma-
gistratus, et milites stationarios
dominum adjuvare debere in
inquirendis fugitivis” etc. L. 3
§ 5 de sepulchro viol. (47. 12.)
„D. Hadrianus rescripto poe-
nam statuit quadraginta aureo-
rum in eos qui in civitate se-
peliunt, quam fisco inferri jus-
sit, et in magistratus eadem
qui passi sunt … quia genera-
lia sunt rescripta, et oportet
Imperialia statuta suam vim
obtinere et in omni loco va-
lere.” — Eben dahin gehört viel-
leicht die epistola D. Hadriani
über die Bürgſchaften § 4 J. de
fidej. (3. 20.). Gajus III § 121.
122. — In den beiden zuerſt
genannten Fällen eignete ſich die
Sache zu dieſer Behandlung durch
ihre polizeyliche Natur. Solche
Reſcripte waren daſſelbe, was
wir Circularreſcripte nennen, an
viele Behörden zu gleicher Zeit
gerichtet.
(e) So z. B. nennt Juſtinian
in L. 5 pr. C. de receptis (2.
56.) ſeine eigene frühere Verord-
nung (L. 4 eod.) eine lex, ob-
gleich dieſelbe ein Anſchreiben an
den Praefectus praetorio gewe-
ſen war. Noch entſcheidender iſt
hierin der Theodoſiſche Codex,
der faſt ganz aus ſolchen An-
ſchreiben beſteht, und deſſen Be-
ſtandtheile dennoch von dem Ur-
heber ſelbſt als „constitutiones …
edictorum viribus aut sacra
generalitate subnixae”, und
„edictales generalesque consti-
tutiones” bezeichnet werden. L.
5. 6 C. Th. de const. (1. 1.) ed.
Hänel. — Hierüber irrt Güyet
S. 84, der ſich durch die äußere
Form dieſer Anſchreiben verleiten
läßt, ſie unter die Reſcripte zu
zählen und den Edicten entgegen
zu ſetzen, woraus er dann ferner
Folgerungen für die wahren ei-
gentlichen Reſcripte ableitet, vgl.
oben § 23 Note g.
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