Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. jener positiven Institute auch selbst in Römischen Gerich-ten verwandte Institute des allgemeinen Rechts praktisch anerkannt wurden. Also neben der Civilehe eine gültige, nur minder wirksame Ehe nach jus gentium. Neben der Agnation eine naturalis cognatio. Neben dem Eigenthum ex jure quiritium das in bonis. Neben der strengsten Form der Stipulation (spondes spondeo) freyere, auch den Peregrinen zugängliche Formen. Am wenigsten ge- schah es im Erbrecht, das überhaupt am meisten eine streng positive Natur hat; und doch beruht auch hier die zugelassene und stets erweiterte Intestaterbfolge der Cogna- ten auf derselben natürlichen Rechtsentwicklung. -- Es erhellt aus dieser Zusammenstellung, daß man nur theil- weise einen Gegensatz zwischen dem nationalen und all- gemeinen Recht (jus civile und gentium) annehmen kann, indem ein großer Theil des ersten zugleich auch dem zwey- ten angehört (r). Und auch jener partielle Gegensatz mußte sich im Lauf der Zeit vermindern, indem bey der stetigen praktischen Berührung beider Rechtssysteme in den Gerichten desselben Staates eine gewisse Assimilation un- vermeidlich war. Aus diesen Betrachtungen erklären sich ganz einfach (r) Faßt man den Gegensatz von
diesem Standpunct auf, so ist er verwandt, obgleich nicht identisch, mit dem von Jus strictum und aequitas, jus (oder juris ratio) und utilitas. Hier zeigt sich also in speciell historischer Anwendung, was oben ((§ 15) über diese Ge- gensätze in allgemeiner Betrach- tung gesagt worden ist. Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. jener poſitiven Inſtitute auch ſelbſt in Römiſchen Gerich-ten verwandte Inſtitute des allgemeinen Rechts praktiſch anerkannt wurden. Alſo neben der Civilehe eine gültige, nur minder wirkſame Ehe nach jus gentium. Neben der Agnation eine naturalis cognatio. Neben dem Eigenthum ex jure quiritium das in bonis. Neben der ſtrengſten Form der Stipulation (spondes spondeo) freyere, auch den Peregrinen zugängliche Formen. Am wenigſten ge- ſchah es im Erbrecht, das überhaupt am meiſten eine ſtreng poſitive Natur hat; und doch beruht auch hier die zugelaſſene und ſtets erweiterte Inteſtaterbfolge der Cogna- ten auf derſelben natürlichen Rechtsentwicklung. — Es erhellt aus dieſer Zuſammenſtellung, daß man nur theil- weiſe einen Gegenſatz zwiſchen dem nationalen und all- gemeinen Recht (jus civile und gentium) annehmen kann, indem ein großer Theil des erſten zugleich auch dem zwey- ten angehört (r). Und auch jener partielle Gegenſatz mußte ſich im Lauf der Zeit vermindern, indem bey der ſtetigen praktiſchen Berührung beider Rechtsſyſteme in den Gerichten deſſelben Staates eine gewiſſe Aſſimilation un- vermeidlich war. Aus dieſen Betrachtungen erklären ſich ganz einfach (r) Faßt man den Gegenſatz von
dieſem Standpunct auf, ſo iſt er verwandt, obgleich nicht identiſch, mit dem von Jus strictum und aequitas, jus (oder juris ratio) und utilitas. Hier zeigt ſich alſo in ſpeciell hiſtoriſcher Anwendung, was oben ((§ 15) über dieſe Ge- genſätze in allgemeiner Betrach- tung geſagt worden iſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0168" n="112"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">I.</hi> Quellen. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Quellen des heutigen R. R.</fw><lb/> jener poſitiven Inſtitute auch ſelbſt in Römiſchen Gerich-<lb/> ten verwandte Inſtitute des allgemeinen Rechts praktiſch<lb/> anerkannt wurden. Alſo neben der Civilehe eine gültige,<lb/> nur minder wirkſame Ehe nach <hi rendition="#aq">jus gentium.</hi> Neben der<lb/> Agnation eine <hi rendition="#aq">naturalis cognatio.</hi> Neben dem Eigenthum<lb/><hi rendition="#aq">ex jure quiritium</hi> das <hi rendition="#aq">in bonis.</hi> Neben der ſtrengſten<lb/> Form der Stipulation <hi rendition="#aq">(spondes spondeo)</hi> freyere, auch<lb/> den Peregrinen zugängliche Formen. Am wenigſten ge-<lb/> ſchah es im Erbrecht, das überhaupt am meiſten eine<lb/> ſtreng poſitive Natur hat; und doch beruht auch hier die<lb/> zugelaſſene und ſtets erweiterte Inteſtaterbfolge der Cogna-<lb/> ten auf derſelben natürlichen Rechtsentwicklung. — Es<lb/> erhellt aus dieſer Zuſammenſtellung, daß man nur theil-<lb/> weiſe einen <hi rendition="#g">Gegenſatz</hi> zwiſchen dem nationalen und all-<lb/> gemeinen Recht (<hi rendition="#aq">jus civile</hi> und <hi rendition="#aq">gentium</hi>) annehmen kann,<lb/> indem ein großer Theil des erſten zugleich auch dem zwey-<lb/> ten angehört <note place="foot" n="(r)">Faßt man den Gegenſatz von<lb/> dieſem Standpunct auf, ſo iſt er<lb/> verwandt, obgleich nicht identiſch,<lb/> mit dem von <hi rendition="#aq">Jus strictum</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">aequitas, jus</hi> (oder <hi rendition="#aq">juris ratio</hi>)<lb/> und <hi rendition="#aq">utilitas.</hi> Hier zeigt ſich alſo<lb/> in ſpeciell hiſtoriſcher Anwendung,<lb/> was oben ((§ 15) über dieſe Ge-<lb/> genſätze in allgemeiner Betrach-<lb/> tung geſagt worden iſt.</note>. Und auch jener partielle Gegenſatz<lb/> mußte ſich im Lauf der Zeit vermindern, indem bey der<lb/> ſtetigen praktiſchen Berührung beider Rechtsſyſteme in den<lb/> Gerichten deſſelben Staates eine gewiſſe Aſſimilation un-<lb/> vermeidlich war.</p><lb/> <p>Aus dieſen Betrachtungen erklären ſich ganz einfach<lb/> die zwey Benennungen, die hier als völlig gleichbedeutend<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [112/0168]
Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
jener poſitiven Inſtitute auch ſelbſt in Römiſchen Gerich-
ten verwandte Inſtitute des allgemeinen Rechts praktiſch
anerkannt wurden. Alſo neben der Civilehe eine gültige,
nur minder wirkſame Ehe nach jus gentium. Neben der
Agnation eine naturalis cognatio. Neben dem Eigenthum
ex jure quiritium das in bonis. Neben der ſtrengſten
Form der Stipulation (spondes spondeo) freyere, auch
den Peregrinen zugängliche Formen. Am wenigſten ge-
ſchah es im Erbrecht, das überhaupt am meiſten eine
ſtreng poſitive Natur hat; und doch beruht auch hier die
zugelaſſene und ſtets erweiterte Inteſtaterbfolge der Cogna-
ten auf derſelben natürlichen Rechtsentwicklung. — Es
erhellt aus dieſer Zuſammenſtellung, daß man nur theil-
weiſe einen Gegenſatz zwiſchen dem nationalen und all-
gemeinen Recht (jus civile und gentium) annehmen kann,
indem ein großer Theil des erſten zugleich auch dem zwey-
ten angehört (r). Und auch jener partielle Gegenſatz
mußte ſich im Lauf der Zeit vermindern, indem bey der
ſtetigen praktiſchen Berührung beider Rechtsſyſteme in den
Gerichten deſſelben Staates eine gewiſſe Aſſimilation un-
vermeidlich war.
Aus dieſen Betrachtungen erklären ſich ganz einfach
die zwey Benennungen, die hier als völlig gleichbedeutend
(r) Faßt man den Gegenſatz von
dieſem Standpunct auf, ſo iſt er
verwandt, obgleich nicht identiſch,
mit dem von Jus strictum und
aequitas, jus (oder juris ratio)
und utilitas. Hier zeigt ſich alſo
in ſpeciell hiſtoriſcher Anwendung,
was oben ((§ 15) über dieſe Ge-
genſätze in allgemeiner Betrach-
tung geſagt worden iſt.
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