Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. nun nach diesen Gründen von der aufgestellten Gränzedes recipirten Rechts Nichts aufgegeben werden, so ist dagegen der wissenschaftliche Gebrauch der restituirten Stellen (welcher mittelbar auch auf die Ausbildung des praktischen Rechts Einfluß haben kann) auf keine Weise zu bestreiten; dieser ist eben so unzweifelhaft, als der wis- senschaftliche Gebrauch der Stellen über antiquirte Rechts- institute (z. B. die Sklaverei), so wie der vorjustinianischen Rechtsquellen. Nur ist er durch die Natur ihres Inhalts weit beschränkter und unbedeutender. Gajus und Ulpian geben uns Licht über Vieles, das uns sonst in den Dige- sten dunkel bleiben würde; jene restituirte Stellen dagegen sind einzelne abändernde Gesetze, die auf das übrige Recht kein neues Licht werfen, und wobei es nur darauf an- kommt, ob sie unmittelbar angewendet werden sollen oder nicht. So z. B. bey der L. 22 C. de finde instrum. kann nur die Frage seyn, ob eine Prozeßpartei zu verlangen befugt ist, daß ein Dritter ihr Urkunden mittheile oder nicht; eben so bey Nov. 121. 138. wegen der Be- rechnung der Zinsen über das Doppelte. Das unabhän- gig von diesen Gesetzen geltende frühere Recht wird durch sie um gar Nichts deutlicher. Dagegen kommt wohl der begreiflich, wie Beck de novel-
lis Leonis § 48 das Pfälzische Urtheil anführen, und dabey von der L. 12 C. cit. sagen kann: excitatam tamen pariter ad causae definitionem in supremo appellationis judicio Palatino ... docet J. W. Textor. Diese Worte muß Jeder so verstehen, als hätte der Gerichtshof das Gesetz seiner Entscheidung zum Grunde gelegt, der doch gerade das Gegentheil sagt. Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. nun nach dieſen Gründen von der aufgeſtellten Gränzedes recipirten Rechts Nichts aufgegeben werden, ſo iſt dagegen der wiſſenſchaftliche Gebrauch der reſtituirten Stellen (welcher mittelbar auch auf die Ausbildung des praktiſchen Rechts Einfluß haben kann) auf keine Weiſe zu beſtreiten; dieſer iſt eben ſo unzweifelhaft, als der wiſ- ſenſchaftliche Gebrauch der Stellen über antiquirte Rechts- inſtitute (z. B. die Sklaverei), ſo wie der vorjuſtinianiſchen Rechtsquellen. Nur iſt er durch die Natur ihres Inhalts weit beſchränkter und unbedeutender. Gajus und Ulpian geben uns Licht über Vieles, das uns ſonſt in den Dige- ſten dunkel bleiben würde; jene reſtituirte Stellen dagegen ſind einzelne abändernde Geſetze, die auf das übrige Recht kein neues Licht werfen, und wobei es nur darauf an- kommt, ob ſie unmittelbar angewendet werden ſollen oder nicht. So z. B. bey der L. 22 C. de finde instrum. kann nur die Frage ſeyn, ob eine Prozeßpartei zu verlangen befugt iſt, daß ein Dritter ihr Urkunden mittheile oder nicht; eben ſo bey Nov. 121. 138. wegen der Be- rechnung der Zinſen über das Doppelte. Das unabhän- gig von dieſen Geſetzen geltende frühere Recht wird durch ſie um gar Nichts deutlicher. Dagegen kommt wohl der begreiflich, wie Beck de novel-
lis Leonis § 48 das Pfälziſche Urtheil anführen, und dabey von der L. 12 C. cit. ſagen kann: excitatam tamen pariter ad causae definitionem in supremo appellationis judicio Palatino … docet J. W. Textor. Dieſe Worte muß Jeder ſo verſtehen, als hätte der Gerichtshof das Geſetz ſeiner Entſcheidung zum Grunde gelegt, der doch gerade das Gegentheil ſagt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0130" n="74"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">I.</hi> Quellen. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Quellen des heutigen R. R.</fw><lb/> nun nach dieſen Gründen von der aufgeſtellten Gränze<lb/> des recipirten Rechts Nichts aufgegeben werden, ſo iſt<lb/> dagegen der wiſſenſchaftliche Gebrauch der reſtituirten<lb/> Stellen (welcher mittelbar auch auf die Ausbildung des<lb/> praktiſchen Rechts Einfluß haben kann) auf keine Weiſe<lb/> zu beſtreiten; dieſer iſt eben ſo unzweifelhaft, als der wiſ-<lb/> ſenſchaftliche Gebrauch der Stellen über antiquirte Rechts-<lb/> inſtitute (z. B. die Sklaverei), ſo wie der vorjuſtinianiſchen<lb/> Rechtsquellen. Nur iſt er durch die Natur ihres Inhalts<lb/> weit beſchränkter und unbedeutender. Gajus und Ulpian<lb/> geben uns Licht über Vieles, das uns ſonſt in den Dige-<lb/> ſten dunkel bleiben würde; jene reſtituirte Stellen dagegen<lb/> ſind einzelne abändernde Geſetze, die auf das übrige Recht<lb/> kein neues Licht werfen, und wobei es nur darauf an-<lb/> kommt, ob ſie unmittelbar angewendet werden ſollen oder<lb/> nicht. So z. B. bey der <hi rendition="#aq">L. 22 C. de finde instrum.</hi> kann<lb/> nur die Frage ſeyn, ob eine Prozeßpartei zu verlangen<lb/> befugt iſt, daß ein Dritter ihr Urkunden mittheile oder<lb/> nicht; eben ſo bey <hi rendition="#aq">Nov.</hi> 121. 138. wegen der Be-<lb/> rechnung der Zinſen über das Doppelte. Das unabhän-<lb/> gig von dieſen Geſetzen geltende frühere Recht wird durch<lb/> ſie um gar Nichts deutlicher. Dagegen kommt wohl der<lb/><note xml:id="seg2pn_11_2" prev="#seg2pn_11_1" place="foot" n="(m)">begreiflich, wie <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Beck</hi> de novel-<lb/> lis Leonis</hi> § 48 das Pfälziſche<lb/> Urtheil anführen, und dabey von<lb/> der <hi rendition="#aq">L. 12 C. cit.</hi> ſagen kann:<lb/><hi rendition="#aq">excitatam tamen pariter ad<lb/> causae definitionem in supremo<lb/> appellationis judicio Palatino …<lb/> docet J. W. Textor.</hi> Dieſe<lb/> Worte muß Jeder ſo verſtehen,<lb/> als hätte der Gerichtshof das<lb/> Geſetz ſeiner Entſcheidung zum<lb/> Grunde gelegt, der doch gerade<lb/> das Gegentheil ſagt.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [74/0130]
Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
nun nach dieſen Gründen von der aufgeſtellten Gränze
des recipirten Rechts Nichts aufgegeben werden, ſo iſt
dagegen der wiſſenſchaftliche Gebrauch der reſtituirten
Stellen (welcher mittelbar auch auf die Ausbildung des
praktiſchen Rechts Einfluß haben kann) auf keine Weiſe
zu beſtreiten; dieſer iſt eben ſo unzweifelhaft, als der wiſ-
ſenſchaftliche Gebrauch der Stellen über antiquirte Rechts-
inſtitute (z. B. die Sklaverei), ſo wie der vorjuſtinianiſchen
Rechtsquellen. Nur iſt er durch die Natur ihres Inhalts
weit beſchränkter und unbedeutender. Gajus und Ulpian
geben uns Licht über Vieles, das uns ſonſt in den Dige-
ſten dunkel bleiben würde; jene reſtituirte Stellen dagegen
ſind einzelne abändernde Geſetze, die auf das übrige Recht
kein neues Licht werfen, und wobei es nur darauf an-
kommt, ob ſie unmittelbar angewendet werden ſollen oder
nicht. So z. B. bey der L. 22 C. de finde instrum. kann
nur die Frage ſeyn, ob eine Prozeßpartei zu verlangen
befugt iſt, daß ein Dritter ihr Urkunden mittheile oder
nicht; eben ſo bey Nov. 121. 138. wegen der Be-
rechnung der Zinſen über das Doppelte. Das unabhän-
gig von dieſen Geſetzen geltende frühere Recht wird durch
ſie um gar Nichts deutlicher. Dagegen kommt wohl der
(m)
(m) begreiflich, wie Beck de novel-
lis Leonis § 48 das Pfälziſche
Urtheil anführen, und dabey von
der L. 12 C. cit. ſagen kann:
excitatam tamen pariter ad
causae definitionem in supremo
appellationis judicio Palatino …
docet J. W. Textor. Dieſe
Worte muß Jeder ſo verſtehen,
als hätte der Gerichtshof das
Geſetz ſeiner Entſcheidung zum
Grunde gelegt, der doch gerade
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