Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.§. 16. Absolutes u. vermittelndes, regelmäß. u. anomal. Recht. schiedenen, aber verwandten Bedeutungen hat nicht seltenbedeutende Irrthümer veranlaßt (o). Ein zweyter Gegensatz bezieht sich auf die verschiedene (o) Großentheils hieraus ist entstanden das Werk von Bur- chardi: Grundzüge des Rechts- systems der Römer aus ihren Be- griffen von öffentlichem und Pri- vatrecht entwickelt, Bonn 1822. Er betrachtet das ganze Perso- nenrecht als jus publicum, das Sachenrecht als jus privatum, das Actionenrecht als aus beiden gemischt. Ich halte den Grund- gedanken für unrichtig, dessen scharfsinnige Durchführung aber macht das Buch dennoch lehrreich. (p) L. 14. 15. 16 de leg. (1. 3.), L. 141 pr. de R. J. (50. 17.). -- Im Wesentlichen ist die- ses dieselbe Grundansicht, welche schon von Thibaut dargestellt ist, Versuche H. N. 13. (q.) L. 16 de leg. (1. 3.) "Jus
singulare est quod contra te- norem rationis propter aliquam utilitatem auctoritate consti- tuentium introductum est." Der Name jus singulare steht auch in L. 23 § 3 de fid. lib. (40. 5.). L. 23. §. 1. L. 44 § 1 de adqu. poss. (41. 2.). L. 44 § 3 de usurp. (41. 3.). L. 15 de reb. cred. (12. 1.) ("Singularia quaedam recepta"). -- Utilitas (vgl. oben § 15) als ihr Entste- hungsgrund auch in L. 44 § 1 cit. L. 2 § 16 pro emt. (41. 4.). -- Necessitas (von utilitas im Wesen nicht verschieden) in L. 162 de R. J. (50. 17.). -- Es heißt zuweilen benigne receptum L. 34 pr. mandati (17. 1.). Vgl. Brissonius v. benigne und be- nignus. -- In mehreren ande- ren Stellen heißt dieses singu- läre, rein positive Recht jus con- stitutum, also ohne Beziehung auf Kaiserconstitutionen als Ent- §. 16. Abſolutes u. vermittelndes, regelmäß. u. anomal. Recht. ſchiedenen, aber verwandten Bedeutungen hat nicht ſeltenbedeutende Irrthümer veranlaßt (o). Ein zweyter Gegenſatz bezieht ſich auf die verſchiedene (o) Großentheils hieraus iſt entſtanden das Werk von Bur- chardi: Grundzüge des Rechts- ſyſtems der Römer aus ihren Be- griffen von öffentlichem und Pri- vatrecht entwickelt, Bonn 1822. Er betrachtet das ganze Perſo- nenrecht als jus publicum, das Sachenrecht als jus privatum, das Actionenrecht als aus beiden gemiſcht. Ich halte den Grund- gedanken für unrichtig, deſſen ſcharfſinnige Durchführung aber macht das Buch dennoch lehrreich. (p) L. 14. 15. 16 de leg. (1. 3.), L. 141 pr. de R. J. (50. 17.). — Im Weſentlichen iſt die- ſes dieſelbe Grundanſicht, welche ſchon von Thibaut dargeſtellt iſt, Verſuche H. N. 13. (q.) L. 16 de leg. (1. 3.) „Jus
singulare est quod contra te- norem rationis propter aliquam utilitatem auctoritate consti- tuentium introductum est.” Der Name jus singulare ſteht auch in L. 23 § 3 de fid. lib. (40. 5.). L. 23. §. 1. L. 44 § 1 de adqu. poss. (41. 2.). L. 44 § 3 de usurp. (41. 3.). L. 15 de reb. cred. (12. 1.) („Singularia quaedam recepta”). — Utilitas (vgl. oben § 15) als ihr Entſte- hungsgrund auch in L. 44 § 1 cit. L. 2 § 16 pro emt. (41. 4.). — Necessitas (von utilitas im Weſen nicht verſchieden) in L. 162 de R. J. (50. 17.). — Es heißt zuweilen benigne receptum L. 34 pr. mandati (17. 1.). Vgl. Brissonius v. benigne und be- nignus. — In mehreren ande- ren Stellen heißt dieſes ſingu- läre, rein poſitive Recht jus con- stitutum, alſo ohne Beziehung auf Kaiſerconſtitutionen als Ent- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0117" n="61"/><fw place="top" type="header">§. 16. Abſolutes u. vermittelndes, regelmäß. u. anomal. Recht.</fw><lb/> ſchiedenen, aber verwandten Bedeutungen hat nicht ſelten<lb/> bedeutende Irrthümer veranlaßt <note place="foot" n="(o)">Großentheils hieraus iſt<lb/> entſtanden das Werk von <hi rendition="#g">Bur-<lb/> chardi</hi>: Grundzüge des Rechts-<lb/> ſyſtems der Römer aus ihren Be-<lb/> griffen von öffentlichem und Pri-<lb/> vatrecht entwickelt, Bonn 1822.<lb/> Er betrachtet das ganze Perſo-<lb/> nenrecht als <hi rendition="#aq">jus publicum</hi>, das<lb/> Sachenrecht als <hi rendition="#aq">jus privatum,</hi><lb/> das Actionenrecht als aus beiden<lb/> gemiſcht. Ich halte den Grund-<lb/> gedanken für unrichtig, deſſen<lb/> ſcharfſinnige Durchführung aber<lb/> macht das Buch dennoch lehrreich.</note>.</p><lb/> <p>Ein zweyter Gegenſatz bezieht ſich auf die verſchiedene<lb/> Herkunft der Rechtsregeln, je nachdem dieſelben entſprun-<lb/> gen ſind auf dem reinen Rechtsgebiet (ſey dieſes <hi rendition="#aq">jus</hi> oder<lb/><hi rendition="#aq">aequitas</hi>), oder aber auf einem fremdartigen Gebiet (§ 15).<lb/> Indem dieſe letzten als fremde Elemente in das Recht ein-<lb/> greifen, werden deſſen reine Grundſätze durch ſie modifi-<lb/> cirt, und inſofern gehen ſie <hi rendition="#aq">contra rationem juris</hi> <note place="foot" n="(p)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 14. 15. 16 <hi rendition="#i">de leg.</hi> (1.<lb/> 3.), <hi rendition="#i">L.</hi> 141 <hi rendition="#i">pr. de R. J.</hi></hi> (50.<lb/> 17.). — Im Weſentlichen iſt die-<lb/> ſes dieſelbe Grundanſicht, welche<lb/> ſchon von <hi rendition="#g">Thibaut</hi> dargeſtellt<lb/> iſt, Verſuche <hi rendition="#aq">H. N.</hi> 13.</note>. Ich<lb/> nenne ſie daher <hi rendition="#g">anomaliſche</hi>, die Römer nennen ſie<lb/><hi rendition="#aq">Jus singulare,</hi> und ſetzen ihren Entſtehungsgrund in die<lb/> von dem Recht verſchiedene <hi rendition="#aq">utilitas</hi> oder <hi rendition="#aq">necessitas</hi> <note xml:id="seg2pn_7_1" next="#seg2pn_7_2" place="foot" n="(q.)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 16 <hi rendition="#i">de leg.</hi></hi> (1. 3.) „<hi rendition="#aq">Jus<lb/> singulare est quod contra te-<lb/> norem rationis propter aliquam<lb/> utilitatem auctoritate consti-<lb/> tuentium introductum est.”</hi><lb/> Der Name <hi rendition="#aq">jus singulare</hi> ſteht<lb/> auch in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 23 § 3 <hi rendition="#i">de fid. lib.</hi><lb/> (40. 5.). <hi rendition="#i">L.</hi> 23. §. 1. <hi rendition="#i">L.</hi> 44 § 1<lb/><hi rendition="#i">de adqu. poss.</hi> (41. 2.). <hi rendition="#i">L.</hi> 44<lb/> § 3 <hi rendition="#i">de usurp.</hi> (41. 3.). <hi rendition="#i">L.</hi> 15 <hi rendition="#i">de<lb/> reb. cred.</hi> (12. 1.) („Singularia<lb/> quaedam recepta”). — Utilitas</hi><lb/> (vgl. oben § 15) als ihr Entſte-<lb/> hungsgrund auch in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 44 § 1<lb/><hi rendition="#i">cit. L.</hi> 2 § 16 <hi rendition="#i">pro emt.</hi> (41. 4.).<lb/> — Necessitas</hi> (von <hi rendition="#aq">utilitas</hi> im<lb/> Weſen nicht verſchieden) in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi><lb/> 162 <hi rendition="#i">de R. J.</hi></hi> (50. 17.). — Es<lb/> heißt zuweilen <hi rendition="#aq">benigne receptum<lb/><hi rendition="#i">L.</hi> 34 <hi rendition="#i">pr. mandati</hi></hi> (17. 1.). Vgl.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Brissonius</hi> v. benigne</hi> und <hi rendition="#aq">be-<lb/> nignus.</hi> — In mehreren ande-<lb/> ren Stellen heißt dieſes ſingu-<lb/> läre, rein poſitive Recht <hi rendition="#aq">jus con-<lb/> stitutum,</hi> alſo ohne Beziehung<lb/> auf Kaiſerconſtitutionen als Ent-</note>.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0117]
§. 16. Abſolutes u. vermittelndes, regelmäß. u. anomal. Recht.
ſchiedenen, aber verwandten Bedeutungen hat nicht ſelten
bedeutende Irrthümer veranlaßt (o).
Ein zweyter Gegenſatz bezieht ſich auf die verſchiedene
Herkunft der Rechtsregeln, je nachdem dieſelben entſprun-
gen ſind auf dem reinen Rechtsgebiet (ſey dieſes jus oder
aequitas), oder aber auf einem fremdartigen Gebiet (§ 15).
Indem dieſe letzten als fremde Elemente in das Recht ein-
greifen, werden deſſen reine Grundſätze durch ſie modifi-
cirt, und inſofern gehen ſie contra rationem juris (p). Ich
nenne ſie daher anomaliſche, die Römer nennen ſie
Jus singulare, und ſetzen ihren Entſtehungsgrund in die
von dem Recht verſchiedene utilitas oder necessitas (q.).
(o) Großentheils hieraus iſt
entſtanden das Werk von Bur-
chardi: Grundzüge des Rechts-
ſyſtems der Römer aus ihren Be-
griffen von öffentlichem und Pri-
vatrecht entwickelt, Bonn 1822.
Er betrachtet das ganze Perſo-
nenrecht als jus publicum, das
Sachenrecht als jus privatum,
das Actionenrecht als aus beiden
gemiſcht. Ich halte den Grund-
gedanken für unrichtig, deſſen
ſcharfſinnige Durchführung aber
macht das Buch dennoch lehrreich.
(p) L. 14. 15. 16 de leg. (1.
3.), L. 141 pr. de R. J. (50.
17.). — Im Weſentlichen iſt die-
ſes dieſelbe Grundanſicht, welche
ſchon von Thibaut dargeſtellt
iſt, Verſuche H. N. 13.
(q.) L. 16 de leg. (1. 3.) „Jus
singulare est quod contra te-
norem rationis propter aliquam
utilitatem auctoritate consti-
tuentium introductum est.”
Der Name jus singulare ſteht
auch in L. 23 § 3 de fid. lib.
(40. 5.). L. 23. §. 1. L. 44 § 1
de adqu. poss. (41. 2.). L. 44
§ 3 de usurp. (41. 3.). L. 15 de
reb. cred. (12. 1.) („Singularia
quaedam recepta”). — Utilitas
(vgl. oben § 15) als ihr Entſte-
hungsgrund auch in L. 44 § 1
cit. L. 2 § 16 pro emt. (41. 4.).
— Necessitas (von utilitas im
Weſen nicht verſchieden) in L.
162 de R. J. (50. 17.). — Es
heißt zuweilen benigne receptum
L. 34 pr. mandati (17. 1.). Vgl.
Brissonius v. benigne und be-
nignus. — In mehreren ande-
ren Stellen heißt dieſes ſingu-
läre, rein poſitive Recht jus con-
stitutum, alſo ohne Beziehung
auf Kaiſerconſtitutionen als Ent-
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