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Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.

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bey den französischen Schriftstellern selbst vorkom-
men, lassen sich noch sehr reduciren. Das Natur-
recht ist wohl mehr zum Staat als zu ernstlichem
Gebrauch mit aufgeführt; wo von besondern Anwen-
dungen die Rede ist, wird keine Notiz davon genom-
men, und nur in Deutschland hat man den Zustand
der Französischen Richter wegen des freyen Gebrauchs
dieser Rechtsquelle glücklich gepriesen 1); ich wünschte
aber wohl gegenwärtig zu seyn, wenn ein Französi-
sches Gericht nach dem Naturrecht entscheidet, ob
eine Ehe wegen unvollkommener Form der Trauung
ungültig ist. Die übrigen Stücke kommen zurück
auf diese zwey: 1. bisheriges Recht; 2. wissenschaft-
liche Theorie. Diese sind nun einzeln zu prüfen.

Das bisherige Recht ist bekanntlich nicht blos,
wo es dem Code widerspricht, sondern in allen Ma-
terien, die der Code berührt, aufgehoben (Art. 4),
also so gut als überall. Indessen sind die Franzosen
über die Bedeutung dieser Aufhebung mehr im kla-
ren, als die Deutschen Juristen, welche aus Haß
oder Neigung gegen das Römische Recht viel dar-
über gestritten haben. Jene nehmen an, das Römi-
sche Recht sowohl als die coutumes zu befolgen,
sey dem Richter erlaubt, aber es sey ihm nicht gebo-
ten, und zwar habe das den Sinn, daß ein richter-

1) Schmid Einleitung in das bürgerl. Recht des Franz.
Reichs B. 1. S. 21 -- 23. 373. 374.

bey den franzöſiſchen Schriftſtellern ſelbſt vorkom-
men, laſſen ſich noch ſehr reduciren. Das Natur-
recht iſt wohl mehr zum Staat als zu ernſtlichem
Gebrauch mit aufgeführt; wo von beſondern Anwen-
dungen die Rede iſt, wird keine Notiz davon genom-
men, und nur in Deutſchland hat man den Zuſtand
der Franzöſiſchen Richter wegen des freyen Gebrauchs
dieſer Rechtsquelle glücklich geprieſen 1); ich wünſchte
aber wohl gegenwärtig zu ſeyn, wenn ein Franzöſi-
ſches Gericht nach dem Naturrecht entſcheidet, ob
eine Ehe wegen unvollkommener Form der Trauung
ungültig iſt. Die übrigen Stücke kommen zurück
auf dieſe zwey: 1. bisheriges Recht; 2. wiſſenſchaft-
liche Theorie. Dieſe ſind nun einzeln zu prüfen.

Das bisherige Recht iſt bekanntlich nicht blos,
wo es dem Code widerſpricht, ſondern in allen Ma-
terien, die der Code berührt, aufgehoben (Art. 4),
alſo ſo gut als überall. Indeſſen ſind die Franzoſen
über die Bedeutung dieſer Aufhebung mehr im kla-
ren, als die Deutſchen Juriſten, welche aus Haß
oder Neigung gegen das Römiſche Recht viel dar-
über geſtritten haben. Jene nehmen an, das Römi-
ſche Recht ſowohl als die coutumes zu befolgen,
ſey dem Richter erlaubt, aber es ſey ihm nicht gebo-
ten, und zwar habe das den Sinn, daß ein richter-

1) Schmid Einleitung in das bürgerl. Recht des Franz.
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[76/0086] bey den franzöſiſchen Schriftſtellern ſelbſt vorkom- men, laſſen ſich noch ſehr reduciren. Das Natur- recht iſt wohl mehr zum Staat als zu ernſtlichem Gebrauch mit aufgeführt; wo von beſondern Anwen- dungen die Rede iſt, wird keine Notiz davon genom- men, und nur in Deutſchland hat man den Zuſtand der Franzöſiſchen Richter wegen des freyen Gebrauchs dieſer Rechtsquelle glücklich geprieſen 1); ich wünſchte aber wohl gegenwärtig zu ſeyn, wenn ein Franzöſi- ſches Gericht nach dem Naturrecht entſcheidet, ob eine Ehe wegen unvollkommener Form der Trauung ungültig iſt. Die übrigen Stücke kommen zurück auf dieſe zwey: 1. bisheriges Recht; 2. wiſſenſchaft- liche Theorie. Dieſe ſind nun einzeln zu prüfen. Das bisherige Recht iſt bekanntlich nicht blos, wo es dem Code widerſpricht, ſondern in allen Ma- terien, die der Code berührt, aufgehoben (Art. 4), alſo ſo gut als überall. Indeſſen ſind die Franzoſen über die Bedeutung dieſer Aufhebung mehr im kla- ren, als die Deutſchen Juriſten, welche aus Haß oder Neigung gegen das Römiſche Recht viel dar- über geſtritten haben. Jene nehmen an, das Römi- ſche Recht ſowohl als die coutumes zu befolgen, ſey dem Richter erlaubt, aber es ſey ihm nicht gebo- ten, und zwar habe das den Sinn, daß ein richter- 1) Schmid Einleitung in das bürgerl. Recht des Franz. Reichs B. 1. S. 21 — 23. 373. 374.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814/86>, abgerufen am 05.12.2024.