Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.bey dem bürgerlichen Rechte? In unsren Zeiten sind bey dem bürgerlichen Rechte? In unſren Zeiten ſind <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0020" n="10"/> bey dem bürgerlichen Rechte? In unſren Zeiten ſind<lb/> es ausgeſprochene Grundſätze, durch Schrift und münd-<lb/> liche Rede mitgetheilt. Dieſe Art der Feſthaltung<lb/> aber ſetzt eine bedeutende Abſtraction voraus, und iſt<lb/> darum in jener jugendlichen Zeit nicht möglich. Da-<lb/> gegen finden wir hier überall ſymboliſche Handlun-<lb/> gen, wo Rechtsverhältniſſe entſtehen oder untergehen<lb/> ſollen. Die ſinnliche Anſchaulichkeit dieſer Handlun-<lb/> gen iſt es, was äußerlich das Recht in beſtimmter<lb/> Geſtalt feſthält, und ihr Ernſt und ihre Würde ent-<lb/> ſpricht der Bedeutſamkeit der Rechtsverhältniſſe ſelbſt,<lb/> welche ſchon als dieſer Periode eigenthümlich bemerkt<lb/> worden iſt. In dem ausgedehnten Gebrauch ſolcher<lb/> förmlichen Handlungen kommen z. B. die germani-<lb/> ſchen Stämme mit den altitaliſchen überein, nur daß<lb/> bey dieſen letzten die Formen ſelbſt beſtimmter und<lb/> geregelter erſcheinen, was mit den ſtädtiſchen Verfaſ-<lb/> ſungen zuſammen hangen kann. Man kann dieſe<lb/> förmlichen Handlungen als die eigentliche Gramma-<lb/> tik des Rechts in dieſer Periode betrachten, und es iſt<lb/> ſehr bedeutend, daß das Hauptgeſchäft der älteren<lb/> Römiſchen Juriſten in der Erhaltung und genauen<lb/> Anwendung derſelben beſtand. Wir in neueren Zei-<lb/> ten haben ſie häufig als Barbarey und Aberglauben<lb/> verachtet, und uns ſehr groß damit gedünkt, daß wir<lb/> ſie nicht haben, ohne zu bedenken, daß auch wir<lb/> überall mit juriſtiſchen Formen verſorgt ſind, denen<lb/> nur gerade die Hauptvortheile der alten Formen ab-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [10/0020]
bey dem bürgerlichen Rechte? In unſren Zeiten ſind
es ausgeſprochene Grundſätze, durch Schrift und münd-
liche Rede mitgetheilt. Dieſe Art der Feſthaltung
aber ſetzt eine bedeutende Abſtraction voraus, und iſt
darum in jener jugendlichen Zeit nicht möglich. Da-
gegen finden wir hier überall ſymboliſche Handlun-
gen, wo Rechtsverhältniſſe entſtehen oder untergehen
ſollen. Die ſinnliche Anſchaulichkeit dieſer Handlun-
gen iſt es, was äußerlich das Recht in beſtimmter
Geſtalt feſthält, und ihr Ernſt und ihre Würde ent-
ſpricht der Bedeutſamkeit der Rechtsverhältniſſe ſelbſt,
welche ſchon als dieſer Periode eigenthümlich bemerkt
worden iſt. In dem ausgedehnten Gebrauch ſolcher
förmlichen Handlungen kommen z. B. die germani-
ſchen Stämme mit den altitaliſchen überein, nur daß
bey dieſen letzten die Formen ſelbſt beſtimmter und
geregelter erſcheinen, was mit den ſtädtiſchen Verfaſ-
ſungen zuſammen hangen kann. Man kann dieſe
förmlichen Handlungen als die eigentliche Gramma-
tik des Rechts in dieſer Periode betrachten, und es iſt
ſehr bedeutend, daß das Hauptgeſchäft der älteren
Römiſchen Juriſten in der Erhaltung und genauen
Anwendung derſelben beſtand. Wir in neueren Zei-
ten haben ſie häufig als Barbarey und Aberglauben
verachtet, und uns ſehr groß damit gedünkt, daß wir
ſie nicht haben, ohne zu bedenken, daß auch wir
überall mit juriſtiſchen Formen verſorgt ſind, denen
nur gerade die Hauptvortheile der alten Formen ab-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |