muth keinen Raum. Und wenn auch angehende Schriftsteller oft noch einen ähnlichen Anlauf nehmen, so ist es doch gar nicht mehr herrschender Geist. Auch in den oben genannten Vorschlägen von Ge- setzbüchern ist zum Theil diese erfreuliche Vergleichung bewährt. Frey von jenen übertriebenen Ansprüchen gehen sie auf ein bestimmtes praktisches Ziel, und auch ihre Motive stehen auf festem Boden. Das Durchlaufen jener Periode aber gewährt uns den gro- ßen Vortheil, daß wir ihre Erfahrungen zu Rathe ziehen können. Aus den Ansichten derselben sind nach einander Gesetzbücher für drey große Staaten hervor gegangen. Diese, und zum Theil ihre Wirkungen, liegen vor uns, und es würde unverzeihlich seyn, die Lehre zu verschmähen, die sie uns aufmunternd oder warnend geben künnen.
Zweytens stehen jene Vorschläge in Verbindung mit einer allgemeinen Ansicht von der Entstehung alles positiven Rechts, die von jeher bey der großen Mehrzahl der deutschen Juristen herrschend war. Nach ihr entsteht im normalen Zustande alles Recht aus Gesetzen, d. h. ausdrücklichen Vorschriften der höchsten Staatsgewalt. Die Rechtswissenschaft hat lediglich den Inhalt der Gesetze zum Gegenstand. Demnach ist die Gesetzgebung selbst, so wie die Rechts- wissenschaft, von ganz zufälligem, wechselndem In- halt, und es ist sehr möglich, daß das Recht von morgen dem von heute gar nicht ähnlich sieht. Ein
muth keinen Raum. Und wenn auch angehende Schriftſteller oft noch einen ähnlichen Anlauf nehmen, ſo iſt es doch gar nicht mehr herrſchender Geiſt. Auch in den oben genannten Vorſchlägen von Ge- ſetzbüchern iſt zum Theil dieſe erfreuliche Vergleichung bewährt. Frey von jenen übertriebenen Anſprüchen gehen ſie auf ein beſtimmtes praktiſches Ziel, und auch ihre Motive ſtehen auf feſtem Boden. Das Durchlaufen jener Periode aber gewährt uns den gro- ßen Vortheil, daß wir ihre Erfahrungen zu Rathe ziehen können. Aus den Anſichten derſelben ſind nach einander Geſetzbücher für drey große Staaten hervor gegangen. Dieſe, und zum Theil ihre Wirkungen, liegen vor uns, und es würde unverzeihlich ſeyn, die Lehre zu verſchmähen, die ſie uns aufmunternd oder warnend geben künnen.
Zweytens ſtehen jene Vorſchläge in Verbindung mit einer allgemeinen Anſicht von der Entſtehung alles poſitiven Rechts, die von jeher bey der großen Mehrzahl der deutſchen Juriſten herrſchend war. Nach ihr entſteht im normalen Zuſtande alles Recht aus Geſetzen, d. h. ausdrücklichen Vorſchriften der höchſten Staatsgewalt. Die Rechtswiſſenſchaft hat lediglich den Inhalt der Geſetze zum Gegenſtand. Demnach iſt die Geſetzgebung ſelbſt, ſo wie die Rechts- wiſſenſchaft, von ganz zufälligem, wechſelndem In- halt, und es iſt ſehr möglich, daß das Recht von morgen dem von heute gar nicht ähnlich ſieht. Ein
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muth keinen Raum. Und wenn auch angehende
Schriftſteller oft noch einen ähnlichen Anlauf nehmen,
ſo iſt es doch gar nicht mehr herrſchender Geiſt.
Auch in den oben genannten Vorſchlägen von Ge-
ſetzbüchern iſt zum Theil dieſe erfreuliche Vergleichung
bewährt. Frey von jenen übertriebenen Anſprüchen
gehen ſie auf ein beſtimmtes praktiſches Ziel, und
auch ihre Motive ſtehen auf feſtem Boden. Das
Durchlaufen jener Periode aber gewährt uns den gro-
ßen Vortheil, daß wir ihre Erfahrungen zu Rathe
ziehen können. Aus den Anſichten derſelben ſind nach
einander Geſetzbücher für drey große Staaten hervor
gegangen. Dieſe, und zum Theil ihre Wirkungen,
liegen vor uns, und es würde unverzeihlich ſeyn,
die Lehre zu verſchmähen, die ſie uns aufmunternd
oder warnend geben künnen.
Zweytens ſtehen jene Vorſchläge in Verbindung
mit einer allgemeinen Anſicht von der Entſtehung
alles poſitiven Rechts, die von jeher bey der großen
Mehrzahl der deutſchen Juriſten herrſchend war.
Nach ihr entſteht im normalen Zuſtande alles Recht
aus Geſetzen, d. h. ausdrücklichen Vorſchriften der
höchſten Staatsgewalt. Die Rechtswiſſenſchaft hat
lediglich den Inhalt der Geſetze zum Gegenſtand.
Demnach iſt die Geſetzgebung ſelbſt, ſo wie die Rechts-
wiſſenſchaft, von ganz zufälligem, wechſelndem In-
halt, und es iſt ſehr möglich, daß das Recht von
morgen dem von heute gar nicht ähnlich ſieht. Ein
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Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814/16>, abgerufen am 23.07.2024.
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