Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.gen Gesetzbüchern nicht blos durch Vermeidung einzel- Wollte man dagegen die Rechtswissenschaft auch 1) Abschn. 8.
gen Geſetzbüchern nicht blos durch Vermeidung einzel- Wollte man dagegen die Rechtswiſſenſchaft auch 1) Abſchn. 8.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0158" n="148"/> gen Geſetzbüchern nicht blos durch Vermeidung einzel-<lb/> ner Mangel (was allerdings gedacht werden kann),<lb/> ſondern generiſch verſchieden ausfalle; ohne eine ſolche<lb/> generiſche Verſchiedenheit aber wird die Untauglich-<lb/> keit zu Begründung einer ſelbſtſtändigen Rechtswiſ-<lb/> ſenſchaft ſtets dieſelbe ſeyn. Was alsdann eintreten<lb/> wird, läßt ſich leicht vorherſehen. Wir werden ent-<lb/> weder gar keine juriſtiſche Literatur haben, oder (was<lb/> wahrſcheinlicher iſt) eine ſo flache, fabrikmäßige, un-<lb/> erträgliche, wie ſie uns unter der Herrſchaft des<lb/> Code zu überſchütten angefangeu hatte, und wir wer-<lb/> den dann alle Nachtheile eines cultivirten, verwickel-<lb/> ten, auf literariſches Bedürfniß gebauten Zuſtandes<lb/> empfinden, ohne durch die eigenthümlichen Vortheile<lb/> deſſelben entſchädigt zu werden. Ja, um alles mit<lb/> Einem Worte zu ſagen, es könnte leicht kommen,<lb/> daß der Zuſtand des bürgerlichen Rechts bey uns<lb/> ſchlechter würde, als er in Frankreich iſt; denn das<lb/> Streben nach wiſſenſchaftlicher Begründung gehört<lb/> nicht zu den nationalen Bedürfniſſen der Franzoſen,<lb/> wohl aber zu den unſrigen, und ein ſo tief wur-<lb/> zelndes Bedürfniß läßt ſich nicht ungeſtraft hintanſetzen.</p><lb/> <p>Wollte man dagegen die Rechtswiſſenſchaft auch<lb/> neben dem neuen Geſetzbuch auf die alten Quel-<lb/> len gründen, ſo würden die oben <note place="foot" n="1)">Abſchn. 8.</note> angegebenen<lb/> Schwierigkeiten eintreten, und man würde das Stu-<lb/> dium, anſtatt es zu vereinfachen, vielmehr verwickeln<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [148/0158]
gen Geſetzbüchern nicht blos durch Vermeidung einzel-
ner Mangel (was allerdings gedacht werden kann),
ſondern generiſch verſchieden ausfalle; ohne eine ſolche
generiſche Verſchiedenheit aber wird die Untauglich-
keit zu Begründung einer ſelbſtſtändigen Rechtswiſ-
ſenſchaft ſtets dieſelbe ſeyn. Was alsdann eintreten
wird, läßt ſich leicht vorherſehen. Wir werden ent-
weder gar keine juriſtiſche Literatur haben, oder (was
wahrſcheinlicher iſt) eine ſo flache, fabrikmäßige, un-
erträgliche, wie ſie uns unter der Herrſchaft des
Code zu überſchütten angefangeu hatte, und wir wer-
den dann alle Nachtheile eines cultivirten, verwickel-
ten, auf literariſches Bedürfniß gebauten Zuſtandes
empfinden, ohne durch die eigenthümlichen Vortheile
deſſelben entſchädigt zu werden. Ja, um alles mit
Einem Worte zu ſagen, es könnte leicht kommen,
daß der Zuſtand des bürgerlichen Rechts bey uns
ſchlechter würde, als er in Frankreich iſt; denn das
Streben nach wiſſenſchaftlicher Begründung gehört
nicht zu den nationalen Bedürfniſſen der Franzoſen,
wohl aber zu den unſrigen, und ein ſo tief wur-
zelndes Bedürfniß läßt ſich nicht ungeſtraft hintanſetzen.
Wollte man dagegen die Rechtswiſſenſchaft auch
neben dem neuen Geſetzbuch auf die alten Quel-
len gründen, ſo würden die oben 1) angegebenen
Schwierigkeiten eintreten, und man würde das Stu-
dium, anſtatt es zu vereinfachen, vielmehr verwickeln
1) Abſchn. 8.
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