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Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.

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In den Preußischen Staaten ist auch seit Ein-
führung des Landrechts niemals eine Studienordnung
vorgeschrieben worden, und diese durch alte Erfah-
rung Deutscher Universitäten bewährte Freyheit ist
stets unversehrt geblieben. Auch die Anzahl der Leh-
rer, wie sie vorher durch das gemeine Recht nöthig
war, ist nicht vermindert worden, und die Curatoren
der Universitäten haben niemals in den Lehrern oder
den Studierenden die Meynung erregt, als wäre ein
Theil der vorher nöthigen Vorlesungen für entbehr-
lich zu achten. Ursprünglich hielt man es für räth-
lich, daß auf jeder Universität wenigstens Eine Haupt-
stelle für das Preußische Recht bestimmt würde, und
es wurde ein ansehnlicher Pceiß für das beste Lehr-
buch ausgesetzt 1). Allein selbst dieses wurde in der
Folge nicht mehr befördert, wie denn die Universität
zu Berlin das Preußische Recht bis jetzt nicht gelehrt
hat. Dieselbe Ansicht liegt den eingeführten Prüfun-
gen zum Grunde, indem die erste Prüfung, bey dem
Eintritt in wirkliche Geschäfte, blos auf gemeines
Recht gerichtet wird: die nächste Zeit ist nun für die
unmittelbar praktische Bildung des Rechtsgelehrten
bestimmt 2), und erst die nun folgenden zwey Prü-

fungen
1) Vorerinnerung zum Entwurf des Gesetzbuchs Th. 2.
Abth. 3.
2) Ein sehr lehrreicher Aufsatz hierüber von dem Hrn. Justiz-
minister von Kircheisen steht in Mathis jurist. Monats-
schrift B. 4. S. 65.

In den Preußiſchen Staaten iſt auch ſeit Ein-
führung des Landrechts niemals eine Studienordnung
vorgeſchrieben worden, und dieſe durch alte Erfah-
rung Deutſcher Univerſitäten bewährte Freyheit iſt
ſtets unverſehrt geblieben. Auch die Anzahl der Leh-
rer, wie ſie vorher durch das gemeine Recht nöthig
war, iſt nicht vermindert worden, und die Curatoren
der Univerſitäten haben niemals in den Lehrern oder
den Studierenden die Meynung erregt, als wäre ein
Theil der vorher nöthigen Vorleſungen für entbehr-
lich zu achten. Urſprünglich hielt man es für räth-
lich, daß auf jeder Univerſität wenigſtens Eine Haupt-
ſtelle für das Preußiſche Recht beſtimmt würde, und
es wurde ein anſehnlicher Pceiß für das beſte Lehr-
buch ausgeſetzt 1). Allein ſelbſt dieſes wurde in der
Folge nicht mehr befördert, wie denn die Univerſität
zu Berlin das Preußiſche Recht bis jetzt nicht gelehrt
hat. Dieſelbe Anſicht liegt den eingeführten Prüfun-
gen zum Grunde, indem die erſte Prüfung, bey dem
Eintritt in wirkliche Geſchäfte, blos auf gemeines
Recht gerichtet wird: die nächſte Zeit iſt nun für die
unmittelbar praktiſche Bildung des Rechtsgelehrten
beſtimmt 2), und erſt die nun folgenden zwey Prü-

fungen
1) Vorerinnerung zum Entwurf des Geſetzbuchs Th. 2.
Abth. 3.
2) Ein ſehr lehrreicher Aufſatz hierüber von dem Hrn. Juſtiz-
miniſter von Kircheiſen ſteht in Mathis juriſt. Monats-
ſchrift B. 4. S. 65.
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[144/0154] In den Preußiſchen Staaten iſt auch ſeit Ein- führung des Landrechts niemals eine Studienordnung vorgeſchrieben worden, und dieſe durch alte Erfah- rung Deutſcher Univerſitäten bewährte Freyheit iſt ſtets unverſehrt geblieben. Auch die Anzahl der Leh- rer, wie ſie vorher durch das gemeine Recht nöthig war, iſt nicht vermindert worden, und die Curatoren der Univerſitäten haben niemals in den Lehrern oder den Studierenden die Meynung erregt, als wäre ein Theil der vorher nöthigen Vorleſungen für entbehr- lich zu achten. Urſprünglich hielt man es für räth- lich, daß auf jeder Univerſität wenigſtens Eine Haupt- ſtelle für das Preußiſche Recht beſtimmt würde, und es wurde ein anſehnlicher Pceiß für das beſte Lehr- buch ausgeſetzt 1). Allein ſelbſt dieſes wurde in der Folge nicht mehr befördert, wie denn die Univerſität zu Berlin das Preußiſche Recht bis jetzt nicht gelehrt hat. Dieſelbe Anſicht liegt den eingeführten Prüfun- gen zum Grunde, indem die erſte Prüfung, bey dem Eintritt in wirkliche Geſchäfte, blos auf gemeines Recht gerichtet wird: die nächſte Zeit iſt nun für die unmittelbar praktiſche Bildung des Rechtsgelehrten beſtimmt 2), und erſt die nun folgenden zwey Prü- fungen 1) Vorerinnerung zum Entwurf des Geſetzbuchs Th. 2. Abth. 3. 2) Ein ſehr lehrreicher Aufſatz hierüber von dem Hrn. Juſtiz- miniſter von Kircheiſen ſteht in Mathis juriſt. Monats- ſchrift B. 4. S. 65.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814/154>, abgerufen am 24.11.2024.