Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.die Gesetzgebung auch mit solchen Controversen nicht die Geſetzgebung auch mit ſolchen Controverſen nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0142" n="132"/> die Geſetzgebung auch mit ſolchen Controverſen nicht<lb/> zu bemühen, die zwar in unſern Lehrbüchern ſtehen,<lb/> aber in der Praxis ſehr ſelten vorkommen. Rechnet<lb/> man beide Fälle ab, ſo bleibt allerdings noch man-<lb/> ches zu thun übrig, allein der Code Napoleon, ſo<lb/> jung er iſt, kann ſich darin ſchon recht gut neben<lb/> dem Römiſchen Rechte ſehen laſſen. Dieſe Contro-<lb/> verſen indeſſen wären vielleicht beſſer in Form pro-<lb/> viſoriſcher Verfügungen oder Anweiſungen an die<lb/> Gerichte zu entſcheiden, als durch eigentliche Geſetze,<lb/> indem durch jene der möglichen beſſeren Ergründung<lb/> durch Theorie weniger vorgegriffen würde. — Das<lb/> zweyte Object der Geſetzgebung wäre die Verzeich-<lb/> nung des Gewohnheitsrechts, über welches auf dieſe<lb/> Weiſe eine ähnliche Aufſicht wie in Rom durch das<lb/> Edict ausgeübt würde. Man darf nicht glauben,<lb/> daß ſo das bisher beſtrittene Geſetzbuch doch wieder<lb/> zugelaſſen würde, nur unter anderem Namen: der<lb/> Unterſchied betrifft vielmehr gerade das Weſen der<lb/> Sache. Nämlich in dieſes Gewohnheitsrecht wird<lb/> nur dasjenige aufgenommen, was durch wirkliche<lb/> Uebung entſchieden iſt, und dieſes wird ohne Zwei-<lb/> fel jetzt, da man dieſe Entſcheidung vor ſich hat,<lb/> völlig begriffen: das Geſetzbuch dagegen iſt genöthigt,<lb/> über alles zu ſprechen, auch wenn kein Trieb dazu<lb/> da iſt, und keine ſpecielle Anſchauung dazu fähig<lb/> macht, blos in Erwartung künftiger möglicher Fälle.<lb/> Daß über die Art der Ausführung dieſer übrig blei-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [132/0142]
die Geſetzgebung auch mit ſolchen Controverſen nicht
zu bemühen, die zwar in unſern Lehrbüchern ſtehen,
aber in der Praxis ſehr ſelten vorkommen. Rechnet
man beide Fälle ab, ſo bleibt allerdings noch man-
ches zu thun übrig, allein der Code Napoleon, ſo
jung er iſt, kann ſich darin ſchon recht gut neben
dem Römiſchen Rechte ſehen laſſen. Dieſe Contro-
verſen indeſſen wären vielleicht beſſer in Form pro-
viſoriſcher Verfügungen oder Anweiſungen an die
Gerichte zu entſcheiden, als durch eigentliche Geſetze,
indem durch jene der möglichen beſſeren Ergründung
durch Theorie weniger vorgegriffen würde. — Das
zweyte Object der Geſetzgebung wäre die Verzeich-
nung des Gewohnheitsrechts, über welches auf dieſe
Weiſe eine ähnliche Aufſicht wie in Rom durch das
Edict ausgeübt würde. Man darf nicht glauben,
daß ſo das bisher beſtrittene Geſetzbuch doch wieder
zugelaſſen würde, nur unter anderem Namen: der
Unterſchied betrifft vielmehr gerade das Weſen der
Sache. Nämlich in dieſes Gewohnheitsrecht wird
nur dasjenige aufgenommen, was durch wirkliche
Uebung entſchieden iſt, und dieſes wird ohne Zwei-
fel jetzt, da man dieſe Entſcheidung vor ſich hat,
völlig begriffen: das Geſetzbuch dagegen iſt genöthigt,
über alles zu ſprechen, auch wenn kein Trieb dazu
da iſt, und keine ſpecielle Anſchauung dazu fähig
macht, blos in Erwartung künftiger möglicher Fälle.
Daß über die Art der Ausführung dieſer übrig blei-
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