Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

gemeinen Kenntniß gebracht würden. Alles, was für
Erhaltung und Verbreitung wichtiger geschichtlicher
Quellen geschieht, verdient ehrenvolle Anerkennung;
so die Organisation jener Materialien, welche von
dem Chef der Preussischen Justiz, dem Herrn Justiz-
minister von Kircheisen, verfügt und dann aufs
trefflichste ausgeführt worden ist. Allein noch ist zu
hoffen, daß dasselbe liberale Interesse an der innern
Geschichte des Landrechts auch die Bekanntmachung
eines zweckmäßigen Auszugs aus denselben veranlas-
sen wird. Zu befürchten ist dabey gewiß nichts,
denn was mit solchem Ernst gethan worden ist, kann
sehr ruhig jedem Urtheil entgegen sehen. Daß auf
diesem Wege, selbst von dem zugegebenen Gesichts-
punkte des Ganzen aus, manches einzelne als unhalt-
bar erkannt werden könnte, ist wahr, aber dieses
würde offenbar ein sehr glücklicher Erfolg seyn, denn
jeder Gesetzgebung ist ein solches Mittel zu wünschen,
wodurch sie von innen heraus gereinigt werden kann.
Diese Materialien müssen ungleich lehrreicher seyn
als die gedruckten über den Code, denn diese betref-
fen doch meist nur den Uebergang vom projet zum
Code, über die Entstehung des projet selbst, was
bey weitem die Hauptsache ist, geben sie keine Auf-
schlüsse, man müßte denn die leere Declamation der
meisten Reden für solche Aufschlüsse halten wollen;
jene Materialien dagegen würden bis auf die erste
Entstehung der Gedanken zurück führen können. Ein

gemeinen Kenntniß gebracht würden. Alles, was für
Erhaltung und Verbreitung wichtiger geſchichtlicher
Quellen geſchieht, verdient ehrenvolle Anerkennung;
ſo die Organiſation jener Materialien, welche von
dem Chef der Preuſſiſchen Juſtiz, dem Herrn Juſtiz-
miniſter von Kircheiſen, verfügt und dann aufs
trefflichſte ausgeführt worden iſt. Allein noch iſt zu
hoffen, daß daſſelbe liberale Intereſſe an der innern
Geſchichte des Landrechts auch die Bekanntmachung
eines zweckmäßigen Auszugs aus denſelben veranlaſ-
ſen wird. Zu befürchten iſt dabey gewiß nichts,
denn was mit ſolchem Ernſt gethan worden iſt, kann
ſehr ruhig jedem Urtheil entgegen ſehen. Daß auf
dieſem Wege, ſelbſt von dem zugegebenen Geſichts-
punkte des Ganzen aus, manches einzelne als unhalt-
bar erkannt werden könnte, iſt wahr, aber dieſes
würde offenbar ein ſehr glücklicher Erfolg ſeyn, denn
jeder Geſetzgebung iſt ein ſolches Mittel zu wünſchen,
wodurch ſie von innen heraus gereinigt werden kann.
Dieſe Materialien müſſen ungleich lehrreicher ſeyn
als die gedruckten über den Code, denn dieſe betref-
fen doch meiſt nur den Uebergang vom projet zum
Code, über die Entſtehung des projet ſelbſt, was
bey weitem die Hauptſache iſt, geben ſie keine Auf-
ſchlüſſe, man müßte denn die leere Declamation der
meiſten Reden für ſolche Aufſchlüſſe halten wollen;
jene Materialien dagegen würden bis auf die erſte
Entſtehung der Gedanken zurück führen können. Ein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0104" n="94"/>
gemeinen Kenntniß gebracht würden. Alles, was für<lb/>
Erhaltung und Verbreitung wichtiger ge&#x017F;chichtlicher<lb/>
Quellen ge&#x017F;chieht, verdient ehrenvolle Anerkennung;<lb/>
&#x017F;o die Organi&#x017F;ation jener Materialien, welche von<lb/>
dem Chef der Preu&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Ju&#x017F;tiz, dem Herrn Ju&#x017F;tiz-<lb/>
mini&#x017F;ter von <hi rendition="#g">Kirchei&#x017F;en</hi>, verfügt und dann aufs<lb/>
trefflich&#x017F;te ausgeführt worden i&#x017F;t. Allein noch i&#x017F;t zu<lb/>
hoffen, daß da&#x017F;&#x017F;elbe liberale Intere&#x017F;&#x017F;e an der innern<lb/>
Ge&#x017F;chichte des Landrechts auch die Bekanntmachung<lb/>
eines zweckmäßigen Auszugs aus den&#x017F;elben veranla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en wird. Zu befürchten i&#x017F;t dabey gewiß nichts,<lb/>
denn was mit &#x017F;olchem Ern&#x017F;t gethan worden i&#x017F;t, kann<lb/>
&#x017F;ehr ruhig jedem Urtheil entgegen &#x017F;ehen. Daß auf<lb/>
die&#x017F;em Wege, &#x017F;elb&#x017F;t von dem zugegebenen Ge&#x017F;ichts-<lb/>
punkte des Ganzen aus, manches einzelne als unhalt-<lb/>
bar erkannt werden könnte, i&#x017F;t wahr, aber die&#x017F;es<lb/>
würde offenbar ein &#x017F;ehr glücklicher Erfolg &#x017F;eyn, denn<lb/>
jeder Ge&#x017F;etzgebung i&#x017F;t ein &#x017F;olches Mittel zu wün&#x017F;chen,<lb/>
wodurch &#x017F;ie von innen heraus gereinigt werden kann.<lb/>
Die&#x017F;e Materialien mü&#x017F;&#x017F;en ungleich lehrreicher &#x017F;eyn<lb/>
als die gedruckten über den Code, denn die&#x017F;e betref-<lb/>
fen doch mei&#x017F;t nur den Uebergang vom <hi rendition="#aq">projet</hi> zum<lb/>
Code, über die Ent&#x017F;tehung des <hi rendition="#aq">projet</hi> &#x017F;elb&#x017F;t, was<lb/>
bey weitem die Haupt&#x017F;ache i&#x017F;t, geben &#x017F;ie keine Auf-<lb/>
&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e, man müßte denn die leere Declamation der<lb/>
mei&#x017F;ten Reden für &#x017F;olche Auf&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e halten wollen;<lb/>
jene Materialien dagegen würden bis auf die er&#x017F;te<lb/>
Ent&#x017F;tehung der Gedanken zurück führen können. Ein<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0104] gemeinen Kenntniß gebracht würden. Alles, was für Erhaltung und Verbreitung wichtiger geſchichtlicher Quellen geſchieht, verdient ehrenvolle Anerkennung; ſo die Organiſation jener Materialien, welche von dem Chef der Preuſſiſchen Juſtiz, dem Herrn Juſtiz- miniſter von Kircheiſen, verfügt und dann aufs trefflichſte ausgeführt worden iſt. Allein noch iſt zu hoffen, daß daſſelbe liberale Intereſſe an der innern Geſchichte des Landrechts auch die Bekanntmachung eines zweckmäßigen Auszugs aus denſelben veranlaſ- ſen wird. Zu befürchten iſt dabey gewiß nichts, denn was mit ſolchem Ernſt gethan worden iſt, kann ſehr ruhig jedem Urtheil entgegen ſehen. Daß auf dieſem Wege, ſelbſt von dem zugegebenen Geſichts- punkte des Ganzen aus, manches einzelne als unhalt- bar erkannt werden könnte, iſt wahr, aber dieſes würde offenbar ein ſehr glücklicher Erfolg ſeyn, denn jeder Geſetzgebung iſt ein ſolches Mittel zu wünſchen, wodurch ſie von innen heraus gereinigt werden kann. Dieſe Materialien müſſen ungleich lehrreicher ſeyn als die gedruckten über den Code, denn dieſe betref- fen doch meiſt nur den Uebergang vom projet zum Code, über die Entſtehung des projet ſelbſt, was bey weitem die Hauptſache iſt, geben ſie keine Auf- ſchlüſſe, man müßte denn die leere Declamation der meiſten Reden für ſolche Aufſchlüſſe halten wollen; jene Materialien dagegen würden bis auf die erſte Entſtehung der Gedanken zurück führen können. Ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814/104
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814/104>, abgerufen am 05.12.2024.