treten? ein Christ soll sich ehrerbietigst vor sich selbst schämen! 2 Cor. 6, 15-19. Die Tauffe und das heilige Abendmahl verbinden uns gewal- tiglich zu einem keuschen Wandel. Solten die Pa- triarchen so viele 100. Jahr in Englischer Keusch- heit gelebt haben, die doch die Stimme des neuen Bundes noch nicht gehört hatten, zu was für einer Hoheit wir beruffen und erhaben seyn: und wir sol- ten bey solchem Glantz Christi nicht noch mehr thun als jene?
VI. Der heilige Geist stellet uns in seiner Schu-6) Er zeigt uns un- sern Tod. le recht lebendig und empfindlich vor unsern un- vermeidlichen Ueberschritt aus der Zeit in die Ewigkeit. Nun ist nichts jämmerlicheres als un- gern sterben, und dagegen nichts freundlicheres und erwünschteres als ein freudiger Abschied. Ein noch unabgestorben wohllüstig leben aber macht das ster- ben übelbitter. Darum wage es doch ja niemand, ei- nen Tag länger in einem solchen Zustand zu bleiben, darinn er ein so grausam böses Angststündlein zu be- fürchten habe, nach welchem die zittrende Seele in in eine unbekante dunckele Geisterwelt hineinwan- dern muß; allwo sie der angewohnten zeitlichen Lü- ste, und andern Zeitvertreibes immer und ewig ent- behren und gequälet werden wird von einem er- schrecklichen Warten des Gerichts; da sie in allen ihren Sündengreueln und Schanden nacket stehet und offenbar wird: dagegen eine heilige Seele nä- her in GOtt kommt, als sie war, da sie noch im Leibe wallete; da sie des jüngsten Tages ruhig, freudig und selig wartet, und es also für richtig und gewiß erfäh- ret, daß es nicht vergeblich sondern sehr nützlich und höchstnöthig ist, sich auf eine so erwünschte Heim- farth in Zeiten vorzubereiten. Es weiß zwar jeder- mann daß er davon muß: aber erst unter der Zucht
und
C. 2. Man muͤſſe ſich zuerſt bekehren.
treten? ein Chriſt ſoll ſich ehrerbietigſt vor ſich ſelbſt ſchaͤmen! 2 Cor. 6, 15-19. Die Tauffe und das heilige Abendmahl verbinden uns gewal- tiglich zu einem keuſchen Wandel. Solten die Pa- triarchen ſo viele 100. Jahr in Engliſcher Keuſch- heit gelebt haben, die doch die Stimme des neuen Bundes noch nicht gehoͤrt hatten, zu was fuͤr einer Hoheit wir beruffen und erhaben ſeyn: und wir ſol- ten bey ſolchem Glantz Chriſti nicht noch mehr thun als jene?
VI. Der heilige Geiſt ſtellet uns in ſeiner Schu-6) Er zeigt uns un- ſern Tod. le recht lebendig und empfindlich vor unſern un- vermeidlichen Ueberſchritt aus der Zeit in die Ewigkeit. Nun iſt nichts jaͤmmerlicheres als un- gern ſterben, und dagegen nichts freundlicheres und erwuͤnſchteres als ein freudiger Abſchied. Ein noch unabgeſtorben wohlluͤſtig leben aber macht das ſter- ben uͤbelbitter. Darum wage es doch ja niemand, ei- nen Tag laͤnger in einem ſolchen Zuſtand zu bleiben, darinn er ein ſo grauſam boͤſes Angſtſtuͤndlein zu be- fuͤrchten habe, nach welchem die zittrende Seele in in eine unbekante dunckele Geiſterwelt hineinwan- dern muß; allwo ſie der angewohnten zeitlichen Luͤ- ſte, und andern Zeitvertreibes immer und ewig ent- behren und gequaͤlet werden wird von einem er- ſchrecklichen Warten des Gerichts; da ſie in allen ihren Suͤndengreueln und Schanden nacket ſtehet und offenbar wird: dagegen eine heilige Seele naͤ- her in GOtt kommt, als ſie war, da ſie noch im Leibe wallete; da ſie des juͤngſten Tages ruhig, freudig und ſelig wartet, und es alſo fuͤr richtig und gewiß erfaͤh- ret, daß es nicht vergeblich ſondern ſehr nuͤtzlich und hoͤchſtnoͤthig iſt, ſich auf eine ſo erwuͤnſchte Heim- farth in Zeiten vorzubereiten. Es weiß zwar jeder- mann daß er davon muß: aber erſt unter der Zucht
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C. 2. Man muͤſſe ſich zuerſt bekehren.
treten? ein Chriſt ſoll ſich ehrerbietigſt vor ſich
ſelbſt ſchaͤmen! 2 Cor. 6, 15-19. Die Tauffe
und das heilige Abendmahl verbinden uns gewal-
tiglich zu einem keuſchen Wandel. Solten die Pa-
triarchen ſo viele 100. Jahr in Engliſcher Keuſch-
heit gelebt haben, die doch die Stimme des neuen
Bundes noch nicht gehoͤrt hatten, zu was fuͤr einer
Hoheit wir beruffen und erhaben ſeyn: und wir ſol-
ten bey ſolchem Glantz Chriſti nicht noch mehr thun
als jene?
VI. Der heilige Geiſt ſtellet uns in ſeiner Schu-
le recht lebendig und empfindlich vor unſern un-
vermeidlichen Ueberſchritt aus der Zeit in die
Ewigkeit. Nun iſt nichts jaͤmmerlicheres als un-
gern ſterben, und dagegen nichts freundlicheres und
erwuͤnſchteres als ein freudiger Abſchied. Ein noch
unabgeſtorben wohlluͤſtig leben aber macht das ſter-
ben uͤbelbitter. Darum wage es doch ja niemand, ei-
nen Tag laͤnger in einem ſolchen Zuſtand zu bleiben,
darinn er ein ſo grauſam boͤſes Angſtſtuͤndlein zu be-
fuͤrchten habe, nach welchem die zittrende Seele in
in eine unbekante dunckele Geiſterwelt hineinwan-
dern muß; allwo ſie der angewohnten zeitlichen Luͤ-
ſte, und andern Zeitvertreibes immer und ewig ent-
behren und gequaͤlet werden wird von einem er-
ſchrecklichen Warten des Gerichts; da ſie in allen
ihren Suͤndengreueln und Schanden nacket ſtehet
und offenbar wird: dagegen eine heilige Seele naͤ-
her in GOtt kommt, als ſie war, da ſie noch im Leibe
wallete; da ſie des juͤngſten Tages ruhig, freudig und
ſelig wartet, und es alſo fuͤr richtig und gewiß erfaͤh-
ret, daß es nicht vergeblich ſondern ſehr nuͤtzlich und
hoͤchſtnoͤthig iſt, ſich auf eine ſo erwuͤnſchte Heim-
farth in Zeiten vorzubereiten. Es weiß zwar jeder-
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6) Er zeigt
uns un-
ſern Tod.
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 623. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/643>, abgerufen am 25.11.2024.
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