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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

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Anhang zum dritten Theil,
lungen, und mit einer rechten Last von seltsamen Chi-
mären entzückender Träume erfüllen, den Willen aber
mit so vielen unnöthigen, verworrenen und verzweifelt
starcken Paßionen anstecken, ja gleichsam in Feuer und
Flammen setzen, als man nicht geglaubet hätte. Ein
solcher verliebter Romanenleser verlieret bey seiner ver-
meintlich süssen Empfindung allen Geschmack an ernst-
lichen, vernünftigen, nöthigen und heilsamen Dingen,
womit man in einem rechtschaffenen Wandel vor GOtt
und vor der Welt zu thun bekommt, und setzt sein gantz
Gemüthe in eine recht systematische Phantasterey von
lauter Abentheuern, davon sein gantzes Dencken, ur-
theilen, schliessen, Begehren, Dichten und Trachten, ja
alle nur mögliche Beschäftigungen des Verstandes und
des Willens entweder starck tingiret, oder gar gefangen
genommen sind. Er wünschet und erwartet allenthal-
ben lauter abentheuerliche Begebenheiten; alles wird
ihm in seiner Lebensart zu niederträchtig und mühsam;
er ist nicht gewohnt noch im Stande, die in seinen Le-
bensumständen vorkommende Begebenheiten vorauszu-
fehen, anzunehmen, zu beurtheilen, und sich drein zu
schicken, weil er in den prächtigen Abentheuren seines
Romans keine solche oder ähnliche angetroffen, und hat
sich gleichwol in jene verliebt, vergaft und verbildet:
dagegen ihm diese zu schlecht und unansehnlich vorkom-
men müssen. Er gehet mit lauter Abentheuern schwan-
ger; und wünschte sich nur in einer andern Welt zu
seyn, die voll von solchen Avanturen wäre.
10) Weil sich ein junger Mensch durch die schwülstige
und affectirte Schreibart,
die in theils Romanen be-
findlich, einen solchen Ausdruck seiner Gedancken im
Reden und Schreiben angewöhnet, der ihn bey jeder-
man lächerlich und verächtlich macht. Wodurch er al-
so auch zum Dienste GOttes und seines Nächsten auf
mancherley Weise untüchtig wird, und sein so übel an-
gewandtes Talent sehr schwer vor GOtt wird verant-
worten müssen. Jch will jetzt nicht mehr gedencken, wie
eine schwere Rechnung er deßhalb vor dem Richter al-
ler Welt wird thun müssen, daß er sich in seine arme
Seele soviel unnöthiger Paßionen zugezogen, seine Phan-
tasie zu einem Sammelplatz der verworrensten und selt-
samsten Bilder, seinen Willen aber zu einem Sammel-
platz der heftigsten und meistens | wiedereinander strei-
tenden Affecten gemacht, mithin die Wohnung GOttes,
die in seiner Seele seyn solte verderbet, und unzehlige
andere Aergernisse und Plagen sich und andern dadurch
erworben.
11) Weil
Anhang zum dritten Theil,
lungen, und mit einer rechten Laſt von ſeltſamen Chi-
maͤren entzuͤckender Traͤume erfuͤllen, den Willen aber
mit ſo vielen unnoͤthigen, verworrenen und verzweifelt
ſtarcken Paßionen anſtecken, ja gleichſam in Feuer und
Flammen ſetzen, als man nicht geglaubet haͤtte. Ein
ſolcher verliebter Romanenleſer verlieret bey ſeiner ver-
meintlich ſuͤſſen Empfindung allen Geſchmack an ernſt-
lichen, vernuͤnftigen, noͤthigen und heilſamen Dingen,
womit man in einem rechtſchaffenen Wandel vor GOtt
und vor der Welt zu thun bekommt, und ſetzt ſein gantz
Gemuͤthe in eine recht ſyſtematiſche Phantaſterey von
lauter Abentheuern, davon ſein gantzes Dencken, ur-
theilen, ſchlieſſen, Begehren, Dichten und Trachten, ja
alle nur moͤgliche Beſchaͤftigungen des Verſtandes und
des Willens entweder ſtarck tingiret, oder gar gefangen
genommen ſind. Er wuͤnſchet und erwartet allenthal-
ben lauter abentheuerliche Begebenheiten; alles wird
ihm in ſeiner Lebensart zu niedertraͤchtig und muͤhſam;
er iſt nicht gewohnt noch im Stande, die in ſeinen Le-
bensumſtaͤnden vorkommende Begebenheiten vorauszu-
fehen, anzunehmen, zu beurtheilen, und ſich drein zu
ſchicken, weil er in den praͤchtigen Abentheuren ſeines
Romans keine ſolche oder aͤhnliche angetroffen, und hat
ſich gleichwol in jene verliebt, vergaft und verbildet:
dagegen ihm dieſe zu ſchlecht und unanſehnlich vorkom-
men muͤſſen. Er gehet mit lauter Abentheuern ſchwan-
ger; und wuͤnſchte ſich nur in einer andern Welt zu
ſeyn, die voll von ſolchen Avanturen waͤre.
10) Weil ſich ein junger Menſch durch die ſchwuͤlſtige
und affectirte Schreibart,
die in theils Romanen be-
findlich, einen ſolchen Ausdruck ſeiner Gedancken im
Reden und Schreiben angewoͤhnet, der ihn bey jeder-
man laͤcherlich und veraͤchtlich macht. Wodurch er al-
ſo auch zum Dienſte GOttes und ſeines Naͤchſten auf
mancherley Weiſe untuͤchtig wird, und ſein ſo uͤbel an-
gewandtes Talent ſehr ſchwer vor GOtt wird verant-
worten muͤſſen. Jch will jetzt nicht mehr gedencken, wie
eine ſchwere Rechnung er deßhalb vor dem Richter al-
ler Welt wird thun muͤſſen, daß er ſich in ſeine arme
Seele ſoviel unnoͤthiger Paßionen zugezogen, ſeine Phan-
taſie zu einem Sammelplatz der verworrenſten und ſelt-
ſamſten Bilder, ſeinen Willen aber zu einem Sammel-
platz der heftigſten und meiſtens | wiedereinander ſtrei-
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die in ſeiner Seele ſeyn ſolte verderbet, und unzehlige
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[580/0600] Anhang zum dritten Theil, lungen, und mit einer rechten Laſt von ſeltſamen Chi- maͤren entzuͤckender Traͤume erfuͤllen, den Willen aber mit ſo vielen unnoͤthigen, verworrenen und verzweifelt ſtarcken Paßionen anſtecken, ja gleichſam in Feuer und Flammen ſetzen, als man nicht geglaubet haͤtte. Ein ſolcher verliebter Romanenleſer verlieret bey ſeiner ver- meintlich ſuͤſſen Empfindung allen Geſchmack an ernſt- lichen, vernuͤnftigen, noͤthigen und heilſamen Dingen, womit man in einem rechtſchaffenen Wandel vor GOtt und vor der Welt zu thun bekommt, und ſetzt ſein gantz Gemuͤthe in eine recht ſyſtematiſche Phantaſterey von lauter Abentheuern, davon ſein gantzes Dencken, ur- theilen, ſchlieſſen, Begehren, Dichten und Trachten, ja alle nur moͤgliche Beſchaͤftigungen des Verſtandes und des Willens entweder ſtarck tingiret, oder gar gefangen genommen ſind. Er wuͤnſchet und erwartet allenthal- ben lauter abentheuerliche Begebenheiten; alles wird ihm in ſeiner Lebensart zu niedertraͤchtig und muͤhſam; er iſt nicht gewohnt noch im Stande, die in ſeinen Le- bensumſtaͤnden vorkommende Begebenheiten vorauszu- fehen, anzunehmen, zu beurtheilen, und ſich drein zu ſchicken, weil er in den praͤchtigen Abentheuren ſeines Romans keine ſolche oder aͤhnliche angetroffen, und hat ſich gleichwol in jene verliebt, vergaft und verbildet: dagegen ihm dieſe zu ſchlecht und unanſehnlich vorkom- men muͤſſen. Er gehet mit lauter Abentheuern ſchwan- ger; und wuͤnſchte ſich nur in einer andern Welt zu ſeyn, die voll von ſolchen Avanturen waͤre. 10) Weil ſich ein junger Menſch durch die ſchwuͤlſtige und affectirte Schreibart, die in theils Romanen be- findlich, einen ſolchen Ausdruck ſeiner Gedancken im Reden und Schreiben angewoͤhnet, der ihn bey jeder- man laͤcherlich und veraͤchtlich macht. Wodurch er al- ſo auch zum Dienſte GOttes und ſeines Naͤchſten auf mancherley Weiſe untuͤchtig wird, und ſein ſo uͤbel an- gewandtes Talent ſehr ſchwer vor GOtt wird verant- worten muͤſſen. Jch will jetzt nicht mehr gedencken, wie eine ſchwere Rechnung er deßhalb vor dem Richter al- ler Welt wird thun muͤſſen, daß er ſich in ſeine arme Seele ſoviel unnoͤthiger Paßionen zugezogen, ſeine Phan- taſie zu einem Sammelplatz der verworrenſten und ſelt- ſamſten Bilder, ſeinen Willen aber zu einem Sammel- platz der heftigſten und meiſtens | wiedereinander ſtrei- tenden Affecten gemacht, mithin die Wohnung GOttes, die in ſeiner Seele ſeyn ſolte verderbet, und unzehlige andere Aergerniſſe und Plagen ſich und andern dadurch erworben. 11) Weil

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Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/600>, abgerufen am 22.11.2024.