Schuld und Noth überführet, und machen sich nicht auf, sich durch GOttes mächtige Hand ret- ten zu lassen: so ist ihr Verderben ja nicht un- billig, und ihre künftige Straffe nicht übereilt noch zu groß. Aber Seelen, die drüber in Angst kommen, erblicken den Gräuel, mercken den Schaden, können ohne Erzittern nicht dran den- cken, und es gleichwol auch nicht lassen: die sind des Erbarmens werth und sehr bedürftig.
Man stelle sich den grossen Schaden und Jammer nur vor, der auf die gantze Christen- heit daher entspringet. Wie viele werdens wol seyn, unter viel tausenden, die auf einer Univer- sität studiren, die weder Leib noch Seele jemals beflecket hätten? Und dagegen wie viele dienen den Lüsten unverschämt und ohne Scheu? wie viele ängsten sich darunter etliche Jahre durch fast bis an den Tod? Jst das nicht ein entsetz- licher und unersetzlicher Ruin? Laßt uns bey dem andern ein wenig stehen bleiben.
Ein grosser Theil davon sollen Zeugen und Boten GOttes an die Menschenkinder werden, die da bezeugen, und mit Jhrem frölichen An- gesicht und gutem Gewissen bestättigen sollen, wie selig das Volck des allerseligsten GOttes sey. Nun wie wirds um dis Zeugniß stehen, wenn sich just solche Menschen, die das dauer- hafteste Leben, den muntersten Verstand, die richtigste Gegenwart des Gemüths und die un- entfärbteste Leibes Kraft und Stärcke haben sol- ten, erst so ruiniren, oder auch nur einige Jah- re hin so zermartern? wenn sie dabey zu eini-
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Nacherinnerung.
Schuld und Noth uͤberfuͤhret, und machen ſich nicht auf, ſich durch GOttes maͤchtige Hand ret- ten zu laſſen: ſo iſt ihr Verderben ja nicht un- billig, und ihre kuͤnftige Straffe nicht uͤbereilt noch zu groß. Aber Seelen, die druͤber in Angſt kommen, erblicken den Graͤuel, mercken den Schaden, koͤnnen ohne Erzittern nicht dran den- cken, und es gleichwol auch nicht laſſen: die ſind des Erbarmens werth und ſehr beduͤrftig.
Man ſtelle ſich den groſſen Schaden und Jammer nur vor, der auf die gantze Chriſten- heit daher entſpringet. Wie viele werdens wol ſeyn, unter viel tauſenden, die auf einer Univer- ſitaͤt ſtudiren, die weder Leib noch Seele jemals beflecket haͤtten? Und dagegen wie viele dienen den Luͤſten unverſchaͤmt und ohne Scheu? wie viele aͤngſten ſich darunter etliche Jahre durch faſt bis an den Tod? Jſt das nicht ein entſetz- licher und unerſetzlicher Ruin? Laßt uns bey dem andern ein wenig ſtehen bleiben.
Ein groſſer Theil davon ſollen Zeugen und Boten GOttes an die Menſchenkinder werden, die da bezeugen, und mit Jhrem froͤlichen An- geſicht und gutem Gewiſſen beſtaͤttigen ſollen, wie ſelig das Volck des allerſeligſten GOttes ſey. Nun wie wirds um dis Zeugniß ſtehen, wenn ſich juſt ſolche Menſchen, die das dauer- hafteſte Leben, den munterſten Verſtand, die richtigſte Gegenwart des Gemuͤths und die un- entfaͤrbteſte Leibes Kraft und Staͤrcke haben ſol- ten, erſt ſo ruiniren, oder auch nur einige Jah- re hin ſo zermartern? wenn ſie dabey zu eini-
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Nacherinnerung.
Schuld und Noth uͤberfuͤhret, und machen ſich
nicht auf, ſich durch GOttes maͤchtige Hand ret-
ten zu laſſen: ſo iſt ihr Verderben ja nicht un-
billig, und ihre kuͤnftige Straffe nicht uͤbereilt
noch zu groß. Aber Seelen, die druͤber in Angſt
kommen, erblicken den Graͤuel, mercken den
Schaden, koͤnnen ohne Erzittern nicht dran den-
cken, und es gleichwol auch nicht laſſen: die ſind
des Erbarmens werth und ſehr beduͤrftig.
Man ſtelle ſich den groſſen Schaden und
Jammer nur vor, der auf die gantze Chriſten-
heit daher entſpringet. Wie viele werdens wol
ſeyn, unter viel tauſenden, die auf einer Univer-
ſitaͤt ſtudiren, die weder Leib noch Seele jemals
beflecket haͤtten? Und dagegen wie viele dienen
den Luͤſten unverſchaͤmt und ohne Scheu? wie
viele aͤngſten ſich darunter etliche Jahre durch
faſt bis an den Tod? Jſt das nicht ein entſetz-
licher und unerſetzlicher Ruin? Laßt uns bey dem
andern ein wenig ſtehen bleiben.
Ein groſſer Theil davon ſollen Zeugen und
Boten GOttes an die Menſchenkinder werden,
die da bezeugen, und mit Jhrem froͤlichen An-
geſicht und gutem Gewiſſen beſtaͤttigen ſollen,
wie ſelig das Volck des allerſeligſten GOttes
ſey. Nun wie wirds um dis Zeugniß ſtehen,
wenn ſich juſt ſolche Menſchen, die das dauer-
hafteſte Leben, den munterſten Verſtand, die
richtigſte Gegenwart des Gemuͤths und die un-
entfaͤrbteſte Leibes Kraft und Staͤrcke haben ſol-
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/555>, abgerufen am 25.11.2024.
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