hartes Hertz gehabt zu haben, und ein stoltzer Verächter GOttes und seiner heiligen Befehle gewesen zu seyn?
Doch mit solcher Art Seelen ist im gantzen Tractat vielleicht wol genug geredet worden. Aber solte einem Christen das Hertz nicht bre- chen, wenns nun einem andern, der sich schreck- lich fürchtet zu sündigen, und doch das sündigen nicht lassen kann, oder wird wenigstens einmal ums andere übern Hauffen geworfen, also er- gehet? Wie viel Jahre hat sich dieser arme Mensch wol mit seiner heimlichen Sünde über- worfen? wie viel schrecklicher Gewissensängste ausgestanden? wie viel Thränen vergossen? wie mancherley Uebungen vorgenommen, um ihrer los zu seyn? Wer kann den Jammer der Seelen, und das Aengsten des Leibes und Le- bens wol übersehen, den er bey diesem halb ab- genöthigten, halb übereilten, halb selbst zugezo- genen Sclavendienst der Sünden einige Jahre hin mag ausgestanden haben, ehe die arme See- le aller dieser Plagen so müde worden? O We- he! o Jammer in der Christenheit, wenn der Geist der Unreinigkeit so viel Gewalt gewonnen, durch dis Laster auch diejenigen, so just GOttes sein eigenes Volck seyn, und ihm mit lauter Hertzenslust dienen solten, also jämmerlich zu plagen; und kein Mensch nimmts zu Hertzen, und niemand eilt, seinen im Schlamm versin- ckenden Nebenmenschen zu retten!
Dis ist nur ein Exempel eines jämmerlich verzagenden Sünders! aber ists denn dis allei-
ne?
L l 3
Nacherinnerung.
hartes Hertz gehabt zu haben, und ein ſtoltzer Veraͤchter GOttes und ſeiner heiligen Befehle geweſen zu ſeyn?
Doch mit ſolcher Art Seelen iſt im gantzen Tractat vielleicht wol genug geredet worden. Aber ſolte einem Chriſten das Hertz nicht bre- chen, wenns nun einem andern, der ſich ſchreck- lich fuͤrchtet zu ſuͤndigen, und doch das ſuͤndigen nicht laſſen kann, oder wird wenigſtens einmal ums andere uͤbern Hauffen geworfen, alſo er- gehet? Wie viel Jahre hat ſich dieſer arme Menſch wol mit ſeiner heimlichen Suͤnde uͤber- worfen? wie viel ſchrecklicher Gewiſſensaͤngſte ausgeſtanden? wie viel Thraͤnen vergoſſen? wie mancherley Uebungen vorgenommen, um ihrer los zu ſeyn? Wer kann den Jammer der Seelen, und das Aengſten des Leibes und Le- bens wol uͤberſehen, den er bey dieſem halb ab- genoͤthigten, halb uͤbereilten, halb ſelbſt zugezo- genen Sclavendienſt der Suͤnden einige Jahre hin mag ausgeſtanden haben, ehe die arme See- le aller dieſer Plagen ſo muͤde worden? O We- he! o Jammer in der Chriſtenheit, wenn der Geiſt der Unreinigkeit ſo viel Gewalt gewonnen, durch dis Laſter auch diejenigen, ſo juſt GOttes ſein eigenes Volck ſeyn, und ihm mit lauter Hertzensluſt dienen ſolten, alſo jaͤmmerlich zu plagen; und kein Menſch nimmts zu Hertzen, und niemand eilt, ſeinen im Schlamm verſin- ckenden Nebenmenſchen zu retten!
Dis iſt nur ein Exempel eines jaͤmmerlich verzagenden Suͤnders! aber iſts denn dis allei-
ne?
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Nacherinnerung.
hartes Hertz gehabt zu haben, und ein ſtoltzer
Veraͤchter GOttes und ſeiner heiligen Befehle
geweſen zu ſeyn?
Doch mit ſolcher Art Seelen iſt im gantzen
Tractat vielleicht wol genug geredet worden.
Aber ſolte einem Chriſten das Hertz nicht bre-
chen, wenns nun einem andern, der ſich ſchreck-
lich fuͤrchtet zu ſuͤndigen, und doch das ſuͤndigen
nicht laſſen kann, oder wird wenigſtens einmal
ums andere uͤbern Hauffen geworfen, alſo er-
gehet? Wie viel Jahre hat ſich dieſer arme
Menſch wol mit ſeiner heimlichen Suͤnde uͤber-
worfen? wie viel ſchrecklicher Gewiſſensaͤngſte
ausgeſtanden? wie viel Thraͤnen vergoſſen?
wie mancherley Uebungen vorgenommen, um
ihrer los zu ſeyn? Wer kann den Jammer der
Seelen, und das Aengſten des Leibes und Le-
bens wol uͤberſehen, den er bey dieſem halb ab-
genoͤthigten, halb uͤbereilten, halb ſelbſt zugezo-
genen Sclavendienſt der Suͤnden einige Jahre
hin mag ausgeſtanden haben, ehe die arme See-
le aller dieſer Plagen ſo muͤde worden? O We-
he! o Jammer in der Chriſtenheit, wenn der
Geiſt der Unreinigkeit ſo viel Gewalt gewonnen,
durch dis Laſter auch diejenigen, ſo juſt GOttes
ſein eigenes Volck ſeyn, und ihm mit lauter
Hertzensluſt dienen ſolten, alſo jaͤmmerlich zu
plagen; und kein Menſch nimmts zu Hertzen,
und niemand eilt, ſeinen im Schlamm verſin-
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/553>, abgerufen am 25.11.2024.
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