Gewissen so zu foltern, und dasselbe endlich von seinem Thron und Amte zu eigenem grösten Unglück abzusetzen? ach! ists denn eine Glück- seligkeit, wenn die Vernunft ihr Directorium, und die Gemüthskräfte ihr Vermögen verloh- ren; daß man sich der schrecklichen Verwirrung und Heftigkeit der Affecten gantz zum Sclaven hingeben, und die fleischliche Lust dermassen zum Tyrannen und Gebieter über sich setzen muß? Soll man den Augen ihr Licht so nehmen, und ihre Schärffe so umnebeln, damit man doch die Herr- lichkeit GOttes an seinen Wercken schauen soll? Jsts recht, daß man seinem Hertzen so viel Aengst- lichkeit und Klemme zurichte, und seinen gan- tzen Leib in unzehliche Kranckheiten unmercklich hineinführe?
Soll ein Mensch, dem sein Schöpffer be- kant ist, gegen sein eigen Leben so wüten, daß er sich entweder die Helfte seiner Tage verkürtze, oder sich ein jämmerliches Alter ohne Alter, vol- ler Schmertzen, Aengsten, Gerichte, und stets- währenden Kranckheiten zuwege bringe, die ihm hernach das bitterste Hertzeleid machen werden? Soll er sich selbst auf viele Jahre hinaus, oder auch wol seinen Nachkommen auf ihre gantze Lebenszeit so viele Noth des Leibes und Gemü- thes zuziehen, und also an sich und vielen an- dern viele Jahre hindurch zum langsamen Mör- der werden? Soll das dem Menschen frey ste- hen, die wunderbaren Anfänge eines menschli- chen Cörpers, die GOtt im Verborgenen gear- beitet, und in den Saamen geleget, so zu ver-
der-
(III. Th.) Von den ſicheren Mitteln,
Gewiſſen ſo zu foltern, und daſſelbe endlich von ſeinem Thron und Amte zu eigenem groͤſten Ungluͤck abzuſetzen? ach! iſts denn eine Gluͤck- ſeligkeit, wenn die Vernunft ihr Directorium, und die Gemuͤthskraͤfte ihr Vermoͤgen verloh- ren; daß man ſich der ſchrecklichen Verwirrung und Heftigkeit der Affecten gantz zum Sclaven hingeben, und die fleiſchliche Luſt dermaſſen zum Tyrannen und Gebieter uͤber ſich ſetzen muß? Soll man den Augen ihr Licht ſo nehmen, und ihre Schaͤrffe ſo umnebeln, damit man doch die Herr- lichkeit GOttes an ſeinen Wercken ſchauen ſoll? Jſts recht, daß man ſeinem Hertzen ſo viel Aengſt- lichkeit und Klemme zurichte, und ſeinen gan- tzen Leib in unzehliche Kranckheiten unmercklich hineinfuͤhre?
Soll ein Menſch, dem ſein Schoͤpffer be- kant iſt, gegen ſein eigen Leben ſo wuͤten, daß er ſich entweder die Helfte ſeiner Tage verkuͤrtze, oder ſich ein jaͤmmerliches Alter ohne Alter, vol- ler Schmertzen, Aengſten, Gerichte, und ſtets- waͤhrenden Kranckheiten zuwege bringe, die ihm hernach das bitterſte Hertzeleid machen werden? Soll er ſich ſelbſt auf viele Jahre hinaus, oder auch wol ſeinen Nachkommen auf ihre gantze Lebenszeit ſo viele Noth des Leibes und Gemuͤ- thes zuziehen, und alſo an ſich und vielen an- dern viele Jahre hindurch zum langſamen Moͤr- der werden? Soll das dem Menſchen frey ſte- hen, die wunderbaren Anfaͤnge eines menſchli- chen Coͤrpers, die GOtt im Verborgenen gear- beitet, und in den Saamen geleget, ſo zu ver-
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(III. Th.) Von den ſicheren Mitteln,
Gewiſſen ſo zu foltern, und daſſelbe endlich von
ſeinem Thron und Amte zu eigenem groͤſten
Ungluͤck abzuſetzen? ach! iſts denn eine Gluͤck-
ſeligkeit, wenn die Vernunft ihr Directorium,
und die Gemuͤthskraͤfte ihr Vermoͤgen verloh-
ren; daß man ſich der ſchrecklichen Verwirrung
und Heftigkeit der Affecten gantz zum Sclaven
hingeben, und die fleiſchliche Luſt dermaſſen zum
Tyrannen und Gebieter uͤber ſich ſetzen muß? Soll
man den Augen ihr Licht ſo nehmen, und ihre
Schaͤrffe ſo umnebeln, damit man doch die Herr-
lichkeit GOttes an ſeinen Wercken ſchauen ſoll?
Jſts recht, daß man ſeinem Hertzen ſo viel Aengſt-
lichkeit und Klemme zurichte, und ſeinen gan-
tzen Leib in unzehliche Kranckheiten unmercklich
hineinfuͤhre?
Soll ein Menſch, dem ſein Schoͤpffer be-
kant iſt, gegen ſein eigen Leben ſo wuͤten, daß
er ſich entweder die Helfte ſeiner Tage verkuͤrtze,
oder ſich ein jaͤmmerliches Alter ohne Alter, vol-
ler Schmertzen, Aengſten, Gerichte, und ſtets-
waͤhrenden Kranckheiten zuwege bringe, die ihm
hernach das bitterſte Hertzeleid machen werden?
Soll er ſich ſelbſt auf viele Jahre hinaus, oder
auch wol ſeinen Nachkommen auf ihre gantze
Lebenszeit ſo viele Noth des Leibes und Gemuͤ-
thes zuziehen, und alſo an ſich und vielen an-
dern viele Jahre hindurch zum langſamen Moͤr-
der werden? Soll das dem Menſchen frey ſte-
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/508>, abgerufen am 27.11.2024.
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