sehr leicht; durch Zaudern und Ausweichen aber schlechterdings nicht zu heben ist.
Weil an der rechten Einsicht dieser Grund-Umständ- liche Be- schreibung des Proces- ses der Rechtferti- gung wahrheit unsrer Christlichen Religion so gar unglaublich viel gelegen: so muß sie hier etwas deutlicher und gründlicher ausgeführet werden. Jch glaube kaum, daß ein armer Sünder, der unter der heiligen Cur und Pflege JEsu Chri- sti stehet, es sey vor oder nach|der Rechtfertigung, durch irgend einen Fall oder vergehen so bald und so gar auf einmahl muthloß werde, als ei- ner, den der Satan mit Sünden der Unzucht quälet. Hat sich ein Mensch, der nun seinen GOtt nicht gerne mehr betrübete, etwa mit ei- nem Wort vergangen, es ist ihm eine Unwahr- heit, ein zorniger Ausdruck, ein leichtsinnig Wort, und dergleichen entfahren, er ist etwa worinn zu übereilt, oder zu weit schweifend, oder ungeduldig und ungeberdig gewesen: so hat er seine Gewissenszucht darüber, (einer vor dem andern; nachdem eben sein Gemüthszustand ist, und nach dem ihm der gute Artzt JEsus eine Zucht nöthig findet,) er wird bekümmert, geht eine weile consternirt dahin, und kann kein frö- lich Hertz und Angesicht vor GOtt sehen lassen. Allein, dis wehrt doch nur eine kleine Weile; er giebt doch drum nicht alles verloren; er er- mannt sich wieder, faßt einen Muth, bittet es ab, (ach nur je eher, je besser!) und fängt denn desto mehr an wieder die Sünde zu käm- pfen, sich selber nicht zu trauen, sich selbst sehr gering zu schätzen, ja zu verabscheuen, und da-
ge-
wieder die Unreinigkeit.
ſehr leicht; durch Zaudern und Ausweichen aber ſchlechterdings nicht zu heben iſt.
Weil an der rechten Einſicht dieſer Grund-Umſtaͤnd- liche Be- ſchreibung des Proceſ- ſes der Rechtferti- gung wahrheit unſrer Chriſtlichen Religion ſo gar unglaublich viel gelegen: ſo muß ſie hier etwas deutlicher und gruͤndlicher ausgefuͤhret werden. Jch glaube kaum, daß ein armer Suͤnder, der unter der heiligen Cur und Pflege JEſu Chri- ſti ſtehet, es ſey vor oder nach|der Rechtfertigung, durch irgend einen Fall oder vergehen ſo bald und ſo gar auf einmahl muthloß werde, als ei- ner, den der Satan mit Suͤnden der Unzucht quaͤlet. Hat ſich ein Menſch, der nun ſeinen GOtt nicht gerne mehr betruͤbete, etwa mit ei- nem Wort vergangen, es iſt ihm eine Unwahr- heit, ein zorniger Ausdruck, ein leichtſinnig Wort, und dergleichen entfahren, er iſt etwa worinn zu uͤbereilt, oder zu weit ſchweifend, oder ungeduldig und ungeberdig geweſen: ſo hat er ſeine Gewiſſenszucht daruͤber, (einer vor dem andern; nachdem eben ſein Gemuͤthszuſtand iſt, und nach dem ihm der gute Artzt JEſus eine Zucht noͤthig findet,) er wird bekuͤmmert, geht eine weile conſternirt dahin, und kann kein froͤ- lich Hertz und Angeſicht vor GOtt ſehen laſſen. Allein, dis wehrt doch nur eine kleine Weile; er giebt doch drum nicht alles verloren; er er- mannt ſich wieder, faßt einen Muth, bittet es ab, (ach nur je eher, je beſſer!) und faͤngt denn deſto mehr an wieder die Suͤnde zu kaͤm- pfen, ſich ſelber nicht zu trauen, ſich ſelbſt ſehr gering zu ſchaͤtzen, ja zu verabſcheuen, und da-
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wieder die Unreinigkeit.
ſehr leicht; durch Zaudern und Ausweichen
aber ſchlechterdings nicht zu heben iſt.
Weil an der rechten Einſicht dieſer Grund-
wahrheit unſrer Chriſtlichen Religion ſo gar
unglaublich viel gelegen: ſo muß ſie hier etwas
deutlicher und gruͤndlicher ausgefuͤhret werden.
Jch glaube kaum, daß ein armer Suͤnder, der
unter der heiligen Cur und Pflege JEſu Chri-
ſti ſtehet, es ſey vor oder nach|der Rechtfertigung,
durch irgend einen Fall oder vergehen ſo bald
und ſo gar auf einmahl muthloß werde, als ei-
ner, den der Satan mit Suͤnden der Unzucht
quaͤlet. Hat ſich ein Menſch, der nun ſeinen
GOtt nicht gerne mehr betruͤbete, etwa mit ei-
nem Wort vergangen, es iſt ihm eine Unwahr-
heit, ein zorniger Ausdruck, ein leichtſinnig
Wort, und dergleichen entfahren, er iſt etwa
worinn zu uͤbereilt, oder zu weit ſchweifend, oder
ungeduldig und ungeberdig geweſen: ſo hat er
ſeine Gewiſſenszucht daruͤber, (einer vor dem
andern; nachdem eben ſein Gemuͤthszuſtand iſt,
und nach dem ihm der gute Artzt JEſus eine
Zucht noͤthig findet,) er wird bekuͤmmert, geht
eine weile conſternirt dahin, und kann kein froͤ-
lich Hertz und Angeſicht vor GOtt ſehen laſſen.
Allein, dis wehrt doch nur eine kleine Weile;
er giebt doch drum nicht alles verloren; er er-
mannt ſich wieder, faßt einen Muth, bittet es
ab, (ach nur je eher, je beſſer!) und faͤngt
denn deſto mehr an wieder die Suͤnde zu kaͤm-
pfen, ſich ſelber nicht zu trauen, ſich ſelbſt ſehr
gering zu ſchaͤtzen, ja zu verabſcheuen, und da-
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Umſtaͤnd-
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/449>, abgerufen am 22.11.2024.
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