3) Daß alles sündigen eines Gottlosen nicht nur "für seine einige Person gantz Systematisch sey, "und jede sündliche That ihn aller seiner übrigen "Sünden zugleich mit schuldig mache: sondern, daß "derselbe auch eine unglaubliche Menge anderer "Menschen, und öfters unschuldiger Seelen ärgere "und sündigen mache. Gesetzt nun er veranlassete "in seinem gantzen Leben, (das ist 50. Jahre hin- "durch) nur 1000. andere zu sündigen; und diese "bringen dergleichen übernommene oder angeerbte "Sünden wieder auf wer weiß wie viele andere; "diese wieder auf andere, und das so einige Jahr- "hunderte durch: welch eine grosse Summe Sün- "den wird auf des Verführers oder Urhebers Hals "und Kopf fortgetrieben, wenn sie gleich jeder Ver- "führter nur einmal nachgethan hätte. Bleibts "aber bey einem mahl? Und wie, wenns Sünden "sind, wodurch zuweilen gantze Familien, Städte "und Länder ins Seufzen oder Unglück, oder gar in "völligen Ruin gesetzt, und zu unzehlichen andern "Verschuldungen gleichsam genöthiget werden?
4) "Solte man erst die Rechnung nach den all- "gemeinen und besonderen Classen der Sünden, oder
"auch
anderer bildet sich ein, wenn er einen Schatz gefunden, oder etliche hundert Thaler gewonnen hätte, wie er als- denn damit hausen würde. Dergleichen Phantastische Vorstellungen kanns nun unzehliche geben; und eine je- de kann wieder unzehliche, und oftmals entsetzlich starcke Paßionen erregen, die in der Seele wircklich mit gros- ser Lust und Wohlgefallen in einer langen Reihe nach einander, und in langer Zeit fortgetrieben und ausge- übet werden. Sie hengen nicht nur untereinander Ket- tenweise zusammen, sondern sie führen auch diese viertel Stunde durch in sehr vielerley andere und gantz ver- schiedene Arten der Sünden hinein. Und dis alles bleibt dem Menschen zu dieser Zeit mehrentheils unbewust, weil er nicht gewohnt ist, auf sich zu mercken: mithin bleibts bis zu jener grossen Berechnung angeschrieben und noch dazu verborgen. O wie viel Millionen Sünden wird mancher auf seinem Schuldzettel finden, davon er nichts wird wissen wollen, die er wenigstens nicht vermuthet hätte Matth. 25, 44.
(III. Th.) Von den ſicheren Mitteln
3) Daß alles ſuͤndigen eines Gottloſen nicht nur „fuͤr ſeine einige Perſon gantz Syſtematiſch ſey, „und jede ſuͤndliche That ihn aller ſeiner uͤbrigen „Suͤnden zugleich mit ſchuldig mache: ſondern, daß „derſelbe auch eine unglaubliche Menge anderer „Menſchen, und oͤfters unſchuldiger Seelen aͤrgere „und ſuͤndigen mache. Geſetzt nun er veranlaſſete „in ſeinem gantzen Leben, (das iſt 50. Jahre hin- „durch) nur 1000. andere zu ſuͤndigen; und dieſe „bringen dergleichen uͤbernommene oder angeerbte „Suͤnden wieder auf wer weiß wie viele andere; „dieſe wieder auf andere, und das ſo einige Jahr- „hunderte durch: welch eine groſſe Summe Suͤn- „den wird auf des Verfuͤhrers oder Urhebers Hals „und Kopf fortgetrieben, wenn ſie gleich jeder Ver- „fuͤhrter nur einmal nachgethan haͤtte. Bleibts „aber bey einem mahl? Und wie, wenns Suͤnden „ſind, wodurch zuweilen gantze Familien, Staͤdte „und Laͤnder ins Seufzen oder Ungluͤck, oder gar in „voͤlligen Ruin geſetzt, und zu unzehlichen andern „Verſchuldungen gleichſam genoͤthiget werden?
4) „Solte man erſt die Rechnung nach den all- „gemeinen und beſonderen Claſſen der Suͤnden, oder
„auch
anderer bildet ſich ein, wenn er einen Schatz gefunden, oder etliche hundert Thaler gewonnen haͤtte, wie er als- denn damit hauſen wuͤrde. Dergleichen Phantaſtiſche Vorſtellungen kanns nun unzehliche geben; und eine je- de kann wieder unzehliche, und oftmals entſetzlich ſtarcke Paßionen erregen, die in der Seele wircklich mit groſ- ſer Luſt und Wohlgefallen in einer langen Reihe nach einander, und in langer Zeit fortgetrieben und ausge- uͤbet werden. Sie hengen nicht nur untereinander Ket- tenweiſe zuſammen, ſondern ſie fuͤhren auch dieſe viertel Stunde durch in ſehr vielerley andere und gantz ver- ſchiedene Arten der Suͤnden hinein. Und dis alles bleibt dem Menſchen zu dieſer Zeit mehrentheils unbewuſt, weil er nicht gewohnt iſt, auf ſich zu mercken: mithin bleibts bis zu jener groſſen Berechnung angeſchrieben und noch dazu verborgen. O wie viel Millionen Suͤnden wird mancher auf ſeinem Schuldzettel finden, davon er nichts wird wiſſen wollen, die er wenigſtens nicht vermuthet haͤtte Matth. 25, 44.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0418"n="398"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">III.</hi> Th.) <hirendition="#b">Von den ſicheren Mitteln</hi></fw><lb/><notexml:id="seg2pn_1_2"prev="#seg2pn_1_1"place="foot"n="*">anderer bildet ſich ein, wenn er einen Schatz gefunden,<lb/>
oder etliche hundert Thaler gewonnen haͤtte, wie er als-<lb/>
denn damit hauſen wuͤrde. Dergleichen Phantaſtiſche<lb/>
Vorſtellungen kanns nun unzehliche geben; und eine je-<lb/>
de kann wieder unzehliche, und oftmals entſetzlich ſtarcke<lb/>
Paßionen erregen, die in der Seele wircklich mit groſ-<lb/>ſer Luſt und Wohlgefallen in einer langen Reihe nach<lb/>
einander, und in langer Zeit fortgetrieben und ausge-<lb/>
uͤbet werden. Sie hengen nicht nur untereinander Ket-<lb/>
tenweiſe zuſammen, ſondern ſie fuͤhren auch dieſe viertel<lb/>
Stunde durch in ſehr vielerley andere und gantz ver-<lb/>ſchiedene Arten der Suͤnden hinein. Und dis alles bleibt<lb/>
dem Menſchen zu dieſer Zeit mehrentheils unbewuſt, weil<lb/>
er nicht gewohnt iſt, auf ſich zu mercken: mithin bleibts<lb/>
bis zu jener groſſen Berechnung angeſchrieben und noch<lb/>
dazu verborgen. O wie viel Millionen Suͤnden wird<lb/>
mancher auf ſeinem Schuldzettel finden, davon er nichts<lb/>
wird wiſſen wollen, die er wenigſtens nicht vermuthet<lb/>
haͤtte Matth. 25, 44.</note><lb/><p>3) Daß alles ſuͤndigen eines Gottloſen nicht nur<lb/>„fuͤr ſeine einige Perſon gantz Syſtematiſch ſey,<lb/>„und jede ſuͤndliche That ihn aller ſeiner uͤbrigen<lb/>„Suͤnden zugleich mit ſchuldig mache: ſondern, daß<lb/>„derſelbe auch eine unglaubliche Menge anderer<lb/>„Menſchen, und oͤfters unſchuldiger Seelen aͤrgere<lb/>„und ſuͤndigen mache. Geſetzt nun er veranlaſſete<lb/>„in ſeinem gantzen Leben, (das iſt 50. Jahre hin-<lb/>„durch) nur 1000. andere zu ſuͤndigen; und dieſe<lb/>„bringen dergleichen uͤbernommene oder angeerbte<lb/>„Suͤnden wieder auf wer weiß wie viele andere;<lb/>„dieſe wieder auf andere, und das ſo einige Jahr-<lb/>„hunderte durch: welch eine groſſe Summe Suͤn-<lb/>„den wird auf des Verfuͤhrers oder Urhebers Hals<lb/>„und Kopf fortgetrieben, wenn ſie gleich jeder Ver-<lb/>„fuͤhrter nur einmal nachgethan haͤtte. Bleibts<lb/>„aber bey einem mahl? Und wie, wenns Suͤnden<lb/>„ſind, wodurch zuweilen gantze Familien, Staͤdte<lb/>„und Laͤnder ins Seufzen oder Ungluͤck, oder gar in<lb/>„voͤlligen Ruin geſetzt, und zu unzehlichen andern<lb/>„Verſchuldungen gleichſam genoͤthiget werden?</p><lb/><p>4) „Solte man erſt die Rechnung nach den all-<lb/>„gemeinen und beſonderen Claſſen der Suͤnden, oder<lb/><fwplace="bottom"type="catch">„auch</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[398/0418]
(III. Th.) Von den ſicheren Mitteln
*
3) Daß alles ſuͤndigen eines Gottloſen nicht nur
„fuͤr ſeine einige Perſon gantz Syſtematiſch ſey,
„und jede ſuͤndliche That ihn aller ſeiner uͤbrigen
„Suͤnden zugleich mit ſchuldig mache: ſondern, daß
„derſelbe auch eine unglaubliche Menge anderer
„Menſchen, und oͤfters unſchuldiger Seelen aͤrgere
„und ſuͤndigen mache. Geſetzt nun er veranlaſſete
„in ſeinem gantzen Leben, (das iſt 50. Jahre hin-
„durch) nur 1000. andere zu ſuͤndigen; und dieſe
„bringen dergleichen uͤbernommene oder angeerbte
„Suͤnden wieder auf wer weiß wie viele andere;
„dieſe wieder auf andere, und das ſo einige Jahr-
„hunderte durch: welch eine groſſe Summe Suͤn-
„den wird auf des Verfuͤhrers oder Urhebers Hals
„und Kopf fortgetrieben, wenn ſie gleich jeder Ver-
„fuͤhrter nur einmal nachgethan haͤtte. Bleibts
„aber bey einem mahl? Und wie, wenns Suͤnden
„ſind, wodurch zuweilen gantze Familien, Staͤdte
„und Laͤnder ins Seufzen oder Ungluͤck, oder gar in
„voͤlligen Ruin geſetzt, und zu unzehlichen andern
„Verſchuldungen gleichſam genoͤthiget werden?
4) „Solte man erſt die Rechnung nach den all-
„gemeinen und beſonderen Claſſen der Suͤnden, oder
„auch
* anderer bildet ſich ein, wenn er einen Schatz gefunden,
oder etliche hundert Thaler gewonnen haͤtte, wie er als-
denn damit hauſen wuͤrde. Dergleichen Phantaſtiſche
Vorſtellungen kanns nun unzehliche geben; und eine je-
de kann wieder unzehliche, und oftmals entſetzlich ſtarcke
Paßionen erregen, die in der Seele wircklich mit groſ-
ſer Luſt und Wohlgefallen in einer langen Reihe nach
einander, und in langer Zeit fortgetrieben und ausge-
uͤbet werden. Sie hengen nicht nur untereinander Ket-
tenweiſe zuſammen, ſondern ſie fuͤhren auch dieſe viertel
Stunde durch in ſehr vielerley andere und gantz ver-
ſchiedene Arten der Suͤnden hinein. Und dis alles bleibt
dem Menſchen zu dieſer Zeit mehrentheils unbewuſt, weil
er nicht gewohnt iſt, auf ſich zu mercken: mithin bleibts
bis zu jener groſſen Berechnung angeſchrieben und noch
dazu verborgen. O wie viel Millionen Suͤnden wird
mancher auf ſeinem Schuldzettel finden, davon er nichts
wird wiſſen wollen, die er wenigſtens nicht vermuthet
haͤtte Matth. 25, 44.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/418>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.