Gnaden und einen unerschrocken freudigen Ge- wissen vor GOtt gekommen sind! Es hat allzu- viel auf sich, die Zeit der Gnadenheimsuchungen und die kräftigen Rührungen der Liebe GOttes zu versäumen: sie kommen nicht alle Tage und Stunden wieder; mancher wird Jahr und Tag seinem Undanck und Eigensinn überlassen, bis er den Ruff GOttes wiederspüret!
[b]) Zum andern müssen sie ihre Kranck-b) Erken- ne dich selbst in deinen 1) Sün- denschul- den. heit und sündlichen Jammer recht su- chen kennen und fühlen zu lernen. Wie wolte sonst GOtt das Verlangen nach einem andern Zustand, und die schmertz- liche Reue in ihnen würcken? wer wird sich wohl nach einem Artzte umsehen, so er nicht weiß, daß er sehr kranck ist? wer wird ihn sehnlicher erwarten, als der, den es am meisten schmertzet? So sie nun dis redlich ver- langen, so wird ihnen der barmhertzige und treue Heiland, so fern sie sich der von ihm ver- ordneten Mittel recht gebrauchen, nicht nur ihre begangene unzehlbare Sünden und unabträg- liche Schulden zu erkennen geben, sondern vor allem andern ihre erschreckliche und bejammerns- würdige Sündlichkeit.
Begangene Sünden können sie am leichte- sten und einfältigsten erkennen, wenn sie ihren Lebenslauf durchgehen, und daraus alles was Jhnen nur einfällt, nach den heiligen Geboten unsers HErrn prüfen. Die Sache ist gar nicht schwer: sie wird aber von dem sehr trotzi- gen und sehr verzagten Hertzen schwer gemacht.
Das-
B b 4
wieder die Unreinigkeit.
Gnaden und einen unerſchrocken freudigen Ge- wiſſen vor GOtt gekommen ſind! Es hat allzu- viel auf ſich, die Zeit der Gnadenheimſuchungen und die kraͤftigen Ruͤhrungen der Liebe GOttes zu verſaͤumen: ſie kommen nicht alle Tage und Stunden wieder; mancher wird Jahr und Tag ſeinem Undanck und Eigenſinn uͤberlaſſen, bis er den Ruff GOttes wiederſpuͤret!
[β]) Zum andern muͤſſen ſie ihre Kranck-b) Erken- ne dich ſelbſt in deinen 1) Suͤn- denſchul- den. heit und ſuͤndlichen Jammer recht ſu- chen kennen und fuͤhlen zu lernen. Wie wolte ſonſt GOtt das Verlangen nach einem andern Zuſtand, und die ſchmertz- liche Reue in ihnen wuͤrcken? wer wird ſich wohl nach einem Artzte umſehen, ſo er nicht weiß, daß er ſehr kranck iſt? wer wird ihn ſehnlicher erwarten, als der, den es am meiſten ſchmertzet? So ſie nun dis redlich ver- langen, ſo wird ihnen der barmhertzige und treue Heiland, ſo fern ſie ſich der von ihm ver- ordneten Mittel recht gebrauchen, nicht nur ihre begangene unzehlbare Suͤnden und unabtraͤg- liche Schulden zu erkennen geben, ſondern vor allem andern ihre erſchreckliche und bejammerns- wuͤrdige Suͤndlichkeit.
Begangene Suͤnden koͤnnen ſie am leichte- ſten und einfaͤltigſten erkennen, wenn ſie ihren Lebenslauf durchgehen, und daraus alles was Jhnen nur einfaͤllt, nach den heiligen Geboten unſers HErrn pruͤfen. Die Sache iſt gar nicht ſchwer: ſie wird aber von dem ſehr trotzi- gen und ſehr verzagten Hertzen ſchwer gemacht.
Daſ-
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wieder die Unreinigkeit.
Gnaden und einen unerſchrocken freudigen Ge-
wiſſen vor GOtt gekommen ſind! Es hat allzu-
viel auf ſich, die Zeit der Gnadenheimſuchungen
und die kraͤftigen Ruͤhrungen der Liebe GOttes
zu verſaͤumen: ſie kommen nicht alle Tage und
Stunden wieder; mancher wird Jahr und Tag
ſeinem Undanck und Eigenſinn uͤberlaſſen, bis
er den Ruff GOttes wiederſpuͤret!
β) Zum andern muͤſſen ſie ihre Kranck-
heit und ſuͤndlichen Jammer recht ſu-
chen kennen und fuͤhlen zu lernen. Wie
wolte ſonſt GOtt das Verlangen nach
einem andern Zuſtand, und die ſchmertz-
liche Reue in ihnen wuͤrcken? wer wird
ſich wohl nach einem Artzte umſehen, ſo
er nicht weiß, daß er ſehr kranck iſt? wer
wird ihn ſehnlicher erwarten, als der, den es am
meiſten ſchmertzet? So ſie nun dis redlich ver-
langen, ſo wird ihnen der barmhertzige und
treue Heiland, ſo fern ſie ſich der von ihm ver-
ordneten Mittel recht gebrauchen, nicht nur ihre
begangene unzehlbare Suͤnden und unabtraͤg-
liche Schulden zu erkennen geben, ſondern vor
allem andern ihre erſchreckliche und bejammerns-
wuͤrdige Suͤndlichkeit.
b) Erken-
ne dich
ſelbſt in
deinen
1) Suͤn-
denſchul-
den.
Begangene Suͤnden koͤnnen ſie am leichte-
ſten und einfaͤltigſten erkennen, wenn ſie ihren
Lebenslauf durchgehen, und daraus alles was
Jhnen nur einfaͤllt, nach den heiligen Geboten
unſers HErrn pruͤfen. Die Sache iſt gar
nicht ſchwer: ſie wird aber von dem ſehr trotzi-
gen und ſehr verzagten Hertzen ſchwer gemacht.
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/411>, abgerufen am 23.11.2024.
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