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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

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(I. Th.) Anatomisch-Medicinische
werden. Das menschliche Leben bringet von sich selbst Jam-
mer genug mit sich: und wir dürfen uns nicht leid seyn las-
sen, daß es unsern Kindern an ihrem bescheidenen Theil feh-
len werde. Sie werden sich selbst mehr als zu viel, (und
mehr als zu bald) dergleichen Kranckheiten zuziehen; ohne
daß wir nöthig haben, dieselben mit angeerbten Glieder-
schmertzen, krüpplichten Gelencken und schwachen Beinen ans
Licht der Welt zu bringen, und ihnen Ursache zu geben, Va-
ter und Mutter, wie täglich von vielen geschiehet, zu verflu-
chen. Es ist kein Zweifel, daß die Unmäßigkeit und Aus-
schweifungen, davon ich in diesem Capitel geredet habe, bis-
weilen von einer Linie auf die andere, bis ins dritte und vier-
te Geschlecht fortgepflantzt werden; und manches Elend des
Lebens dem angesteckten Geblüt der Vorfahren zuzuschreiben
sey. Wenn doch nur solche Leute einen ernstlichen Blick auf
die grosse Anzahl Kinder thun wolten, welche zu dieser wohl-
lüstigen, unmäßigen und lasterhaften Zeit, absonderlich in
dieser Stadt, zur Welt geboren werden, und in ihrer ersten
Kindheit wieder dahin sterben: die mit Kranckheiten, als
den Wirckungen von ihrer Eltern Unmäßigkeit und unna-
türlichen Lastern behafftet in die Welt kommen, und etliche
wenige Tage mit dem unerträglichen Leben kämpfen, bis sie
unter der Last desselben den Geist wieder aufgeben: es ist
nur etliche wenige Tage, daß ich in Familien, die man nicht
weit zu suchen hat, dergleichen Exempel gesehen habe. Jch
darf mich hierbey nicht deutlicher heraus lassen, sondern will
nur denenjenigen, die sich schuldig finden, zu Gemüthe füh-
ren, daß die wilden Thiere im Walde, welche ihrem ordent-
lichen Triebe folgen, in diesem Stück sich viel ehrbarer bezei-
gen. Der wilde Esel, den die Schrift als das allerlaster-
hafteste und unkeuscheste Thier beschreibet, hat seine gewisse
Zeit. Denn es stehet: in ihren Monaten werde man sie
finden.
Also haben auch alle übrigen Thiere ihre gewisse
Jahrszeiten, die sie nach dem Gesetz der Natur genau beob-
achten. Nur der Mensch allein pflegt sich hiervon auszu-
schliessen etc.

Und p. 392. Der Urheber des Lebens ist der Regierer und
Erhalter des Lebens: uud dat die Gesetze desselben als ein
Hauptstück der unterschiedenen Leibesbeschaffenheiten bestim-
met; wodurch alle Creaturen regieret werden, und auch den-
selben, insgemein betrachtet, (weil sie mit solcher Beschaffen-
heit oder Ordnung zufrieden sind) freywillig und gerne ge-
horchen. Die unvernünftigen Thiere folgen dem Gesetz der
Natur. Und dieses ist keine Unterwürfigkeit und kein Ge-
harsam; sondern eine blosse Folge ihres Lebens. Es ist die
Art und Weise, auf welche ihre natürlichen Kräfte regieret
werden. Es ist gleichsam der Canal, worin sie fliessen. Sie

wissen

(I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche
werden. Das menſchliche Leben bringet von ſich ſelbſt Jam-
mer genug mit ſich: und wir duͤrfen uns nicht leid ſeyn laſ-
ſen, daß es unſern Kindern an ihrem beſcheidenen Theil feh-
len werde. Sie werden ſich ſelbſt mehr als zu viel, (und
mehr als zu bald) dergleichen Kranckheiten zuziehen; ohne
daß wir noͤthig haben, dieſelben mit angeerbten Glieder-
ſchmertzen, kruͤpplichten Gelencken und ſchwachen Beinen ans
Licht der Welt zu bringen, und ihnen Urſache zu geben, Va-
ter und Mutter, wie taͤglich von vielen geſchiehet, zu verflu-
chen. Es iſt kein Zweifel, daß die Unmaͤßigkeit und Aus-
ſchweifungen, davon ich in dieſem Capitel geredet habe, bis-
weilen von einer Linie auf die andere, bis ins dritte und vier-
te Geſchlecht fortgepflantzt werden; und manches Elend des
Lebens dem angeſteckten Gebluͤt der Vorfahren zuzuſchreiben
ſey. Wenn doch nur ſolche Leute einen ernſtlichen Blick auf
die groſſe Anzahl Kinder thun wolten, welche zu dieſer wohl-
luͤſtigen, unmaͤßigen und laſterhaften Zeit, abſonderlich in
dieſer Stadt, zur Welt geboren werden, und in ihrer erſten
Kindheit wieder dahin ſterben: die mit Kranckheiten, als
den Wirckungen von ihrer Eltern Unmaͤßigkeit und unna-
tuͤrlichen Laſtern behafftet in die Welt kommen, und etliche
wenige Tage mit dem unertraͤglichen Leben kaͤmpfen, bis ſie
unter der Laſt deſſelben den Geiſt wieder aufgeben: es iſt
nur etliche wenige Tage, daß ich in Familien, die man nicht
weit zu ſuchen hat, dergleichen Exempel geſehen habe. Jch
darf mich hierbey nicht deutlicher heraus laſſen, ſondern will
nur denenjenigen, die ſich ſchuldig finden, zu Gemuͤthe fuͤh-
ren, daß die wilden Thiere im Walde, welche ihrem ordent-
lichen Triebe folgen, in dieſem Stuͤck ſich viel ehrbarer bezei-
gen. Der wilde Eſel, den die Schrift als das allerlaſter-
hafteſte und unkeuſcheſte Thier beſchreibet, hat ſeine gewiſſe
Zeit. Denn es ſtehet: in ihren Monaten werde man ſie
finden.
Alſo haben auch alle uͤbrigen Thiere ihre gewiſſe
Jahrszeiten, die ſie nach dem Geſetz der Natur genau beob-
achten. Nur der Menſch allein pflegt ſich hiervon auszu-
ſchlieſſen ꝛc.

Und p. 392. Der Urheber des Lebens iſt der Regierer und
Erhalter des Lebens: uud dat die Geſetze deſſelben als ein
Hauptſtuͤck der unterſchiedenen Leibesbeſchaffenheiten beſtim-
met; wodurch alle Creaturen regieret werden, und auch den-
ſelben, insgemein betrachtet, (weil ſie mit ſolcher Beſchaffen-
heit oder Ordnung zufrieden ſind) freywillig und gerne ge-
horchen. Die unvernuͤnftigen Thiere folgen dem Geſetz der
Natur. Und dieſes iſt keine Unterwuͤrfigkeit und kein Ge-
harſam; ſondern eine bloſſe Folge ihres Lebens. Es iſt die
Art und Weiſe, auf welche ihre natuͤrlichen Kraͤfte regieret
werden. Es iſt gleichſam der Canal, worin ſie flieſſen. Sie

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[204/0224] (I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche werden. Das menſchliche Leben bringet von ſich ſelbſt Jam- mer genug mit ſich: und wir duͤrfen uns nicht leid ſeyn laſ- ſen, daß es unſern Kindern an ihrem beſcheidenen Theil feh- len werde. Sie werden ſich ſelbſt mehr als zu viel, (und mehr als zu bald) dergleichen Kranckheiten zuziehen; ohne daß wir noͤthig haben, dieſelben mit angeerbten Glieder- ſchmertzen, kruͤpplichten Gelencken und ſchwachen Beinen ans Licht der Welt zu bringen, und ihnen Urſache zu geben, Va- ter und Mutter, wie taͤglich von vielen geſchiehet, zu verflu- chen. Es iſt kein Zweifel, daß die Unmaͤßigkeit und Aus- ſchweifungen, davon ich in dieſem Capitel geredet habe, bis- weilen von einer Linie auf die andere, bis ins dritte und vier- te Geſchlecht fortgepflantzt werden; und manches Elend des Lebens dem angeſteckten Gebluͤt der Vorfahren zuzuſchreiben ſey. Wenn doch nur ſolche Leute einen ernſtlichen Blick auf die groſſe Anzahl Kinder thun wolten, welche zu dieſer wohl- luͤſtigen, unmaͤßigen und laſterhaften Zeit, abſonderlich in dieſer Stadt, zur Welt geboren werden, und in ihrer erſten Kindheit wieder dahin ſterben: die mit Kranckheiten, als den Wirckungen von ihrer Eltern Unmaͤßigkeit und unna- tuͤrlichen Laſtern behafftet in die Welt kommen, und etliche wenige Tage mit dem unertraͤglichen Leben kaͤmpfen, bis ſie unter der Laſt deſſelben den Geiſt wieder aufgeben: es iſt nur etliche wenige Tage, daß ich in Familien, die man nicht weit zu ſuchen hat, dergleichen Exempel geſehen habe. Jch darf mich hierbey nicht deutlicher heraus laſſen, ſondern will nur denenjenigen, die ſich ſchuldig finden, zu Gemuͤthe fuͤh- ren, daß die wilden Thiere im Walde, welche ihrem ordent- lichen Triebe folgen, in dieſem Stuͤck ſich viel ehrbarer bezei- gen. Der wilde Eſel, den die Schrift als das allerlaſter- hafteſte und unkeuſcheſte Thier beſchreibet, hat ſeine gewiſſe Zeit. Denn es ſtehet: in ihren Monaten werde man ſie finden. Alſo haben auch alle uͤbrigen Thiere ihre gewiſſe Jahrszeiten, die ſie nach dem Geſetz der Natur genau beob- achten. Nur der Menſch allein pflegt ſich hiervon auszu- ſchlieſſen ꝛc. Und p. 392. Der Urheber des Lebens iſt der Regierer und Erhalter des Lebens: uud dat die Geſetze deſſelben als ein Hauptſtuͤck der unterſchiedenen Leibesbeſchaffenheiten beſtim- met; wodurch alle Creaturen regieret werden, und auch den- ſelben, insgemein betrachtet, (weil ſie mit ſolcher Beſchaffen- heit oder Ordnung zufrieden ſind) freywillig und gerne ge- horchen. Die unvernuͤnftigen Thiere folgen dem Geſetz der Natur. Und dieſes iſt keine Unterwuͤrfigkeit und kein Ge- harſam; ſondern eine bloſſe Folge ihres Lebens. Es iſt die Art und Weiſe, auf welche ihre natuͤrlichen Kraͤfte regieret werden. Es iſt gleichſam der Canal, worin ſie flieſſen. Sie wiſſen

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Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/224>, abgerufen am 27.11.2024.