Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.Betrachtung der Unreinigkeit. gigkeit der Jahrszeit oder einem andern schlechten Zufall auf-zugeben. Wie muß einem solchen Menschen zu Muthe seyn, sage ich, wenn sich ihm sein Laster in seiner allergräßlichsten Gestalt darstellet? Wenn ihm sein Gewissen vorrücket, daß er durch so viel wiederholte Mordthaten sich endlich selbst, noch wohl vor seinem dreyßigsten Jahre (davon mir unter- schiedliche Exempel aus eigener Erfahrung bekannt sind) ins Grab stürtzet? Wenn sich dieses grosse Unglück nur so gar selten zuträgt, so giebt es viel andere Schwachheiten, die sehr kümmerliche Gedancken verursachen können. Wenn sich Leute von ansehnlichen Vermögen, in der besten Blüte ihres Alters ihrer Mannheit beraubet finden, und aus Ueberzeugung ihres Unvermögens und der verfluchten Ursache desselben sich gezwungen sehen, die vortheilhaftesten Heyrathen auszuschla- gen, und ohne die geringste Hoffnung einiger Erben andern zur Verachtung und sich selbst zur Last herum gehen, wel- chem Unglück vielleicht noch diese Mortification beygefüget wird, daß der Name und die Ehre eines alten Geschlechts mit ihnen verlöschet, und in eine ewige Vergessenheit ver- graben wird, da immittelst die prächtigen Gebäude und schö- nen Landsitze ihrer tugendhaften Vorfahren von Fremden be- sessen, oder wohl gar niedergerissen werden. Andere, denen es eben nicht an Erben nach ihrem Tode fehlet, bekommen doch kleine verbuttete Kinder, die mehr durch Artzeney, als Küchenspeisen aufgezogen werden, welche sie mit 14. oder 15. Jahren, oder vielleicht noch jünger wieder verlassen müssen, ohne einige Wahrscheinlichkeit zu einem rechten Alter zu ge- langen. Wenn nun Leute von grossem Vermögen nicht wei- ter als auf diese sehen können, und zugleich Ursach haben sich selbst alle Schuld beyzumessen, weil sie sich in ihrer Ju- gend durch die schändliche Selbstbefleckung so sehr geschwächet haben: so muß solches allerdings ein sehr trauriger Zustand seyn. P. 29. - - - - Wie muß nicht die Schuld die Personen fe N 2
Betrachtung der Unreinigkeit. gigkeit der Jahrszeit oder einem andern ſchlechten Zufall auf-zugeben. Wie muß einem ſolchen Menſchen zu Muthe ſeyn, ſage ich, wenn ſich ihm ſein Laſter in ſeiner allergraͤßlichſten Geſtalt darſtellet? Wenn ihm ſein Gewiſſen vorruͤcket, daß er durch ſo viel wiederholte Mordthaten ſich endlich ſelbſt, noch wohl vor ſeinem dreyßigſten Jahre (davon mir unter- ſchiedliche Exempel aus eigener Erfahrung bekannt ſind) ins Grab ſtuͤrtzet? Wenn ſich dieſes groſſe Ungluͤck nur ſo gar ſelten zutraͤgt, ſo giebt es viel andere Schwachheiten, die ſehr kuͤmmerliche Gedancken verurſachen koͤnnen. Wenn ſich Leute von anſehnlichen Vermoͤgen, in der beſten Bluͤte ihres Alters ihrer Mannheit beraubet finden, und aus Ueberzeugung ihres Unvermoͤgens und der verfluchten Urſache deſſelben ſich gezwungen ſehen, die vortheilhafteſten Heyrathen auszuſchla- gen, und ohne die geringſte Hoffnung einiger Erben andern zur Verachtung und ſich ſelbſt zur Laſt herum gehen, wel- chem Ungluͤck vielleicht noch dieſe Mortification beygefuͤget wird, daß der Name und die Ehre eines alten Geſchlechts mit ihnen verloͤſchet, und in eine ewige Vergeſſenheit ver- graben wird, da immittelſt die praͤchtigen Gebaͤude und ſchoͤ- nen Landſitze ihrer tugendhaften Vorfahren von Fremden be- ſeſſen, oder wohl gar niedergeriſſen werden. Andere, denen es eben nicht an Erben nach ihrem Tode fehlet, bekommen doch kleine verbuttete Kinder, die mehr durch Artzeney, als Kuͤchenſpeiſen aufgezogen werden, welche ſie mit 14. oder 15. Jahren, oder vielleicht noch juͤnger wieder verlaſſen muͤſſen, ohne einige Wahrſcheinlichkeit zu einem rechten Alter zu ge- langen. Wenn nun Leute von groſſem Vermoͤgen nicht wei- ter als auf dieſe ſehen koͤnnen, und zugleich Urſach haben ſich ſelbſt alle Schuld beyzumeſſen, weil ſie ſich in ihrer Ju- gend durch die ſchaͤndliche Selbſtbefleckung ſo ſehr geſchwaͤchet haben: ſo muß ſolches allerdings ein ſehr trauriger Zuſtand ſeyn. P. 29. ‒ ‒ ‒ ‒ Wie muß nicht die Schuld die Perſonen fe N 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0215" n="195"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Betrachtung der Unreinigkeit.</hi></fw><lb/> gigkeit der Jahrszeit oder einem andern ſchlechten Zufall auf-<lb/> zugeben. Wie muß einem ſolchen Menſchen zu Muthe ſeyn,<lb/> ſage ich, wenn ſich ihm ſein Laſter in ſeiner allergraͤßlichſten<lb/> Geſtalt darſtellet? Wenn ihm ſein Gewiſſen vorruͤcket, daß<lb/> er durch ſo viel wiederholte Mordthaten ſich endlich ſelbſt,<lb/> noch wohl vor ſeinem dreyßigſten Jahre (davon mir unter-<lb/> ſchiedliche Exempel aus eigener Erfahrung bekannt ſind) ins<lb/> Grab ſtuͤrtzet? Wenn ſich dieſes groſſe Ungluͤck nur ſo gar<lb/> ſelten zutraͤgt, ſo giebt es viel andere Schwachheiten, die<lb/> ſehr kuͤmmerliche Gedancken verurſachen koͤnnen. Wenn ſich<lb/> Leute von anſehnlichen Vermoͤgen, in der beſten Bluͤte ihres<lb/> Alters ihrer Mannheit beraubet finden, und aus Ueberzeugung<lb/> ihres Unvermoͤgens und der verfluchten Urſache deſſelben ſich<lb/> gezwungen ſehen, die vortheilhafteſten Heyrathen auszuſchla-<lb/> gen, und ohne die geringſte Hoffnung einiger Erben andern<lb/> zur Verachtung und ſich ſelbſt zur Laſt herum gehen, wel-<lb/> chem Ungluͤck vielleicht noch dieſe Mortification beygefuͤget<lb/> wird, daß der Name und die Ehre eines alten Geſchlechts<lb/> mit ihnen verloͤſchet, und in eine ewige Vergeſſenheit ver-<lb/> graben wird, da immittelſt die praͤchtigen Gebaͤude und ſchoͤ-<lb/> nen Landſitze ihrer tugendhaften Vorfahren von Fremden be-<lb/> ſeſſen, oder wohl gar niedergeriſſen werden. Andere, denen<lb/> es eben nicht an Erben nach ihrem Tode fehlet, bekommen<lb/> doch kleine verbuttete Kinder, die mehr durch Artzeney, als<lb/> Kuͤchenſpeiſen aufgezogen werden, welche ſie mit 14. oder 15.<lb/> Jahren, oder vielleicht noch juͤnger wieder verlaſſen muͤſſen,<lb/> ohne einige Wahrſcheinlichkeit zu einem rechten Alter zu ge-<lb/> langen. Wenn nun Leute von groſſem Vermoͤgen nicht wei-<lb/> ter als auf dieſe ſehen koͤnnen, und zugleich Urſach haben<lb/> ſich ſelbſt alle Schuld beyzumeſſen, weil ſie ſich in ihrer Ju-<lb/> gend durch die ſchaͤndliche Selbſtbefleckung ſo ſehr geſchwaͤchet<lb/> haben: ſo muß ſolches allerdings ein ſehr trauriger Zuſtand<lb/> ſeyn.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">P.</hi> 29. ‒ ‒ ‒ ‒ Wie muß nicht die Schuld die Perſonen<lb/> beyderley Geſchlechts beſtuͤrtzt und verwirret machen, wenn<lb/> ſie von der Ueberzeugung ihrer vielfaͤltigen Laſter und er-<lb/> ſchrecklichen Beleidigungen GOttes geruͤhret werden. O wie<lb/> muͤſſen ſie mit Schmertzen an die vergangenen Haͤndel zuruͤck<lb/> gedencken! wie groß werden ſie ſich nicht alsdenn dieſe Laſter<lb/> in ihrer eigenen Einbildung vorſtellen! Und es bilde ſich nur<lb/> niemand ein, daß die Folgen dieſer Suͤnde und aller Wercke<lb/> der Unreinigkeit bey denen nicht ſo traurig ſeyn werden, die<lb/> entweder dergleichen leiblichen Plagen und Schwachheiten<lb/> nicht treffen, und uͤber welche kein zeitliches Elend einigen<lb/> Eindruck machen oder ſie zur Buſſe bewegen kann. Dieje-<lb/> nigen, die niemals einige Bekuͤmmerniß uͤber ihre Suͤnden<lb/> fuͤhlen, ſind oft auch eben ſo unempfindlich wegen der Stra-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">N 2</fw><fw place="bottom" type="catch">fe</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [195/0215]
Betrachtung der Unreinigkeit.
gigkeit der Jahrszeit oder einem andern ſchlechten Zufall auf-
zugeben. Wie muß einem ſolchen Menſchen zu Muthe ſeyn,
ſage ich, wenn ſich ihm ſein Laſter in ſeiner allergraͤßlichſten
Geſtalt darſtellet? Wenn ihm ſein Gewiſſen vorruͤcket, daß
er durch ſo viel wiederholte Mordthaten ſich endlich ſelbſt,
noch wohl vor ſeinem dreyßigſten Jahre (davon mir unter-
ſchiedliche Exempel aus eigener Erfahrung bekannt ſind) ins
Grab ſtuͤrtzet? Wenn ſich dieſes groſſe Ungluͤck nur ſo gar
ſelten zutraͤgt, ſo giebt es viel andere Schwachheiten, die
ſehr kuͤmmerliche Gedancken verurſachen koͤnnen. Wenn ſich
Leute von anſehnlichen Vermoͤgen, in der beſten Bluͤte ihres
Alters ihrer Mannheit beraubet finden, und aus Ueberzeugung
ihres Unvermoͤgens und der verfluchten Urſache deſſelben ſich
gezwungen ſehen, die vortheilhafteſten Heyrathen auszuſchla-
gen, und ohne die geringſte Hoffnung einiger Erben andern
zur Verachtung und ſich ſelbſt zur Laſt herum gehen, wel-
chem Ungluͤck vielleicht noch dieſe Mortification beygefuͤget
wird, daß der Name und die Ehre eines alten Geſchlechts
mit ihnen verloͤſchet, und in eine ewige Vergeſſenheit ver-
graben wird, da immittelſt die praͤchtigen Gebaͤude und ſchoͤ-
nen Landſitze ihrer tugendhaften Vorfahren von Fremden be-
ſeſſen, oder wohl gar niedergeriſſen werden. Andere, denen
es eben nicht an Erben nach ihrem Tode fehlet, bekommen
doch kleine verbuttete Kinder, die mehr durch Artzeney, als
Kuͤchenſpeiſen aufgezogen werden, welche ſie mit 14. oder 15.
Jahren, oder vielleicht noch juͤnger wieder verlaſſen muͤſſen,
ohne einige Wahrſcheinlichkeit zu einem rechten Alter zu ge-
langen. Wenn nun Leute von groſſem Vermoͤgen nicht wei-
ter als auf dieſe ſehen koͤnnen, und zugleich Urſach haben
ſich ſelbſt alle Schuld beyzumeſſen, weil ſie ſich in ihrer Ju-
gend durch die ſchaͤndliche Selbſtbefleckung ſo ſehr geſchwaͤchet
haben: ſo muß ſolches allerdings ein ſehr trauriger Zuſtand
ſeyn.
P. 29. ‒ ‒ ‒ ‒ Wie muß nicht die Schuld die Perſonen
beyderley Geſchlechts beſtuͤrtzt und verwirret machen, wenn
ſie von der Ueberzeugung ihrer vielfaͤltigen Laſter und er-
ſchrecklichen Beleidigungen GOttes geruͤhret werden. O wie
muͤſſen ſie mit Schmertzen an die vergangenen Haͤndel zuruͤck
gedencken! wie groß werden ſie ſich nicht alsdenn dieſe Laſter
in ihrer eigenen Einbildung vorſtellen! Und es bilde ſich nur
niemand ein, daß die Folgen dieſer Suͤnde und aller Wercke
der Unreinigkeit bey denen nicht ſo traurig ſeyn werden, die
entweder dergleichen leiblichen Plagen und Schwachheiten
nicht treffen, und uͤber welche kein zeitliches Elend einigen
Eindruck machen oder ſie zur Buſſe bewegen kann. Dieje-
nigen, die niemals einige Bekuͤmmerniß uͤber ihre Suͤnden
fuͤhlen, ſind oft auch eben ſo unempfindlich wegen der Stra-
fe
N 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |