Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.(I. Th.) Anatomisch-Medicinische cken, und zu mir sagten, sie hätten nicht gewust, daß es Sün-de sey. Und ob ich schon wuste, daß es Sünde wäre, so war ich doch, wie gesagt, von der Schrecklichkeit derselben noch nicht überzeuget. Daher beging ich es aus Wohllust meines Fleisches immer noch. Welches einen grossen Schrecken in meinem Gemüthe verursachte, ob ich schon wiederstrebte, und einen frischen Vorsatz nach dem andern fassete. Jch schrieb einen erschrecklichen Spruch auf ein Papier, und trug es an dem Hals, daß wenn ich zu Begehung dieser Sünde versucht würde, mich das Papier der Sünde erinnern, und also davon abschrecken möchte etc. Josephs Worte kamen mir öfters in die Gedancken: Wie kann ich ein so grosses Uebel thun, und wieder den HErrn meinen GOtt sündigen? 1 Mos. 39, 9. Jch habe oft bey mir beschlossen, es niemals mehr zu begehen. Wenn ich aber sicher wurde, und diesen Versuchungen nur im geringsten Raum gab: so sahe ich mich überwunden, welches mir alsdenn grosse Ueberzeugung verursachte. Denn dieser Sünde wegen sind wir iederzeit in Gefahr, wenn wir nicht auf unserer Hut stehen. Also wurde endlich meine Sünde desto grösser; ob ich sie schon selten beging, als etwa in drey oder vier Monaten einmal: aber so oft ich die That wieder- holte, ie grösser war meine Sünde, und folglich auch mein Schrecken. Denn wenn ich sie beging, konnte ich es, meiner Meinung nach, kaum willig nennen: weil es mir durch die heftige Uebereilung der Versuchung meines hitzigen Tempe- raments, und wegen Ueberfluß des Saamens begegnete, wann ich am wenigsten gesonnen war, solches zu verstatten. So ha- be ich auch kein Vergnügen in dem Actu gehabt. Denn so bald ich befand, daß es kommen wolte, o was für Stacheln em- pfand ich in meinem Gewissen. Was für schreckliche Gedan- cken überfielen mein Gemüth! daß ich oft bey mir selbst ge- dachte: o was für Schrecken empfinde ich! Daher ich mir vor- setzte, mich dessen nimmermehr wieder schuldig zu machen. Ja ich bin hinaus auf das Feld| gegangen, und vielmals recht betrübt gewesen, daß ich meinen Schöpfer auf diese Weise beleidiget hatte. O Thorheit! gedachte ich bey mir selbst, also wieder dei- nen GOtt, wieder dich selbst, wieder dein Gewissen und deine Ge- sundheit zu sündigen! Jch habe heute dasjenige begangen, wel- ches ich nicht wieder verbüssen kann, wenn gleich gantze Strö- me aus meinen Augen flössen. Es fielen mir die Worte des Propheten Jeremiä ein: Deine eigene Gottlosigkeit soll dich züchtigen, und dein Abweichen soll dich bestraffen, Jerem. 2, 19. Wisse demnach und siehe, daß es ein böfes und bitteres Ding um die Sünde ist. Allein, wenn ich noch so guten Vor- satz gefasset; so stund ich doch noch unter der Versuchung: und wenn ich den Versucher nur im geringsten versuchte, oder diese Theile nur ein wenig berührte; so machte ich mich dessen wie- der
(I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche cken, und zu mir ſagten, ſie haͤtten nicht gewuſt, daß es Suͤn-de ſey. Und ob ich ſchon wuſte, daß es Suͤnde waͤre, ſo war ich doch, wie geſagt, von der Schrecklichkeit derſelben noch nicht uͤberzeuget. Daher beging ich es aus Wohlluſt meines Fleiſches immer noch. Welches einen groſſen Schrecken in meinem Gemuͤthe verurſachte, ob ich ſchon wiederſtrebte, und einen friſchen Vorſatz nach dem andern faſſete. Jch ſchrieb einen erſchrecklichen Spruch auf ein Papier, und trug es an dem Hals, daß wenn ich zu Begehung dieſer Suͤnde verſucht wuͤrde, mich das Papier der Suͤnde erinnern, und alſo davon abſchrecken moͤchte ꝛc. Joſephs Worte kamen mir oͤfters in die Gedancken: Wie kann ich ein ſo groſſes Uebel thun, und wieder den HErrn meinen GOtt ſuͤndigen? 1 Moſ. 39, 9. Jch habe oft bey mir beſchloſſen, es niemals mehr zu begehen. Wenn ich aber ſicher wurde, und dieſen Verſuchungen nur im geringſten Raum gab: ſo ſahe ich mich uͤberwunden, welches mir alsdenn groſſe Ueberzeugung verurſachte. Denn dieſer Suͤnde wegen ſind wir iederzeit in Gefahr, wenn wir nicht auf unſerer Hut ſtehen. Alſo wurde endlich meine Suͤnde deſto groͤſſer; ob ich ſie ſchon ſelten beging, als etwa in drey oder vier Monaten einmal: aber ſo oft ich die That wieder- holte, ie groͤſſer war meine Suͤnde, und folglich auch mein Schrecken. Denn wenn ich ſie beging, konnte ich es, meiner Meinung nach, kaum willig nennen: weil es mir durch die heftige Uebereilung der Verſuchung meines hitzigen Tempe- raments, und wegen Ueberfluß des Saamens begegnete, wann ich am wenigſten geſonnen war, ſolches zu verſtatten. So ha- be ich auch kein Vergnuͤgen in dem Actu gehabt. Denn ſo bald ich befand, daß es kommen wolte, o was fuͤr Stacheln em- pfand ich in meinem Gewiſſen. Was fuͤr ſchreckliche Gedan- cken uͤberfielen mein Gemuͤth! daß ich oft bey mir ſelbſt ge- dachte: o was fuͤr Schrecken empfinde ich! Daher ich mir vor- ſetzte, mich deſſen nimmermehr wieder ſchuldig zu machen. Ja ich bin hinaus auf das Feld| gegangen, und vielmals recht betruͤbt geweſen, daß ich meinen Schoͤpfer auf dieſe Weiſe beleidiget hatte. O Thorheit! gedachte ich bey mir ſelbſt, alſo wieder dei- nen GOtt, wieder dich ſelbſt, wieder dein Gewiſſen und deine Ge- ſundheit zu ſuͤndigen! Jch habe heute dasjenige begangen, wel- ches ich nicht wieder verbuͤſſen kann, wenn gleich gantze Stroͤ- me aus meinen Augen floͤſſen. Es fielen mir die Worte des Propheten Jeremiaͤ ein: Deine eigene Gottloſigkeit ſoll dich zuͤchtigen, und dein Abweichen ſoll dich beſtraffen, Jerem. 2, 19. Wiſſe demnach und ſiehe, daß es ein boͤfes und bitteres Ding um die Suͤnde iſt. Allein, wenn ich noch ſo guten Vor- ſatz gefaſſet; ſo ſtund ich doch noch unter der Verſuchung: und wenn ich den Verſucher nur im geringſten verſuchte, oder dieſe Theile nur ein wenig beruͤhrte; ſo machte ich mich deſſen wie- der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <floatingText> <body> <div type="letter"> <p><pb facs="#f0208" n="188"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">I.</hi> Th.) <hi rendition="#b">Anatomiſch-Mediciniſche</hi></fw><lb/> cken, und zu mir ſagten, ſie haͤtten nicht gewuſt, daß es Suͤn-<lb/> de ſey. Und ob ich ſchon wuſte, daß es Suͤnde waͤre, ſo war<lb/> ich doch, wie geſagt, von der Schrecklichkeit derſelben noch<lb/> nicht uͤberzeuget. Daher beging ich es aus Wohlluſt meines<lb/> Fleiſches immer noch. Welches einen groſſen Schrecken in<lb/> meinem Gemuͤthe verurſachte, ob ich ſchon wiederſtrebte, und<lb/> einen friſchen Vorſatz nach dem andern faſſete. Jch ſchrieb<lb/> einen erſchrecklichen Spruch auf ein Papier, und trug es an<lb/> dem Hals, daß wenn ich zu Begehung dieſer Suͤnde verſucht<lb/> wuͤrde, mich das Papier der Suͤnde erinnern, und alſo davon<lb/> abſchrecken moͤchte ꝛc. Joſephs Worte kamen mir oͤfters in die<lb/> Gedancken: <hi rendition="#fr">Wie kann ich ein ſo groſſes Uebel thun, und<lb/> wieder den HErrn meinen GOtt ſuͤndigen?</hi> 1 Moſ. 39, 9.<lb/> Jch habe oft bey mir beſchloſſen, es niemals mehr zu begehen.<lb/> Wenn ich aber ſicher wurde, und dieſen Verſuchungen nur im<lb/> geringſten Raum gab: ſo ſahe ich mich uͤberwunden, welches<lb/> mir alsdenn groſſe Ueberzeugung verurſachte. Denn dieſer<lb/> Suͤnde wegen ſind wir iederzeit in Gefahr, wenn wir nicht<lb/> auf unſerer Hut ſtehen. Alſo wurde endlich meine Suͤnde<lb/> deſto groͤſſer; ob ich ſie ſchon ſelten beging, als etwa in drey<lb/> oder vier Monaten einmal: aber ſo oft ich die That wieder-<lb/> holte, ie groͤſſer war meine Suͤnde, und folglich auch mein<lb/> Schrecken. Denn wenn ich ſie beging, konnte ich es, meiner<lb/> Meinung nach, kaum willig nennen: weil es mir durch die<lb/> heftige Uebereilung der Verſuchung meines hitzigen Tempe-<lb/> raments, und wegen Ueberfluß des Saamens begegnete, wann<lb/> ich am wenigſten geſonnen war, ſolches zu verſtatten. So ha-<lb/> be ich auch kein Vergnuͤgen in dem Actu gehabt. Denn ſo<lb/> bald ich befand, daß es kommen wolte, o was fuͤr Stacheln em-<lb/> pfand ich in meinem Gewiſſen. Was fuͤr ſchreckliche Gedan-<lb/> cken uͤberfielen mein Gemuͤth! daß ich oft bey mir ſelbſt ge-<lb/> dachte: o was fuͤr Schrecken empfinde ich! Daher ich mir vor-<lb/> ſetzte, mich deſſen nimmermehr wieder ſchuldig zu machen. Ja<lb/> ich bin hinaus auf das Feld| gegangen, und vielmals recht betruͤbt<lb/> geweſen, daß ich meinen Schoͤpfer auf dieſe Weiſe beleidiget<lb/> hatte. O Thorheit! gedachte ich bey mir ſelbſt, alſo wieder dei-<lb/> nen GOtt, wieder dich ſelbſt, wieder dein Gewiſſen und deine Ge-<lb/> ſundheit zu ſuͤndigen! Jch habe heute dasjenige begangen, wel-<lb/> ches ich nicht wieder verbuͤſſen kann, wenn gleich gantze Stroͤ-<lb/> me aus meinen Augen floͤſſen. Es fielen mir die Worte des<lb/> Propheten Jeremiaͤ ein: <hi rendition="#fr">Deine eigene Gottloſigkeit ſoll dich<lb/> zuͤchtigen, und dein Abweichen ſoll dich beſtraffen,</hi> Jerem.<lb/> 2, 19. Wiſſe demnach und ſiehe, daß es ein boͤfes und bitteres<lb/> Ding um die Suͤnde iſt. Allein, wenn ich noch ſo guten Vor-<lb/> ſatz gefaſſet; ſo ſtund ich doch noch unter der Verſuchung: und<lb/> wenn ich den Verſucher nur im geringſten verſuchte, oder dieſe<lb/> Theile nur ein wenig beruͤhrte; ſo machte ich mich deſſen wie-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p> </div> </body> </floatingText> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [188/0208]
(I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche
cken, und zu mir ſagten, ſie haͤtten nicht gewuſt, daß es Suͤn-
de ſey. Und ob ich ſchon wuſte, daß es Suͤnde waͤre, ſo war
ich doch, wie geſagt, von der Schrecklichkeit derſelben noch
nicht uͤberzeuget. Daher beging ich es aus Wohlluſt meines
Fleiſches immer noch. Welches einen groſſen Schrecken in
meinem Gemuͤthe verurſachte, ob ich ſchon wiederſtrebte, und
einen friſchen Vorſatz nach dem andern faſſete. Jch ſchrieb
einen erſchrecklichen Spruch auf ein Papier, und trug es an
dem Hals, daß wenn ich zu Begehung dieſer Suͤnde verſucht
wuͤrde, mich das Papier der Suͤnde erinnern, und alſo davon
abſchrecken moͤchte ꝛc. Joſephs Worte kamen mir oͤfters in die
Gedancken: Wie kann ich ein ſo groſſes Uebel thun, und
wieder den HErrn meinen GOtt ſuͤndigen? 1 Moſ. 39, 9.
Jch habe oft bey mir beſchloſſen, es niemals mehr zu begehen.
Wenn ich aber ſicher wurde, und dieſen Verſuchungen nur im
geringſten Raum gab: ſo ſahe ich mich uͤberwunden, welches
mir alsdenn groſſe Ueberzeugung verurſachte. Denn dieſer
Suͤnde wegen ſind wir iederzeit in Gefahr, wenn wir nicht
auf unſerer Hut ſtehen. Alſo wurde endlich meine Suͤnde
deſto groͤſſer; ob ich ſie ſchon ſelten beging, als etwa in drey
oder vier Monaten einmal: aber ſo oft ich die That wieder-
holte, ie groͤſſer war meine Suͤnde, und folglich auch mein
Schrecken. Denn wenn ich ſie beging, konnte ich es, meiner
Meinung nach, kaum willig nennen: weil es mir durch die
heftige Uebereilung der Verſuchung meines hitzigen Tempe-
raments, und wegen Ueberfluß des Saamens begegnete, wann
ich am wenigſten geſonnen war, ſolches zu verſtatten. So ha-
be ich auch kein Vergnuͤgen in dem Actu gehabt. Denn ſo
bald ich befand, daß es kommen wolte, o was fuͤr Stacheln em-
pfand ich in meinem Gewiſſen. Was fuͤr ſchreckliche Gedan-
cken uͤberfielen mein Gemuͤth! daß ich oft bey mir ſelbſt ge-
dachte: o was fuͤr Schrecken empfinde ich! Daher ich mir vor-
ſetzte, mich deſſen nimmermehr wieder ſchuldig zu machen. Ja
ich bin hinaus auf das Feld| gegangen, und vielmals recht betruͤbt
geweſen, daß ich meinen Schoͤpfer auf dieſe Weiſe beleidiget
hatte. O Thorheit! gedachte ich bey mir ſelbſt, alſo wieder dei-
nen GOtt, wieder dich ſelbſt, wieder dein Gewiſſen und deine Ge-
ſundheit zu ſuͤndigen! Jch habe heute dasjenige begangen, wel-
ches ich nicht wieder verbuͤſſen kann, wenn gleich gantze Stroͤ-
me aus meinen Augen floͤſſen. Es fielen mir die Worte des
Propheten Jeremiaͤ ein: Deine eigene Gottloſigkeit ſoll dich
zuͤchtigen, und dein Abweichen ſoll dich beſtraffen, Jerem.
2, 19. Wiſſe demnach und ſiehe, daß es ein boͤfes und bitteres
Ding um die Suͤnde iſt. Allein, wenn ich noch ſo guten Vor-
ſatz gefaſſet; ſo ſtund ich doch noch unter der Verſuchung: und
wenn ich den Verſucher nur im geringſten verſuchte, oder dieſe
Theile nur ein wenig beruͤhrte; ſo machte ich mich deſſen wie-
der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |