P. 39. wird in einem Briefe von einem sonst wohlgear- teten Jüngling erzehlt: "Man habe jederzeit von ihm an- "gemercket; daß er ein gewissenhafter Jüngling gewesen, sich "beständig und andächtig bey dem Gebet eingefunden, an der "Trunckenheit und Ueppigkeit einen rechten Abscheu bezeiget, "ja sich so ungemein schamhaft angestellet, daß er kaum ein "Frauenzimmer ansehen können. Nichts destoweniger geste- "het er mir, daß er sich die Schuld dieser Sünde sehr leicht "eingebildet, daher darein verfallen, und solche ohne Betrach- "tung sehr oft begangen. Durch die oftmalige Practicirung "dieser Sünde nun hat er seine natürliche Fähigkeit des "Verstandes, die ehemals sehr vortrefflich und lebhaft war, "ungemein geschwächet und verderbet, ja seiner gantzen Lei- "bes Beschaffenheit überhaupt grossen Schaden zugefüget. "Er hat nach Lesung ihres Buchs den Schluß gefaßt, gäntz- "lich von dieser Unart abzulassen, und um Beystand göttli- "cher Gnade zu bitten, daß er aufrichtige Busse thun, und "ins künftige von solcher verfluchten Gewohnheit gäntzlich "abstehen möge. Und ich hoffe, daß er durch eine gäntzliche "Enthaltung und durch Beobachtung einiger Strengigkei- "ten, die ich ihm zur Ertödtung seines Fleisches gerathen "habe, und durch eine mäßige Lebens-Art seinen Leib im "Zaum halten, und solchen den Bewegungen des Heiligen "Geistes gehorsam machen werde. Es wäre zu wünschen, "daß alle vernünftige Jünglinge. zum wenigsten in dieser Na- "tion, die erschreckliche Schuld dieses unnatürlichen Lasters, "das sie in ihrem Buche so vortrefflich vor Augen gestellet, "ernstlich betrachten, und Scheu tragen möchten, dasjenige vor "den Augen GOttes zu thun, dessen sie sich in Gegenwart ei- "nes Kindes schämen würden. Oder, wenn sie die Liebe zur "Tugend und Keuschheit ja nicht bewegen kann: so möchten "sie doch zum wenigsten die erschrecklichen Folgen dieser "Sünde davon abschrecken: die Schwächung und Zerstörung "aller Leibes- und Gemüthskräfte, und die Schmertzen und "Plagen, die solche hier in dieser Welt begleiten, und die "ewigen unauslöschlichen Flammen, so hernach ihre Straffe "seyn wird, wenn GOtt Leib und Seele verderbet in der "Hölle.
Zuletzt pag. 50. schließt er: "Jch will dis Capitel beschlies- "sen, wenn ich vorhero nur noch ein Exempel angeführet "habe, welches mir, indem ich dieses schreibe, ein junger "Mensch giebet, welcher durch Nachhängung seiner Lüste sich "in solche erschreckliche Versuchungen und Abzehrungen sei- "nes elenden Leibes gestürtzet hat, daß er wie ein Schatten "einher ziehet, und zum Mitleiden und Betrübniß aller de- "rer, die ihn ansehen, unter den boshaften Einflüssen seiner "Ueppigkeit gleichsam abnimmt und vergehet.
P. 63.
I. Th. Betr. der Unreinigk. M
Betrachtung der Unreinigkeit.
P. 39. wird in einem Briefe von einem ſonſt wohlgear- teten Juͤngling erzehlt: „Man habe jederzeit von ihm an- „gemercket; daß er ein gewiſſenhafter Juͤngling geweſen, ſich „beſtaͤndig und andaͤchtig bey dem Gebet eingefunden, an der „Trunckenheit und Ueppigkeit einen rechten Abſcheu bezeiget, „ja ſich ſo ungemein ſchamhaft angeſtellet, daß er kaum ein „Frauenzimmer anſehen koͤnnen. Nichts deſtoweniger geſte- „het er mir, daß er ſich die Schuld dieſer Suͤnde ſehr leicht „eingebildet, daher darein verfallen, und ſolche ohne Betrach- „tung ſehr oft begangen. Durch die oftmalige Practicirung „dieſer Suͤnde nun hat er ſeine natuͤrliche Faͤhigkeit des „Verſtandes, die ehemals ſehr vortrefflich und lebhaft war, „ungemein geſchwaͤchet und verderbet, ja ſeiner gantzen Lei- „bes Beſchaffenheit uͤberhaupt groſſen Schaden zugefuͤget. „Er hat nach Leſung ihres Buchs den Schluß gefaßt, gaͤntz- „lich von dieſer Unart abzulaſſen, und um Beyſtand goͤttli- „cher Gnade zu bitten, daß er aufrichtige Buſſe thun, und „ins kuͤnftige von ſolcher verfluchten Gewohnheit gaͤntzlich „abſtehen moͤge. Und ich hoffe, daß er durch eine gaͤntzliche „Enthaltung und durch Beobachtung einiger Strengigkei- „ten, die ich ihm zur Ertoͤdtung ſeines Fleiſches gerathen „habe, und durch eine maͤßige Lebens-Art ſeinen Leib im „Zaum halten, und ſolchen den Bewegungen des Heiligen „Geiſtes gehorſam machen werde. Es waͤre zu wuͤnſchen, „daß alle vernuͤnftige Juͤnglinge. zum wenigſten in dieſer Na- „tion, die erſchreckliche Schuld dieſes unnatuͤrlichen Laſters, „das ſie in ihrem Buche ſo vortrefflich vor Augen geſtellet, „ernſtlich betrachten, und Scheu tragen moͤchten, dasjenige vor „den Augen GOttes zu thun, deſſen ſie ſich in Gegenwart ei- „nes Kindes ſchaͤmen wuͤrden. Oder, wenn ſie die Liebe zur „Tugend und Keuſchheit ja nicht bewegen kann: ſo moͤchten „ſie doch zum wenigſten die erſchrecklichen Folgen dieſer „Suͤnde davon abſchrecken: die Schwaͤchung und Zerſtoͤrung „aller Leibes- und Gemuͤthskraͤfte, und die Schmertzen und „Plagen, die ſolche hier in dieſer Welt begleiten, und die „ewigen unausloͤſchlichen Flammen, ſo hernach ihre Straffe „ſeyn wird, wenn GOtt Leib und Seele verderbet in der „Hoͤlle.
Zuletzt pag. 50. ſchließt er: „Jch will dis Capitel beſchlieſ- „ſen, wenn ich vorhero nur noch ein Exempel angefuͤhret „habe, welches mir, indem ich dieſes ſchreibe, ein junger „Menſch giebet, welcher durch Nachhaͤngung ſeiner Luͤſte ſich „in ſolche erſchreckliche Verſuchungen und Abzehrungen ſei- „nes elenden Leibes geſtuͤrtzet hat, daß er wie ein Schatten „einher ziehet, und zum Mitleiden und Betruͤbniß aller de- „rer, die ihn anſehen, unter den boshaften Einfluͤſſen ſeiner „Ueppigkeit gleichſam abnimmt und vergehet.
P. 63.
I. Th. Betr. der Unreinigk. M
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Betrachtung der Unreinigkeit.
P. 39. wird in einem Briefe von einem ſonſt wohlgear-
teten Juͤngling erzehlt: „Man habe jederzeit von ihm an-
„gemercket; daß er ein gewiſſenhafter Juͤngling geweſen, ſich
„beſtaͤndig und andaͤchtig bey dem Gebet eingefunden, an der
„Trunckenheit und Ueppigkeit einen rechten Abſcheu bezeiget,
„ja ſich ſo ungemein ſchamhaft angeſtellet, daß er kaum ein
„Frauenzimmer anſehen koͤnnen. Nichts deſtoweniger geſte-
„het er mir, daß er ſich die Schuld dieſer Suͤnde ſehr leicht
„eingebildet, daher darein verfallen, und ſolche ohne Betrach-
„tung ſehr oft begangen. Durch die oftmalige Practicirung
„dieſer Suͤnde nun hat er ſeine natuͤrliche Faͤhigkeit des
„Verſtandes, die ehemals ſehr vortrefflich und lebhaft war,
„ungemein geſchwaͤchet und verderbet, ja ſeiner gantzen Lei-
„bes Beſchaffenheit uͤberhaupt groſſen Schaden zugefuͤget.
„Er hat nach Leſung ihres Buchs den Schluß gefaßt, gaͤntz-
„lich von dieſer Unart abzulaſſen, und um Beyſtand goͤttli-
„cher Gnade zu bitten, daß er aufrichtige Buſſe thun, und
„ins kuͤnftige von ſolcher verfluchten Gewohnheit gaͤntzlich
„abſtehen moͤge. Und ich hoffe, daß er durch eine gaͤntzliche
„Enthaltung und durch Beobachtung einiger Strengigkei-
„ten, die ich ihm zur Ertoͤdtung ſeines Fleiſches gerathen
„habe, und durch eine maͤßige Lebens-Art ſeinen Leib im
„Zaum halten, und ſolchen den Bewegungen des Heiligen
„Geiſtes gehorſam machen werde. Es waͤre zu wuͤnſchen,
„daß alle vernuͤnftige Juͤnglinge. zum wenigſten in dieſer Na-
„tion, die erſchreckliche Schuld dieſes unnatuͤrlichen Laſters,
„das ſie in ihrem Buche ſo vortrefflich vor Augen geſtellet,
„ernſtlich betrachten, und Scheu tragen moͤchten, dasjenige vor
„den Augen GOttes zu thun, deſſen ſie ſich in Gegenwart ei-
„nes Kindes ſchaͤmen wuͤrden. Oder, wenn ſie die Liebe zur
„Tugend und Keuſchheit ja nicht bewegen kann: ſo moͤchten
„ſie doch zum wenigſten die erſchrecklichen Folgen dieſer
„Suͤnde davon abſchrecken: die Schwaͤchung und Zerſtoͤrung
„aller Leibes- und Gemuͤthskraͤfte, und die Schmertzen und
„Plagen, die ſolche hier in dieſer Welt begleiten, und die
„ewigen unausloͤſchlichen Flammen, ſo hernach ihre Straffe
„ſeyn wird, wenn GOtt Leib und Seele verderbet in der
„Hoͤlle.
Zuletzt pag. 50. ſchließt er: „Jch will dis Capitel beſchlieſ-
„ſen, wenn ich vorhero nur noch ein Exempel angefuͤhret
„habe, welches mir, indem ich dieſes ſchreibe, ein junger
„Menſch giebet, welcher durch Nachhaͤngung ſeiner Luͤſte ſich
„in ſolche erſchreckliche Verſuchungen und Abzehrungen ſei-
„nes elenden Leibes geſtuͤrtzet hat, daß er wie ein Schatten
„einher ziehet, und zum Mitleiden und Betruͤbniß aller de-
„rer, die ihn anſehen, unter den boshaften Einfluͤſſen ſeiner
„Ueppigkeit gleichſam abnimmt und vergehet.
P. 63.
I. Th. Betr. der Unreinigk. M
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/197>, abgerufen am 24.11.2024.
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