Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680.Mercks Wienn. und wann schon mit deß Paracelsi Hausrath/ Tisch und Tafelbedeckt ware/ so muste dannoch mancher Reiche wegen gar zu starcken Gifft die Haut lassen. Das heicklich seyn ist sonst dem Reichen ziemlich angewachsen/ und ist der geringste üble Ge- ruch ihrer zarten Nasen ein Marter/ auch muß an Bisam und Balsam nie kein Abgang seyn/ damit nur der safftige Schmecker nit beleidiget werde/ aber bey dieser Pest-Zeit ware auch dem Reichen der üble Geruch nicht zu wider/ sondern in Mey- nung/ daß deß Bocks Geruch ein bequemes Mittel wider das Pestilentzische Gifft sey / ware in manchem reichem Haus dem Bock alle Zimmer auszugehen erlaubt/ und dörffte solcher garstige Gast zu manchem Tischtuch schnubzen/ deme sonst zu einer andern Zeit ein truckner Willkomm die Thür gezeigt hätt/ aber was thut man nit/ um Erhaltung deß Lebens? Jn der un- tern Schulen/ so ein Knab unbehutsam wider die Regul der Grammatic schreibet/ pflegt man diesen Fehler einen Bock zu nennen/ und ist solcher Bock dem armen Schuler zu keinem Vorthl/ sondern wird offt deßhalben bestrafft; Ob nun der Bocks-Geruch zur Pest-Zeit heilsam seye/ ist meines Amts nit zu entörtern/ und glauben wol etliche aus Averroe, als seye dieser bartige Stincker zu solcher Zeit nicht gar übel/ wann dem schon also/ so ist doch manchem Reichen der Bock zum ge- ringsten Vortheil gereicht/ wie den armen Schuler/ noch hier- durch beym Leben erhalten worden; und wolte wüntschen O lieber GOtt! daß ein solcher von dem Vockstall wäre zu dem ewigen Schaafstall gelanget. Allhier ist vielen Reichen begeg- net/ was sich mit dem Absolon zutragen/ dieser Königliche Printz hatte wol ein schönes Haupt/ aber keine Haupt-Tugenden an ihme/ es waren seine schöne Haarlocken den geflochtenen Gold- faden nit ungleich/ wol recht nennt man sie Haarlocken/ weil sie gar offt unbehutsame Augen pflegen zu locken/ der schöne Abso- lon truge wol Rosen auf den Wangen/ aber Dörner in dem Gewissen/ der wolgestalte Printz führte wol Schnee auf der Stirn/ aber Kohlen in dem Hertzen/ und gleichte er dißfalls den Pillulen in der Apothecken/ welche zwar auswendig ver- golt/ innwendig aber pfui wie bitter! Unter andern Untugenden ware mehristen Theil der es phan- E 4
Mercks Wienn. und wann ſchon mit deß Paracelſi Hausrath/ Tiſch und Tafelbedeckt ware/ ſo muſte dannoch mancher Reiche wegen gar zu ſtarcken Gifft die Haut laſſen. Das heicklich ſeyn iſt ſonſt dem Reichen ziemlich angewachſen/ und iſt der geringſte uͤble Ge- ruch ihrer zarten Naſen ein Marter/ auch muß an Biſam und Balſam nie kein Abgang ſeyn/ damit nur der ſafftige Schmecker nit beleidiget werde/ aber bey dieſer Peſt-Zeit ware auch dem Reichen der uͤble Geruch nicht zu wider/ ſondern in Mey- nung/ daß deß Bocks Geruch ein bequemes Mittel wider das Peſtilentziſche Gifft ſey / ware in manchem reichem Haus dem Bock alle Zimmer auszugehen erlaubt/ und doͤrffte ſolcher garſtige Gaſt zu manchem Tiſchtuch ſchnubzen/ deme ſonſt zu einer andern Zeit ein truckner Willkomm die Thuͤr gezeigt haͤtt/ aber was thut man nit/ um Erhaltung deß Lebens? Jn der un- tern Schulen/ ſo ein Knab unbehutſam wider die Regul der Grammatic ſchreibet/ pflegt man dieſen Fehler einen Bock zu nennen/ und iſt ſolcher Bock dem armen Schuler zu keinem Vorthl/ ſondern wird offt deßhalben beſtrafft; Ob nun der Bocks-Geruch zur Peſt-Zeit heilſam ſeye/ iſt meines Amts nit zu entoͤrtern/ und glauben wol etliche aus Averroe, als ſeye dieſer bartige Stincker zu ſolcher Zeit nicht gar uͤbel/ wann dem ſchon alſo/ ſo iſt doch manchem Reichen der Bock zum ge- ringſten Vortheil gereicht/ wie den armen Schuler/ noch hier- durch beym Leben erhalten worden; und wolte wuͤntſchen O lieber GOtt! daß ein ſolcher von dem Vockſtall waͤre zu dem ewigen Schaafſtall gelanget. Allhier iſt vielen Reichen begeg- net/ was ſich mit dem Abſolon zutragen/ dieſer Koͤnigliche Printz hatte wol ein ſchoͤnes Haupt/ aber keine Haupt-Tugenden an ihme/ es waren ſeine ſchoͤne Haarlocken den geflochtenen Gold- faden nit ungleich/ wol recht nennt man ſie Haarlocken/ weil ſie gar offt unbehutſame Augen pflegen zu locken/ der ſchoͤne Abſo- lon truge wol Roſen auf den Wangen/ aber Doͤrner in dem Gewiſſen/ der wolgeſtalte Printz fuͤhrte wol Schnee auf der Stirn/ aber Kohlen in dem Hertzen/ und gleichte er dißfalls den Pillulen in der Apothecken/ welche zwar auswendig ver- golt/ innwendig aber pfui wie bitter! Unter andern Untugenden ware mehriſten Theil der es phan- E 4
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Mercks Wienn.
und wann ſchon mit deß Paracelſi Hausrath/ Tiſch und Tafel
bedeckt ware/ ſo muſte dannoch mancher Reiche wegen gar zu
ſtarcken Gifft die Haut laſſen. Das heicklich ſeyn iſt ſonſt dem
Reichen ziemlich angewachſen/ und iſt der geringſte uͤble Ge-
ruch ihrer zarten Naſen ein Marter/ auch muß an Biſam und
Balſam nie kein Abgang ſeyn/ damit nur der ſafftige Schmecker
nit beleidiget werde/ aber bey dieſer Peſt-Zeit ware auch dem
Reichen der uͤble Geruch nicht zu wider/ ſondern in Mey-
nung/ daß deß Bocks Geruch ein bequemes Mittel wider das
Peſtilentziſche Gifft ſey / ware in manchem reichem Haus dem
Bock alle Zimmer auszugehen erlaubt/ und doͤrffte ſolcher
garſtige Gaſt zu manchem Tiſchtuch ſchnubzen/ deme ſonſt zu
einer andern Zeit ein truckner Willkomm die Thuͤr gezeigt haͤtt/
aber was thut man nit/ um Erhaltung deß Lebens? Jn der un-
tern Schulen/ ſo ein Knab unbehutſam wider die Regul der
Grammatic ſchreibet/ pflegt man dieſen Fehler einen Bock zu
nennen/ und iſt ſolcher Bock dem armen Schuler zu keinem
Vorthl/ ſondern wird offt deßhalben beſtrafft; Ob nun der
Bocks-Geruch zur Peſt-Zeit heilſam ſeye/ iſt meines Amts nit
zu entoͤrtern/ und glauben wol etliche aus Averroe, als ſeye
dieſer bartige Stincker zu ſolcher Zeit nicht gar uͤbel/ wann
dem ſchon alſo/ ſo iſt doch manchem Reichen der Bock zum ge-
ringſten Vortheil gereicht/ wie den armen Schuler/ noch hier-
durch beym Leben erhalten worden; und wolte wuͤntſchen O
lieber GOtt! daß ein ſolcher von dem Vockſtall waͤre zu dem
ewigen Schaafſtall gelanget. Allhier iſt vielen Reichen begeg-
net/ was ſich mit dem Abſolon zutragen/ dieſer Koͤnigliche Printz
hatte wol ein ſchoͤnes Haupt/ aber keine Haupt-Tugenden an
ihme/ es waren ſeine ſchoͤne Haarlocken den geflochtenen Gold-
faden nit ungleich/ wol recht nennt man ſie Haarlocken/ weil ſie
gar offt unbehutſame Augen pflegen zu locken/ der ſchoͤne Abſo-
lon truge wol Roſen auf den Wangen/ aber Doͤrner in dem
Gewiſſen/ der wolgeſtalte Printz fuͤhrte wol Schnee auf der
Stirn/ aber Kohlen in dem Hertzen/ und gleichte er dißfalls
den Pillulen in der Apothecken/ welche zwar auswendig ver-
golt/ innwendig aber pfui wie bitter!
Unter andern Untugenden ware mehriſten Theil der
aufgeblaſene Ehr-Geitz/ von dem er alſo angeſport wor-
den/ daß er auch ſuchte Cron und Scepter ſeinem gnaͤ-
digſten Herꝛn Vatter dem David hinterliſtig zu rauben;
es phan-
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_mercks_1680/79>, abgerufen am 07.07.2024. |