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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Fünffte Geistliche Lection
mit einem wenigen menschlichen Vorwitz anschawen; oder/ auß Mangel
der Gelegenheit/ umb den Gedancken einige Lufft zu machen/ unserm Ge-
müth dieselbe vorstellen: und was kan doch übels/ sagt er/ ein [eintz]iger vorwi-
tziger Anblick oder Gedancke verursachen? man muß ein Sach nicht grösser
machen/ als sie ist. So bald aber dieser arglistige Rathsgeber in die Woh-
nung unseres Hertzens ist eingeschlichen; fangt er gleich an/ sich dermassen zu
vergrösseren und außzubreiten/ daß er nicht allein GOtt und seine Heilige
auß dem Hertzen außschliesse; sondern auch alle Tugend/ Gnad und Hei-
ligkeit von dannen vertreibe: darumb ermahnet uns brüderlich der H. Apostel
Paulus: Gebet kein Platz dem Teuffel. Warumb? weilen/ spricht
Eph. 4.
v.
27.
der H. Chrysostomus über diesen Orth/ er auff solche Weiß/ nach-
dem er wird eingelassen seyn/ alles verbreitet/ und zu sei-
nem Vortheil erweiteret.

13. Wann wir nun auß dem Mund der ewigen Warheit versichert seynd/
daß wir zweyen Herren nicht dienen können/ GOtt und dem Mammon/ das
ist den Creaturen; so lasset uns auß dem innersten unseres Hertzens alle un-
ordentliche Lieb der Creaturen vertilgen/ auff daß der Erschöpffer daselbst
wohnen könne. Sollen wir aber dieses zu thun vernachlässigen; so haben wir
gewißlich zu förchten/ daß uns begegne/ was den zweyen Söhnen deß Aarons
widerfahren ist; so derhalben von dem Fewer seynd verzehret worden/ weilen
sie mit frembdem Fewer ihre Rauchfässer versehen. Was ist aber anders die-
ses frembde Fewer in den Rauchfässern/ als ein unziemende Lieb gegen die
Creaturen/ in unsern Hertzen? billig ist dann/ daß wir uns solchen Fewers
nicht gebrauchen/ wann wir von dem ewigen Fewer nicht wollen verbrennet
werden. Auch ist annebenst wohl zu beobachten/ daß dieser lose Feind den jeni-
gen/ so er mit diesen obgemeldten schmeichlenden Anreitzungen nicht hat zum
Fall bringen können/ durch Widerwertigkeit niederzuwerffen sich befleisse.
Derohalben müssen wir allem widrigen Eingeben/ Rath und That uns wi-
dersetzen/ wann wir von diesen Füchsen mit List nicht überwunden werden/ und
das kostbahre Kleinod der Liebe nicht verliehren wollen: sintemahlen uns zu
wissen hochnöthig ist/ daß (wie der gottseelige Thomas a Kempis redet) ein
wahrer Liebhaber CHristi nicht suche menschliehen Trost/ oder empfindliche
Süssigkeiten; sondern vielmehr ritterliche Ubungen; und daß er umb Gottes
willen harte und schwäre Arbeit der Seelen und deß Leibs außstehen möge.
Mit solchem Fewer der Liebe ware entzündet die H. Theresia/ darumb pflegte
sie zu sagen: Mein lieber Herr Jesu/ ich will oder leiden/ oder
sterben.
Noch ein mehreres verlangte die H. Magdalena de Pazzis, der

offt

Die Fuͤnffte Geiſtliche Lection
mit einem wenigen menſchlichen Vorwitz anſchawen; oder/ auß Mangel
der Gelegenheit/ umb den Gedancken einige Lufft zu machen/ unſerm Ge-
muͤth dieſelbe vorſtellen: und was kan doch uͤbels/ ſagt er/ ein [eintz]iger vorwi-
tziger Anblick oder Gedancke verurſachen? man muß ein Sach nicht groͤſſer
machen/ als ſie iſt. So bald aber dieſer argliſtige Rathsgeber in die Woh-
nung unſeres Hertzens iſt eingeſchlichen; fangt er gleich an/ ſich dermaſſen zu
vergroͤſſeren und außzubreiten/ daß er nicht allein GOtt und ſeine Heilige
auß dem Hertzen außſchlieſſe; ſondern auch alle Tugend/ Gnad und Hei-
ligkeit von dannen vertreibe: darumb ermahnet uns bruͤderlich der H. Apoſtel
Paulus: Gebet kein Platz dem Teuffel. Warumb? weilen/ ſpricht
Eph. 4.
v.
27.
der H. Chryſoſtomus uͤber dieſen Orth/ er auff ſolche Weiß/ nach-
dem er wird eingelaſſen ſeyn/ alles verbreitet/ und zu ſei-
nem Vortheil erweiteret.

13. Wann wir nun auß dem Mund der ewigen Warheit verſichert ſeynd/
daß wir zweyen Herren nicht dienen koͤnnen/ GOtt und dem Mammon/ das
iſt den Creaturen; ſo laſſet uns auß dem innerſten unſeres Hertzens alle un-
ordentliche Lieb der Creaturen vertilgen/ auff daß der Erſchoͤpffer daſelbſt
wohnen koͤnne. Sollen wir aber dieſes zu thun vernachlaͤſſigen; ſo haben wir
gewißlich zu foͤrchten/ daß uns begegne/ was den zweyen Soͤhnen deß Aarons
widerfahren iſt; ſo derhalben von dem Fewer ſeynd verzehret worden/ weilen
ſie mit frembdem Fewer ihre Rauchfaͤſſer verſehen. Was iſt aber anders die-
ſes frembde Fewer in den Rauchfaͤſſern/ als ein unziemende Lieb gegen die
Creaturen/ in unſern Hertzen? billig iſt dann/ daß wir uns ſolchen Fewers
nicht gebrauchen/ wann wir von dem ewigen Fewer nicht wollen verbrennet
werden. Auch iſt annebenſt wohl zu beobachten/ daß dieſer loſe Feind den jeni-
gen/ ſo er mit dieſen obgemeldten ſchmeichlenden Anreitzungen nicht hat zum
Fall bringen koͤnnen/ durch Widerwertigkeit niederzuwerffen ſich befleiſſe.
Derohalben muͤſſen wir allem widrigen Eingeben/ Rath und That uns wi-
derſetzen/ wann wir von dieſen Fuͤchſen mit Liſt nicht uͤberwunden werden/ und
das koſtbahre Kleinod der Liebe nicht verliehren wollen: ſintemahlen uns zu
wiſſen hochnoͤthig iſt/ daß (wie der gottſeelige Thomas à Kempis redet) ein
wahrer Liebhaber CHriſti nicht ſuche menſchliehen Troſt/ oder empfindliche
Suͤſſigkeiten; ſondern vielmehr ritterliche Ubungen; und daß er umb Gottes
willen harte und ſchwaͤre Arbeit der Seelen und deß Leibs außſtehen moͤge.
Mit ſolchem Fewer der Liebe ware entzuͤndet die H. Thereſia/ darumb pflegte
ſie zu ſagen: Mein lieber Herr Jeſu/ ich will oder leiden/ oder
ſterben.
Noch ein mehreres verlangte die H. Magdalena de Pazzis, der

offt
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[52/0080] Die Fuͤnffte Geiſtliche Lection mit einem wenigen menſchlichen Vorwitz anſchawen; oder/ auß Mangel der Gelegenheit/ umb den Gedancken einige Lufft zu machen/ unſerm Ge- muͤth dieſelbe vorſtellen: und was kan doch uͤbels/ ſagt er/ ein eintziger vorwi- tziger Anblick oder Gedancke verurſachen? man muß ein Sach nicht groͤſſer machen/ als ſie iſt. So bald aber dieſer argliſtige Rathsgeber in die Woh- nung unſeres Hertzens iſt eingeſchlichen; fangt er gleich an/ ſich dermaſſen zu vergroͤſſeren und außzubreiten/ daß er nicht allein GOtt und ſeine Heilige auß dem Hertzen außſchlieſſe; ſondern auch alle Tugend/ Gnad und Hei- ligkeit von dannen vertreibe: darumb ermahnet uns bruͤderlich der H. Apoſtel Paulus: Gebet kein Platz dem Teuffel. Warumb? weilen/ ſpricht der H. Chryſoſtomus uͤber dieſen Orth/ er auff ſolche Weiß/ nach- dem er wird eingelaſſen ſeyn/ alles verbreitet/ und zu ſei- nem Vortheil erweiteret. Eph. 4. v. 27. 13. Wann wir nun auß dem Mund der ewigen Warheit verſichert ſeynd/ daß wir zweyen Herren nicht dienen koͤnnen/ GOtt und dem Mammon/ das iſt den Creaturen; ſo laſſet uns auß dem innerſten unſeres Hertzens alle un- ordentliche Lieb der Creaturen vertilgen/ auff daß der Erſchoͤpffer daſelbſt wohnen koͤnne. Sollen wir aber dieſes zu thun vernachlaͤſſigen; ſo haben wir gewißlich zu foͤrchten/ daß uns begegne/ was den zweyen Soͤhnen deß Aarons widerfahren iſt; ſo derhalben von dem Fewer ſeynd verzehret worden/ weilen ſie mit frembdem Fewer ihre Rauchfaͤſſer verſehen. Was iſt aber anders die- ſes frembde Fewer in den Rauchfaͤſſern/ als ein unziemende Lieb gegen die Creaturen/ in unſern Hertzen? billig iſt dann/ daß wir uns ſolchen Fewers nicht gebrauchen/ wann wir von dem ewigen Fewer nicht wollen verbrennet werden. Auch iſt annebenſt wohl zu beobachten/ daß dieſer loſe Feind den jeni- gen/ ſo er mit dieſen obgemeldten ſchmeichlenden Anreitzungen nicht hat zum Fall bringen koͤnnen/ durch Widerwertigkeit niederzuwerffen ſich befleiſſe. Derohalben muͤſſen wir allem widrigen Eingeben/ Rath und That uns wi- derſetzen/ wann wir von dieſen Fuͤchſen mit Liſt nicht uͤberwunden werden/ und das koſtbahre Kleinod der Liebe nicht verliehren wollen: ſintemahlen uns zu wiſſen hochnoͤthig iſt/ daß (wie der gottſeelige Thomas à Kempis redet) ein wahrer Liebhaber CHriſti nicht ſuche menſchliehen Troſt/ oder empfindliche Suͤſſigkeiten; ſondern vielmehr ritterliche Ubungen; und daß er umb Gottes willen harte und ſchwaͤre Arbeit der Seelen und deß Leibs außſtehen moͤge. Mit ſolchem Fewer der Liebe ware entzuͤndet die H. Thereſia/ darumb pflegte ſie zu ſagen: Mein lieber Herr Jeſu/ ich will oder leiden/ oder ſterben. Noch ein mehreres verlangte die H. Magdalena de Pazzis, der offt

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/80>, abgerufen am 25.11.2024.