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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von Verharrung im Guten.
mich alsbald auff den Weeg gemacht/ dich zu grüssen/ und mich von unser
beyden Seelen Heyl und Wohlfahrt mit dir zubesprechen. Warumb
halten wir uns in einem so öden unbewohnten Wald auff/ und werden der
heiligen Communion deß Fronleichnambs Christi niemahlen theilhafftig?
Jch förchte sehr/ Christus werde uns auch seines Himmel-Reichs nicht theil-
hafftig machen. Nicht fern von hier seynd zwey Klöster/ dahin wir an
den Festägen gehen/ und die H. Communion empfangen mögen. Solchen
Rath hielte der einfältige Bruder für heylsamb und nothwendig; gienge mit
dem bösen Feind/ den er für einen heiligen Mann ansahe/ von seiner wilden
Höhl zu einem der gedachten Klöster: und als er in die Kirchen kam/ nieder-
kniet und bettete/ und über ein kleines nach seinem Gefärten umbschauete/
fande er denselben nirgends: fragt derhalben bey dem Kloster/ ob niemand
seinen Gefärten/ einen alten Wald- Bruder gesehen habe. Die im Kloster
sagten/ wir haben niemand gesehen/ dann dich allein/ ohne einigen Gesellen
in die Kirchen eingehen. Auß welchem dann letzlich der gute Bruder deß
Betriegers List wargenommen; und daß er also von dem bösen Feind auß
seiner Wohnung und Wüsten herauß gelockt worden: welches ihn gleich-
wohl nicht fast verdrossen; dieweilen er nach so langer Zeit der Einsambkeit/
Leut gesehen hatt. Kehret also wieder zu seiner vorigen Höhl/ und fahret
in dem angefangenen Gottseligen Leben fort/ wie zu vorn.

Solches mogte der Teuffel abermahl nicht leyden/ derhalben erfunde er
einen weit andern Betrug: stellet sich in Jünglings Gestalt/ als wäre er ei-
nes Bürgers Sohn/ auß deß Einsidlers Vatterland: damit er ihne/ den
er einmahl betrogen/ noch ferner von der Wildnuß/ von der Andacht und
Gottseligem Leben entführen/ und gar in die ewige Verdambnuß stürtzen
mögte. Kombt derowegen vor deß Brudern Höhl/ redet zwar nichts; stel-
let sich aber/ als seye er ihn zu suchen/ auß dem Vatterland ankommen/ be-
schauet den Bruder allenthalben wohl/ damit er ihme Ursach zu fragen gebe/
was er dieser Orten machte? So dann auch geschahe: zumahlen der einfäl-
tige Bruder anfieng/ und fragte: was machstu allhier; Warumb beschaue-
stu mich allenthalben so fürwitziglig? Der tausent Lügner antwortet und
sagt: Ach! frommer Herr/ mich gedunckt/ du kennest mich nicht mehr/
dieweilen wir schon so lang nicht mehr ein ander gesehen haben. Jch
bin deines Vatters Nachbahren Sohn: also hat dein Vat-
der/ also hat deine Mutter/ und also deine Schwester geheissen. Deine

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Von Verharrung im Guten.
mich alsbald auff den Weeg gemacht/ dich zu gruͤſſen/ und mich von unſer
beyden Seelen Heyl und Wohlfahrt mit dir zubeſprechen. Warumb
halten wir uns in einem ſo oͤden unbewohnten Wald auff/ und werden der
heiligen Communion deß Fronleichnambs Chriſti niemahlen theilhafftig?
Jch foͤrchte ſehr/ Chriſtus werde uns auch ſeines Himmel-Reichs nicht theil-
hafftig machen. Nicht fern von hier ſeynd zwey Kloͤſter/ dahin wir an
den Feſtaͤgen gehen/ und die H. Communion empfangen moͤgen. Solchen
Rath hielte der einfaͤltige Bruder fuͤr heylſamb und nothwendig; gienge mit
dem boͤſen Feind/ den er fuͤr einen heiligen Mann anſahe/ von ſeiner wilden
Hoͤhl zu einem der gedachten Kloͤſter: und als er in die Kirchen kam/ nieder-
kniet und bettete/ und uͤber ein kleines nach ſeinem Gefaͤrten umbſchauete/
fande er denſelben nirgends: fragt derhalben bey dem Kloſter/ ob niemand
ſeinen Gefaͤrten/ einen alten Wald- Bruder geſehen habe. Die im Kloſter
ſagten/ wir haben niemand geſehen/ dann dich allein/ ohne einigen Geſellen
in die Kirchen eingehen. Auß welchem dann letzlich der gute Bruder deß
Betriegers Liſt wargenommen; und daß er alſo von dem boͤſen Feind auß
ſeiner Wohnung und Wuͤſten herauß gelockt worden: welches ihn gleich-
wohl nicht faſt verdroſſen; dieweilen er nach ſo langer Zeit der Einſambkeit/
Leut geſehen hatt. Kehret alſo wieder zu ſeiner vorigen Hoͤhl/ und fahret
in dem angefangenen Gottſeligen Leben fort/ wie zu vorn.

Solches mogte der Teuffel abermahl nicht leyden/ derhalben erfunde er
einen weit andern Betrug: ſtellet ſich in Juͤnglings Geſtalt/ als waͤre er ei-
nes Buͤrgers Sohn/ auß deß Einſidlers Vatterland: damit er ihne/ den
er einmahl betrogen/ noch ferner von der Wildnuß/ von der Andacht und
Gottſeligem Leben entfuͤhren/ und gar in die ewige Verdambnuß ſtuͤrtzen
moͤgte. Kombt derowegen vor deß Brudern Hoͤhl/ redet zwar nichts; ſtel-
let ſich aber/ als ſeye er ihn zu ſuchen/ auß dem Vatterland ankommen/ be-
ſchauet den Bruder allenthalben wohl/ damit er ihme Urſach zu fragen gebe/
was er dieſer Orten machte? So dann auch geſchahe: zumahlen der einfaͤl-
tige Bruder anfieng/ und fragte: was machſtu allhier; Warumb beſchaue-
ſtu mich allenthalben ſo fuͤrwitziglig? Der tauſent Luͤgner antwortet und
ſagt: Ach! frommer Herr/ mich gedunckt/ du kenneſt mich nicht mehr/
dieweilen wir ſchon ſo lang nicht mehr ein ander geſehen haben. Jch
bin deines Vatters Nachbahren Sohn: alſo hat dein Vat-
der/ alſo hat deine Mutter/ und alſo deine Schweſter geheiſſen. Deine

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[755/0783] Von Verharrung im Guten. mich alsbald auff den Weeg gemacht/ dich zu gruͤſſen/ und mich von unſer beyden Seelen Heyl und Wohlfahrt mit dir zubeſprechen. Warumb halten wir uns in einem ſo oͤden unbewohnten Wald auff/ und werden der heiligen Communion deß Fronleichnambs Chriſti niemahlen theilhafftig? Jch foͤrchte ſehr/ Chriſtus werde uns auch ſeines Himmel-Reichs nicht theil- hafftig machen. Nicht fern von hier ſeynd zwey Kloͤſter/ dahin wir an den Feſtaͤgen gehen/ und die H. Communion empfangen moͤgen. Solchen Rath hielte der einfaͤltige Bruder fuͤr heylſamb und nothwendig; gienge mit dem boͤſen Feind/ den er fuͤr einen heiligen Mann anſahe/ von ſeiner wilden Hoͤhl zu einem der gedachten Kloͤſter: und als er in die Kirchen kam/ nieder- kniet und bettete/ und uͤber ein kleines nach ſeinem Gefaͤrten umbſchauete/ fande er denſelben nirgends: fragt derhalben bey dem Kloſter/ ob niemand ſeinen Gefaͤrten/ einen alten Wald- Bruder geſehen habe. Die im Kloſter ſagten/ wir haben niemand geſehen/ dann dich allein/ ohne einigen Geſellen in die Kirchen eingehen. Auß welchem dann letzlich der gute Bruder deß Betriegers Liſt wargenommen; und daß er alſo von dem boͤſen Feind auß ſeiner Wohnung und Wuͤſten herauß gelockt worden: welches ihn gleich- wohl nicht faſt verdroſſen; dieweilen er nach ſo langer Zeit der Einſambkeit/ Leut geſehen hatt. Kehret alſo wieder zu ſeiner vorigen Hoͤhl/ und fahret in dem angefangenen Gottſeligen Leben fort/ wie zu vorn. Solches mogte der Teuffel abermahl nicht leyden/ derhalben erfunde er einen weit andern Betrug: ſtellet ſich in Juͤnglings Geſtalt/ als waͤre er ei- nes Buͤrgers Sohn/ auß deß Einſidlers Vatterland: damit er ihne/ den er einmahl betrogen/ noch ferner von der Wildnuß/ von der Andacht und Gottſeligem Leben entfuͤhren/ und gar in die ewige Verdambnuß ſtuͤrtzen moͤgte. Kombt derowegen vor deß Brudern Hoͤhl/ redet zwar nichts; ſtel- let ſich aber/ als ſeye er ihn zu ſuchen/ auß dem Vatterland ankommen/ be- ſchauet den Bruder allenthalben wohl/ damit er ihme Urſach zu fragen gebe/ was er dieſer Orten machte? So dann auch geſchahe: zumahlen der einfaͤl- tige Bruder anfieng/ und fragte: was machſtu allhier; Warumb beſchaue- ſtu mich allenthalben ſo fuͤrwitziglig? Der tauſent Luͤgner antwortet und ſagt: Ach! frommer Herr/ mich gedunckt/ du kenneſt mich nicht mehr/ dieweilen wir ſchon ſo lang nicht mehr ein ander geſehen haben. Jch bin deines Vatters Nachbahren Sohn: alſo hat dein Vat- der/ alſo hat deine Mutter/ und alſo deine Schweſter geheiſſen. Deine Mut- C c c c c 2

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 755. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/783>, abgerufen am 22.11.2024.