Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von Verehrung der Heiligen der gesehen/ haben sie sich entsetzet/ den Wanders-Mann freygelassen/und haben nicht allein ihr Leben gebessert/ sondern haben sich auch dem Schutz der Mutter GOttes untergeben. Einsmahls da die heilige Gertrudis zu Ehren der Geburt Mariä hun- Ein Cistercienser Ley-Bruder hatte so schlechte Gedächtnuß/ daß er Ta- X x x x
Von Verehrung der Heiligen der geſehen/ haben ſie ſich entſetzet/ den Wanders-Mann freygelaſſen/und haben nicht allein ihr Leben gebeſſert/ ſondern haben ſich auch dem Schutz der Mutter GOttes untergeben. Einsmahls da die heilige Gertrudis zu Ehren der Geburt Mariaͤ hun- Ein Ciſtercienſer Ley-Bruder hatte ſo ſchlechte Gedaͤchtnuß/ daß er Ta- X x x x
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Von Verehrung der Heiligen
der geſehen/ haben ſie ſich entſetzet/ den Wanders-Mann freygelaſſen/
und haben nicht allein ihr Leben gebeſſert/ ſondern haben ſich auch dem
Schutz der Mutter GOttes untergeben.
Einsmahls da die heilige Gertrudis zu Ehren der Geburt Mariaͤ hun-
dert und fuͤnfftzigmahl das Ave Maria bettete/ mit dem Erſuchen/ daß
ihr die Allerſeeligſte Junfrau im Todt beyſtehen wolle/ hoͤrt ſie von ſel-
biger dieſe troͤſtliche Antwort/ daß ſie nemblich bey ihr im Sterben unfehl-
bar ſeyn wolle/ und ihr zur Vergeltung dieſer Andacht/ ſo viele Gnaden
mitbringen/ als viele Wort ſie in denen hundert und fuͤnfftzig Ave Maria
außgeſprochen habe. O groſſe Gewalt! O groſſe Krafft dieſes ſo
kurtzen Gebettlein/ fuͤr deſſen alle Wort auch in dieſem Leben ein ſonderba-
re Gnad ertheilet wird! Uberlege dieſes wohl/ mein Chriſtliche Seel/ und
ſehe/ was groſſen Nutzen auch du zu hoffen habeſt/ wann du zu jeder Stun-
de/ deinen Engliſchen Gruß/ auff vorgemeldte Weiß andaͤchtiglich ſpre-
chen wirſt. Nun will ich dir noch ein oder anderes Exempel hinzuſetzen/
auff daß du die Fruͤchten dieſes Gruſſes beſſer erkennen moͤgeſt.
Ein Ciſtercienſer Ley-Bruder hatte ſo ſchlechte Gedaͤchtnuß/ daß er
nichts behalten konte/ als dieſe Wort auß dem Engliſchen Gruß: Ge-
grůſſet ſeyeſtu Maria/ voller Gnaden. Dieſe widerholte er
fuͤnffhundertmal im Tag. Wie ſehr aber dieſes der Mutter deß Herrn gefallen
habe/ hat man darauß mercken koͤnnen; daß nach deſſen Todt ein lieblicher
Baum auß ſeinem Grab erwachſen/ auff deſſen Blaͤttern dieſe vorbenennte
Wort mit guldenen Buchſtaben zu ſehen geweſen. Jmgleichen da die hei-
lige Jungfrau Gertrudis einsmals fuͤr Schwachheit deß Leibs/ die gewoͤhn-
liche Chron der Mutter GOttes nicht betten konte; ſprach ſie zu jedem
Koͤrnlein nur dieſe zwey Wort: Ave Maria. Welches der Allerſeligſten
Jungfrauen dermaſſen gefallen hat/ daß ſie in eigener Perſon bekennet; dieſer/
obwohl geringe Dienſt/ ſeye ihr ſehr angenehm geweſen: urkund deſſen/ hat
ſie ſelbiger eine ſehr ſchoͤne Kron von Roſen geſchenckt; krafft deren ſuͤſſem
und koſtbahren Geruch ſie ihre vorige Geſundheit wiederumb erlangen
koͤnnte. Mach dir nun das Facit/ mein Chriſtliche Seel; wann ein ſolches
vermoͤgen zwey Wort; was werden dann nicht vermoͤgen ſo viele/ alle Stun-
den/ auff ſo herrliche Weiß und Manier geſprochene Engliſche Gruͤſſe?
Ein GOTT verlobte Jungfrau iſt wegen ſchwaͤrer Kranckheit viele
Jahr lang Bett- laͤgerig geweſen; und hat ſo groſſe Schmertzen ge-
litten/ daß ſich ein jeder uͤber ſelbige erbarmet hat: endlich iſt ſie den
Schmertzen ſambt dem Leben zugleich entgangen. Nach einigen wenig
Ta-
X x x x
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 713. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/741>, abgerufen am 16.07.2024. |