Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Fünffte Geistliche Lection. alle unsere Regulen und Satzungen unsträfflich zu halten uns befleissen:wann wir dieses vernachlässigen/ und das jenige/ so keine Schuld einer Todt-Sünden mit sich führet/ wenig achten; so seynd wir versichert/ daß die Königin der Tugenten/ nemblich die Liebe bey uns nicht lang ver- bleiben könne/ nach Meinung deß H. Gregorii/ der also spricht über die Eccl. 19. v. 1.Wort deß weisen Manns: Wer ein geringes nicht achtet der wird allgemach dahin fallen. Der die geringste Sunden zu beweinen verabsaumet/ derselbige wird von dem Stand der Gerechtigkeit/ nicht zwarn urplutzlich/ son- dern vor und nach sich selbsten sturtzen. 6. Dessenthalben sage Christus: wer mich liebet/ der haltet mein Wort. Die 7. Ein anderes Mittel/ durch welches man das Fewer der Göttlichen bestehe.
Die Fuͤnffte Geiſtliche Lection. alle unſere Regulen und Satzungen unſtraͤfflich zu halten uns befleiſſen:wann wir dieſes vernachlaͤſſigen/ und das jenige/ ſo keine Schuld einer Todt-Suͤnden mit ſich fuͤhret/ wenig achten; ſo ſeynd wir verſichert/ daß die Koͤnigin der Tugenten/ nemblich die Liebe bey uns nicht lang ver- bleiben koͤnne/ nach Meinung deß H. Gregorii/ der alſo ſpricht uͤber die Eccl. 19. v. 1.Wort deß weiſen Manns: Wer ein geringes nicht achtet der wird allgemach dahin fallen. Der die geringſte Sůnden zu beweinen verabſaumet/ derſelbige wird von dem Stand der Gerechtigkeit/ nicht zwarn urplůtzlich/ ſon- dern vor und nach ſich ſelbſten ſtůrtzen. 6. Deſſenthalben ſage Chriſtus: wer mich liebet/ der haltet mein Wort. Die 7. Ein anderes Mittel/ durch welches man das Fewer der Goͤttlichen beſtehe.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0074" n="46"/><fw place="top" type="header">Die Fuͤnffte Geiſtliche <hi rendition="#aq">Lection.</hi></fw><lb/> alle unſere Regulen und Satzungen unſtraͤfflich zu halten uns befleiſſen:<lb/> wann wir dieſes vernachlaͤſſigen/ und das jenige/ ſo keine Schuld einer<lb/> Todt-Suͤnden mit ſich fuͤhret/ wenig achten; ſo ſeynd wir verſichert/<lb/> daß die Koͤnigin der Tugenten/ nemblich die Liebe bey uns nicht lang ver-<lb/> bleiben koͤnne/ nach Meinung deß H. Gregorii/ der alſo ſpricht uͤber die<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Eccl. 19.<lb/> v.</hi> 1.</note>Wort deß weiſen Manns: <hi rendition="#fr">Wer ein geringes nicht achtet der<lb/> wird allgemach dahin fallen. Der die geringſte Sůnden<lb/> zu beweinen verabſaumet/ derſelbige wird von dem<lb/> Stand der Gerechtigkeit/ nicht zwarn urplůtzlich/ ſon-<lb/> dern vor und nach ſich ſelbſten ſtůrtzen.</hi></p><lb/> <p>6. Deſſenthalben ſage Chriſtus: wer mich liebet/ der haltet mein Wort. Die<lb/> Wort Chriſti aber ſeynd/ daß man nit allein die grobe Suͤnden/ ſondern auch<lb/> die geringſte fliehen ſolle: ſo folget klaͤrlich daß ein liebender Menſch dieſe alle/<lb/> ſo wohl groſſe als kleine Suͤnden zu meyden ſchuldig ſeye: darauß er dann<lb/> dieſen groſſen Nutzen zu gewarten hat; daß neben denen vielfaͤltigen Guͤ-<lb/> tern der himmliſchen Schaͤtzen/ mit denen ein Liebender uͤberhaͤuffet wird/<lb/> auch werde gemacht zu einem Tempel und Wohnung der Allerheiligſten<lb/><hi rendition="#fr">Dreyfaltigkeit:</hi> welches uns CHriſtus außtruͤcklich bedeutet/ da er<lb/> dieſen obangezogenen Worten: <hi rendition="#fr">Wer mich liebet/ der haltet<lb/> mein Wort/</hi> alſobald hinzuſetzet: <hi rendition="#fr">und mein Vatter wird ihn<lb/> lieben; und wir werder zu ihm kommen/ und Wohnung<lb/> bey ihm machen.</hi> Verwundere dich nun/ mein Chriſtliche Seel/<lb/> mit mir/ und ſchreye uͤberlaut: O entſetzliche Wuͤrckung der Liebe! O<lb/> unbegreiffliche Vortrefflichkeit dieſer Tugend! wer wird dieſe mit ge-<lb/> nugſamen Lob-Spruͤchen/ der Gebuͤhr nach/ verehren koͤnnen? wer wird<lb/> derſelben groſſe Vollkommenheit/ auch durch die allerzierlichſte Wohl-<lb/> redenheit ſattſamb zu beſchreiben beſtand ſeyn? wer wird/ ſage ich/ die in<lb/> ihr verborgene himmliſche Frucht und Nutzen ſchuͤldiger maſſen begreif-<lb/> fen? dieweilen ſie macht auß einem Schlaven deß Teuffels einen Sohn<lb/> GOttes; auß einem Futer der Hoͤllen/ einen Erben Chriſt; auß einem<lb/> abſcheulichen Suͤnder einen Tempel GOttes.</p><lb/> <p>7. Ein anderes Mittel/ durch welches man das Fewer der Goͤttlichen<lb/> Liebe im Hertzen erwecken kan/ iſt die auffmerckſame Betrachtung; daß<lb/> nemblich die Liebe den Menſchen/ der jedoch in gegenwaͤrtigem Thal<lb/> der Zaͤhren/ und unauffhoͤrlichen Armſeeligkeit lebet/ gleichwohl be-<lb/> gluͤckſeeliget. Dann einmahl gewiß iſt/ daß die rechte und wahre<lb/> Gluͤckſeeligkeit deß Menſchens in Beſitzung deß hoͤchſten Guts allein<lb/> <fw place="bottom" type="catch">beſtehe.</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [46/0074]
Die Fuͤnffte Geiſtliche Lection.
alle unſere Regulen und Satzungen unſtraͤfflich zu halten uns befleiſſen:
wann wir dieſes vernachlaͤſſigen/ und das jenige/ ſo keine Schuld einer
Todt-Suͤnden mit ſich fuͤhret/ wenig achten; ſo ſeynd wir verſichert/
daß die Koͤnigin der Tugenten/ nemblich die Liebe bey uns nicht lang ver-
bleiben koͤnne/ nach Meinung deß H. Gregorii/ der alſo ſpricht uͤber die
Wort deß weiſen Manns: Wer ein geringes nicht achtet der
wird allgemach dahin fallen. Der die geringſte Sůnden
zu beweinen verabſaumet/ derſelbige wird von dem
Stand der Gerechtigkeit/ nicht zwarn urplůtzlich/ ſon-
dern vor und nach ſich ſelbſten ſtůrtzen.
Eccl. 19.
v. 1.
6. Deſſenthalben ſage Chriſtus: wer mich liebet/ der haltet mein Wort. Die
Wort Chriſti aber ſeynd/ daß man nit allein die grobe Suͤnden/ ſondern auch
die geringſte fliehen ſolle: ſo folget klaͤrlich daß ein liebender Menſch dieſe alle/
ſo wohl groſſe als kleine Suͤnden zu meyden ſchuldig ſeye: darauß er dann
dieſen groſſen Nutzen zu gewarten hat; daß neben denen vielfaͤltigen Guͤ-
tern der himmliſchen Schaͤtzen/ mit denen ein Liebender uͤberhaͤuffet wird/
auch werde gemacht zu einem Tempel und Wohnung der Allerheiligſten
Dreyfaltigkeit: welches uns CHriſtus außtruͤcklich bedeutet/ da er
dieſen obangezogenen Worten: Wer mich liebet/ der haltet
mein Wort/ alſobald hinzuſetzet: und mein Vatter wird ihn
lieben; und wir werder zu ihm kommen/ und Wohnung
bey ihm machen. Verwundere dich nun/ mein Chriſtliche Seel/
mit mir/ und ſchreye uͤberlaut: O entſetzliche Wuͤrckung der Liebe! O
unbegreiffliche Vortrefflichkeit dieſer Tugend! wer wird dieſe mit ge-
nugſamen Lob-Spruͤchen/ der Gebuͤhr nach/ verehren koͤnnen? wer wird
derſelben groſſe Vollkommenheit/ auch durch die allerzierlichſte Wohl-
redenheit ſattſamb zu beſchreiben beſtand ſeyn? wer wird/ ſage ich/ die in
ihr verborgene himmliſche Frucht und Nutzen ſchuͤldiger maſſen begreif-
fen? dieweilen ſie macht auß einem Schlaven deß Teuffels einen Sohn
GOttes; auß einem Futer der Hoͤllen/ einen Erben Chriſt; auß einem
abſcheulichen Suͤnder einen Tempel GOttes.
7. Ein anderes Mittel/ durch welches man das Fewer der Goͤttlichen
Liebe im Hertzen erwecken kan/ iſt die auffmerckſame Betrachtung; daß
nemblich die Liebe den Menſchen/ der jedoch in gegenwaͤrtigem Thal
der Zaͤhren/ und unauffhoͤrlichen Armſeeligkeit lebet/ gleichwohl be-
gluͤckſeeliget. Dann einmahl gewiß iſt/ daß die rechte und wahre
Gluͤckſeeligkeit deß Menſchens in Beſitzung deß hoͤchſten Guts allein
beſtehe.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |