Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Zwey und Füntzigste Geistliche Lection von Zeit seines todts schon verflossen seynd: und da ihm der Bischoff geant-wortet/ daß nur der dryssigste Tag von seinem Absterben erstlich seye heran kommen/ hat er jämmerlich geseufftzet und gesagt: Wehe/ Wehe uns in der Höllen! wir haben vermeint/ der letzte Gerichts-Tag seye schon ge- halten worden/ indem wir geschen/ daß die verdambte Seelen gleich dem häuffigen Schnee zur Höllen gefallen seynd. Nach diesem hat er den Bischoff verflucht/ und ist verschwunden. Jst dieß nicht erschröcklich an- zuhören/ aber noch viel erschröcklicher/ in der That würcklich zu erfahren? kan wohl einer anders bey sich beschliessen/ als daß er von Stund an seinem GOtt mit mehrerem Eiffer/ zum Heyl seiner Seelen dienen wolle/ in dem er siehet/ daß der Eingang zum Himmel so beschwerlich falle? 12. Nun bilde dir nicht ein/ mein Christliche Seel/ daß selbiges alles lich
Die Zwey und Fuͤntzigſte Geiſtliche Lection von Zeit ſeines todts ſchon verfloſſen ſeynd: und da ihm der Biſchoff geant-wortet/ daß nur der dryſſigſte Tag von ſeinem Abſterben erſtlich ſeye heran kommen/ hat er jaͤmmerlich geſeufftzet und geſagt: Wehe/ Wehe uns in der Hoͤllen! wir haben vermeint/ der letzte Gerichts-Tag ſeye ſchon ge- halten worden/ indem wir geſchen/ daß die verdambte Seelen gleich dem haͤuffigen Schnee zur Hoͤllen gefallen ſeynd. Nach dieſem hat er den Biſchoff verflucht/ und iſt verſchwunden. Jſt dieß nicht erſchroͤcklich an- zuhoͤren/ aber noch viel erſchroͤcklicher/ in der That wuͤrcklich zu erfahren? kan wohl einer anders bey ſich beſchlieſſen/ als daß er von Stund an ſeinem GOtt mit mehrerem Eiffer/ zum Heyl ſeiner Seelen dienen wolle/ in dem er ſiehet/ daß der Eingang zum Himmel ſo beſchwerlich falle? 12. Nun bilde dir nicht ein/ mein Chriſtliche Seel/ daß ſelbiges alles lich
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Die Zwey und Fuͤntzigſte Geiſtliche Lection
von Zeit ſeines todts ſchon verfloſſen ſeynd: und da ihm der Biſchoff geant-
wortet/ daß nur der dryſſigſte Tag von ſeinem Abſterben erſtlich ſeye heran
kommen/ hat er jaͤmmerlich geſeufftzet und geſagt: Wehe/ Wehe uns
in der Hoͤllen! wir haben vermeint/ der letzte Gerichts-Tag ſeye ſchon ge-
halten worden/ indem wir geſchen/ daß die verdambte Seelen gleich dem
haͤuffigen Schnee zur Hoͤllen gefallen ſeynd. Nach dieſem hat er den
Biſchoff verflucht/ und iſt verſchwunden. Jſt dieß nicht erſchroͤcklich an-
zuhoͤren/ aber noch viel erſchroͤcklicher/ in der That wuͤrcklich zu erfahren?
kan wohl einer anders bey ſich beſchlieſſen/ als daß er von Stund an ſeinem
GOtt mit mehrerem Eiffer/ zum Heyl ſeiner Seelen dienen wolle/
in dem er ſiehet/ daß der Eingang zum Himmel ſo beſchwerlich falle?
12. Nun bilde dir nicht ein/ mein Chriſtliche Seel/ daß ſelbiges alles
nur allein die Welt-Catholiſche betreffe; ſondern verſichere dich/ daß
auch nicht wenig Geiſtliche/ ſo mit den oͤffentlichen Geloͤbten ſich ihrem
Gott verbunden haben/ zum Teuffel fahren: Zumahlen viele gefunden wer-
den/ welche dem aͤuſſerlichen Habit nach/ Geiſtliche zu ſeyn ſcheinen; Wan
man aber derſelben Handel und Wandel genau beſichtiget/ findet man/ daß
ſie fuͤglicher boͤſe Weltliche als Geiſtliche moͤgen genennet werden. Dahero
hat der H. Baſilius ſagen doͤrffen/ daß wenig Geiſtliche ſeelig werden. So-
thaner ſcharffen Sentens iſt der heylig-maͤſſige Vatter Pacificus Capuci-
ner ein lebendiger Zeug/ welcher in einer Verzuͤckung/ wie Boverius mel-
det/ geſehen hat/ daß nicht allein die Seelen der Weltlichen/ ſondern auch
der Geiſtlichen Ordens-Leuth/ wie die Reegen-Tropffen zur Hoͤllen gefah-
ren. Ja was noch entſetzlicher und ſchier unglaublich ſcheinet; Der Gott-
ſeelige Vatter Sylvanus, wie Ruffinus bezeugt/ hat geſehen/ daß die See-
len der Weltlichen ſeynd ſeelig/ der Geiſtlichen aber verdambt worden:
Dann da ſelbiger in ſeiner Hoͤhlen auff dem Angeſicht gelegen/ und ver-
zuckt geweſen; iſt er nachmahlen auff geſtanden/ und hat ſehr hefftig zu ſeuff-
tzen und zu weynen angefangen: und da ihn ſein Juͤnger die Urſach dieſer ge-
ſchwinden Enderung gefragt/ hat er nichts geantwortet/ ſondern als immer
geſeufftzet und geweynet. Nach dem aber der Juͤnger ſeinen Geiſtlichen
Vatter mit beharlichen Fragen belaſtiget/ hat er endlich loßgebrochen/ und
geſagt: Ach! mein Sohn/ ich bin bey dem ſtrengen Urtheil Gottes gegen-
waͤrtig geweſen/ und hab geſehen/ daß viele von unſerm Geiſtlichen Habit
zur Hoͤllen ſeynd geſtuͤrtzet worden: Und hergegen hab ich geſehen/ daß
viele Layen oder Weltliche vom Richter in Gnaden ſeind auffgenommen
worden: Und da er dieſes erzehlet/ hat er als weiters und weiters ſehr bitter-
lich
De Ab-
dic. Re-
rum.
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