Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Zahl der wenigen Außerwählten. Himmel ist so eng und ungebahnt/ solcher massen bewachsen und verborgen;daß ihn viele tausent und tausent Menschen niemal finden werden. Und ob schon einige seynd/ die selbigen finden/ so irren sie dannoch leichtlich von die- sem Weeg/ dieweilen er sehr krum und zweiffelhafft ist. Einige seynd zwarn/ so den rechten Weeg eing[e]hen; weichen doch von selbigem wissentlich ab/ wegen der Beschwernüssen/ so auff diesem Weeg gefunden werden. Darneben seynd auch viele/ welche durch den Arglist und Versuchung deß bösen Feinds/ von diesem Fuß-Patt abgebracht/ und also unvermerckt zur Höllen gestürtzt werden. Hierauß kanstu vernünfftlich schliessen/ daß wenige diesen Weeg finden/ und noch viel weniger seyen/ so da biß zum End auff selbigem benständiglich verharren. 3. Dieweilen dann unserm Heyland nicht unbewust ware/ daß diese seine ling O o o o 3
Von der Zahl der wenigen Außerwaͤhlten. Himmel iſt ſo eng und ungebahnt/ ſolcher maſſen bewachſen und verborgen;daß ihn viele tauſent und tauſent Menſchen niemal finden werden. Und ob ſchon einige ſeynd/ die ſelbigen finden/ ſo irren ſie dannoch leichtlich von die- ſem Weeg/ dieweilen er ſehr krum und zweiffelhafft iſt. Einige ſeynd zwarn/ ſo den rechten Weeg eing[e]hen; weichen doch von ſelbigem wiſſentlich ab/ wegen der Beſchwernuͤſſen/ ſo auff dieſem Weeg gefunden werden. Darneben ſeynd auch viele/ welche durch den Argliſt und Verſuchung deß boͤſen Feinds/ von dieſem Fuß-Patt abgebracht/ und alſo unvermerckt zur Hoͤllen geſtuͤrtzt werden. Hierauß kanſtu vernuͤnfftlich ſchlieſſen/ daß wenige dieſen Weeg finden/ und noch viel weniger ſeyen/ ſo da biß zum End auff ſelbigem bẽſtaͤndiglich verharren. 3. Dieweilen dann unſerm Heyland nicht unbewuſt ware/ daß dieſe ſeine ling O o o o 3
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Von der Zahl der wenigen Außerwaͤhlten.
Himmel iſt ſo eng und ungebahnt/ ſolcher maſſen bewachſen und verborgen;
daß ihn viele tauſent und tauſent Menſchen niemal finden werden. Und ob
ſchon einige ſeynd/ die ſelbigen finden/ ſo irren ſie dannoch leichtlich von die-
ſem Weeg/ dieweilen er ſehr krum und zweiffelhafft iſt. Einige ſeynd
zwarn/ ſo den rechten Weeg eingehen; weichen doch von ſelbigem wiſſentlich
ab/ wegen der Beſchwernuͤſſen/ ſo auff dieſem Weeg gefunden werden.
Darneben ſeynd auch viele/ welche durch den Argliſt und Verſuchung deß
boͤſen Feinds/ von dieſem Fuß-Patt abgebracht/ und alſo unvermerckt zur
Hoͤllen geſtuͤrtzt werden. Hierauß kanſtu vernuͤnfftlich ſchlieſſen/ daß
wenige dieſen Weeg finden/ und noch viel weniger ſeyen/ ſo da biß zum End
auff ſelbigem bẽſtaͤndiglich verharren.
3. Dieweilen dann unſerm Heyland nicht unbewuſt ware/ daß dieſe ſeine
klare Wort/ ſo wohl von den Glaubigen als Unglaubigen unrecht wuͤrden
verſtanden und außgelegt werden/ derhalben hat er ſeine Meinung beſtaͤtti-
gen/ und uns zur Zahl der Außerwaͤhlten mit noch hellern Worten offenbah-
ren wollen: dann da einer ihn fragte/ ob wenig Menſchen ſeelig wuͤrden; gab
Er ſeufftzend zur Antwort: Bemůhet euch durch die enge Pforte
einzugehen: Dann ich ſag euch/ viel werden darnach trach-
ten/ daß ſie hinein gehen/ und ſie werden nicht koͤnnen.
Wer ſoll ſich fuͤr dieſen Worten nicht entſetzen? Chriſtus ſagt/ ein jeder
ſoll ſich Gewalt anthun/ er ſoll ſich mit aller Macht unterſtehen zu dem en-
gen Pfoͤrtlein hineinzugehen/ Contendite; Bemůhet euch/ ſpahret
keinen Fleiß. Ja/ was noch mehr/ und erſchroͤcklicher iſt: Er ſagt/ daß
viele mit groſſem Eyffer und Arbeit ſich befleiſſen werden hinein zu kommen/
und werden doch nicht hinein gehen. O mein GOtt und HErr! Wann
dieſe/ ſo ſich da mit groſſer Muͤhe unterſtehen in den Himmel zu kommen/
doch werden muͤſſen drauſſen bleiben; wo werden dann die jenige hinkommen/
welche in groſſer Nachlaͤſſigkeit und Traͤgheit dahin leben; und weder die Ehr
GOttes/ weder das Heyl ihres Naͤchſten/ weder ihr eigene ewige Wohlfart
ſonderbahr eifferen; vielmehr aber die irrdiſche Zeit in koſtbahren Sachen/
in Kinder und Narren - Boſſen/ ich ſage nicht vertreiben/ ſondern erbaͤrmli-
cher Weiß verſchwenden? Dieſe drey Zeugnuͤß der ewigen Warheit zeigen
dir gnugſamb/ mein Chriſtliche Seel/ in wie groſſer Gefahr der Seeligkeit
der arme Menſch immer ſchwebe/ und wie wenig auß uns ihr rechtmaͤſſiges
Ziel und End erreichen werden. Hoͤre nun weiters/ wie der ſorgfaͤltlge JE-
ſus ſich bemuͤhet/ ſothane Beſehwernuß zu deinem und meinem Heyl mit
mchrerem zu erklaͤhren. Da dieſer Heyland dem Evangeliſchen Juͤng-
ling
Luc. 13. v.
23.
O o o o 3
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