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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Barmhertzigkeit gegen die Abgestorbene.
licher außdeuten. Dahero sag ich denselben Worten gemäß also. Der
seine Verdiensten sich selbsten zumachet/ und also die gemachte Schuld bey
seinem Gott außtilget/ der kan zeitlicher oder geschwinder zum Himmel kom-
men: der aber selbige denen Abgestorbenen schencket/ wird einen viel grös-
sern/ ja unendlich grössern Lohn im Himmel haben/ als der vorige.
Dieses letztere haben die Fürnehmbste Heiligen GOTTES erwäh-
let:/ unter denen der heilige Basilius/ Jgnatius und unzahlbare andere
gewesen seynd.

10. Daß zweyte Argument ist; daß der jenige/ so diese Barmhertzigkeit
übet/ viel sicherere Hoffnung/ daß er dem Feg- Feur entgehen werde/
oder auffs wenigst/ nicht lang werde darinn auffgehalten werden/ als
wann er sich selbsten seine gute Werck vernutzet hätte/ wie der obangeführte
Scribent am. 11. Cap. nachtrucklich behaubtet: So wird dann auch in
diesem Fall gegen die eigene Lieb nicht gehandlet. Daß dritte Argument
lautet also: Es kan ein solcher Liebhaber der Seelen diese Condition in U-
berlassung seiner Verdiensten hinzusetzen; daß erwolle/ daß seine Meinung
in so weit gültig und kräfftig seye/ als viel dieselbe zu grösser Ehren GOt-
tes außschlage/ und der eignen Lieb nicht hinderlich seye: und daß GOtt
an seiner Seite belohne den guten Willen/ wann er nicht findet das Gnü-
gen. Jn solchem Fall erhellet/ daß dergleichen Uberlassung nicht allein nit
schade; sondern vielmehr zu Erweisung, deß Seelen-Liebhabers gute Nei-
gung und Liebe gegen GOTT/ und auch gegen die Seelen gedeye; wie der
meiste Theil deren im Geist GOttes erfahrenen Männer lehret. Dieß
alles wird nun bekräfftiget auß den Wercken der Heil. Gertrudis. DannCasp.
Tausch
in Mat.
Dol. p. 3.
c.
7.

so diese H. Jungfrau alle ihre gute Wercke den armen Seelen gantz freyge-
big überlassen hatte/ und derhalben in Forcht stunde/ daß villeicht auß Man-
gel der eigenen Gnugthuung/ ein schwäres Feg - Feur würde außstehen
müssen/ ist ihr Christus erschienen/ und gesagt: Meine Tochter/ damit du
sehest/ wie deine grosse Lieb gegen die Abgestorbene mir gefalle; so schencke
ich dir zur Vergeltung derselben/ alles was du mir schuldig bist: und weilen
ich ein hundertfältiges für ein einfältiges versprochen hab/ so will ich meine
Hand anjetzt erweitern/ und dich mit einer fürtrefflicheren Herrligkeit be-
lohnen. Auch will ich verschaffen/ daß die Seelen/ so du erlöset hast/
deiner letzten Stund beywohnen sollen/ und dich mit grossem Sieg zum
Himmel begleiten.

11. Wei-
M m m m 3

Von der Barmhertzigkeit gegen die Abgeſtorbene.
licher außdeuten. Dahero ſag ich denſelben Worten gemaͤß alſo. Der
ſeine Verdienſten ſich ſelbſten zumachet/ und alſo die gemachte Schuld bey
ſeinem Gott außtilget/ der kan zeitlicher oder geſchwinder zum Himmel kom-
men: der aber ſelbige denen Abgeſtorbenen ſchencket/ wird einen viel groͤſ-
ſern/ ja unendlich groͤſſern Lohn im Himmel haben/ als der vorige.
Dieſes letztere haben die Fuͤrnehmbſte Heiligen GOTTES erwaͤh-
let:/ unter denen der heilige Baſilius/ Jgnatius und unzahlbare andere
geweſen ſeynd.

10. Daß zweyte Argument iſt; daß der jenige/ ſo dieſe Barmhertzigkeit
uͤbet/ viel ſicherere Hoffnung/ daß er dem Feg- Feur entgehen werde/
oder auffs wenigſt/ nicht lang werde darinn auffgehalten werden/ als
wann er ſich ſelbſten ſeine gute Werck vernutzet haͤtte/ wie der obangefuͤhrte
Scribent am. 11. Cap. nachtrucklich behaubtet: So wird dann auch in
dieſem Fall gegen die eigene Lieb nicht gehandlet. Daß dritte Argument
lautet alſo: Es kan ein ſolcher Liebhaber der Seelen dieſe Condition in U-
berlaſſung ſeiner Verdienſten hinzuſetzen; daß erwolle/ daß ſeine Meinung
in ſo weit guͤltig und kraͤfftig ſeye/ als viel dieſelbe zu groͤſſer Ehren GOt-
tes außſchlage/ und der eignen Lieb nicht hinderlich ſeye: und daß GOtt
an ſeiner Seite belohne den guten Willen/ wann er nicht findet das Gnuͤ-
gen. Jn ſolchem Fall erhellet/ daß dergleichen Uberlaſſung nicht allein nit
ſchade; ſondern vielmehr zu Erweiſung, deß Seelen-Liebhabers gute Nei-
gung und Liebe gegen GOTT/ und auch gegen die Seelen gedeye; wie der
meiſte Theil deren im Geiſt GOttes erfahrenen Maͤnner lehret. Dieß
alles wird nun bekraͤfftiget auß den Wercken der Heil. Gertrudis. DannCaſp.
Tauſch
in Mat.
Dol. p. 3.
c.
7.

ſo dieſe H. Jungfrau alle ihre gute Wercke den armen Seelen gantz freyge-
big uͤberlaſſen hatte/ und derhalben in Forcht ſtunde/ daß villeicht auß Man-
gel der eigenen Gnugthuung/ ein ſchwaͤres Feg - Feur wuͤrde außſtehen
muͤſſen/ iſt ihr Chriſtus erſchienen/ und geſagt: Meine Tochter/ damit du
ſeheſt/ wie deine groſſe Lieb gegen die Abgeſtorbene mir gefalle; ſo ſchencke
ich dir zur Vergeltung derſelben/ alles was du mir ſchuldig biſt: und weilen
ich ein hundertfaͤltiges fuͤr ein einfaͤltiges verſprochen hab/ ſo will ich meine
Hand anjetzt erweitern/ und dich mit einer fuͤrtrefflicheren Herrligkeit be-
lohnen. Auch will ich verſchaffen/ daß die Seelen/ ſo du erloͤſet haſt/
deiner letzten Stund beywohnen ſollen/ und dich mit groſſem Sieg zum
Himmel begleiten.

11. Wei-
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[645/0673] Von der Barmhertzigkeit gegen die Abgeſtorbene. licher außdeuten. Dahero ſag ich denſelben Worten gemaͤß alſo. Der ſeine Verdienſten ſich ſelbſten zumachet/ und alſo die gemachte Schuld bey ſeinem Gott außtilget/ der kan zeitlicher oder geſchwinder zum Himmel kom- men: der aber ſelbige denen Abgeſtorbenen ſchencket/ wird einen viel groͤſ- ſern/ ja unendlich groͤſſern Lohn im Himmel haben/ als der vorige. Dieſes letztere haben die Fuͤrnehmbſte Heiligen GOTTES erwaͤh- let:/ unter denen der heilige Baſilius/ Jgnatius und unzahlbare andere geweſen ſeynd. 10. Daß zweyte Argument iſt; daß der jenige/ ſo dieſe Barmhertzigkeit uͤbet/ viel ſicherere Hoffnung/ daß er dem Feg- Feur entgehen werde/ oder auffs wenigſt/ nicht lang werde darinn auffgehalten werden/ als wann er ſich ſelbſten ſeine gute Werck vernutzet haͤtte/ wie der obangefuͤhrte Scribent am. 11. Cap. nachtrucklich behaubtet: So wird dann auch in dieſem Fall gegen die eigene Lieb nicht gehandlet. Daß dritte Argument lautet alſo: Es kan ein ſolcher Liebhaber der Seelen dieſe Condition in U- berlaſſung ſeiner Verdienſten hinzuſetzen; daß erwolle/ daß ſeine Meinung in ſo weit guͤltig und kraͤfftig ſeye/ als viel dieſelbe zu groͤſſer Ehren GOt- tes außſchlage/ und der eignen Lieb nicht hinderlich ſeye: und daß GOtt an ſeiner Seite belohne den guten Willen/ wann er nicht findet das Gnuͤ- gen. Jn ſolchem Fall erhellet/ daß dergleichen Uberlaſſung nicht allein nit ſchade; ſondern vielmehr zu Erweiſung, deß Seelen-Liebhabers gute Nei- gung und Liebe gegen GOTT/ und auch gegen die Seelen gedeye; wie der meiſte Theil deren im Geiſt GOttes erfahrenen Maͤnner lehret. Dieß alles wird nun bekraͤfftiget auß den Wercken der Heil. Gertrudis. Dann ſo dieſe H. Jungfrau alle ihre gute Wercke den armen Seelen gantz freyge- big uͤberlaſſen hatte/ und derhalben in Forcht ſtunde/ daß villeicht auß Man- gel der eigenen Gnugthuung/ ein ſchwaͤres Feg - Feur wuͤrde außſtehen muͤſſen/ iſt ihr Chriſtus erſchienen/ und geſagt: Meine Tochter/ damit du ſeheſt/ wie deine groſſe Lieb gegen die Abgeſtorbene mir gefalle; ſo ſchencke ich dir zur Vergeltung derſelben/ alles was du mir ſchuldig biſt: und weilen ich ein hundertfaͤltiges fuͤr ein einfaͤltiges verſprochen hab/ ſo will ich meine Hand anjetzt erweitern/ und dich mit einer fuͤrtrefflicheren Herrligkeit be- lohnen. Auch will ich verſchaffen/ daß die Seelen/ ſo du erloͤſet haſt/ deiner letzten Stund beywohnen ſollen/ und dich mit groſſem Sieg zum Himmel begleiten. Caſp. Tauſch in Mat. Dol. p. 3. c. 7. 11. Wei- M m m m 3

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 645. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/673>, abgerufen am 22.11.2024.